Cathy Hummels gewinnt Influencer-Prozess vor dem LG München I

Die Frage, ob das Influencer-Marketing als kennzeichnungspflichtige Werbung oder Meinungsäußerung zu qualifizieren sei, beschäftige in der Vergangenheit bereits mehrfach die Gerichte. Das Landgericht München I hat nunmehr über die Zulässigkeit von Aktivitäten und Posts der bekannten Influencerin Cathy Hummels entschieden.

Die Frage, ob das Influencer-Marketing als kennzeichnungspflichtige Werbung oder Meinungsäußerung zu qualifizieren sei, beschäftige in der Vergangenheit bereits mehrfach die Gerichte. Das Landgericht München I hat nunmehr über die Zulässigkeit von Aktivitäten und Posts der bekannten Influencerin Cathy Hummels entschieden.

Den Äußerungen von Influencern auf ihren Social Media-Accounts kommt derzeit eine sehr große Bedeutung zu, welche sich auch spürbar auf das Verhalten der Verbraucher auswirkt. Laut einer Studie des Bundesverbandes der digitalen Wirtschaft (BVDW) 2019 kaufen heute rund 43 % der 16- bis 24-Jährigen aufgrund Empfehlungen von Influencern.

Die ersten gerichtlichen Entscheidungen zur Zulässigkeit derartiger Influencer-Aktivitäten ohne Hinweis auf deren werblichen Charakter liegen vor und bieten ein uneinheitliches Bild.

So hat das Landgericht Berlin in einem Urteil vom 24.05.2018 (Az. 52 O 101/18) festgestellt, dass Instagram-Posts der Förderung des eigenen und des fremden Unternehmens dienen würden und dass für eine Einstufung von entsprechenden Produkt-Verlinkungen als werbliche Maßnahme keine irgendwie geartete Gegenleistung erforderlich sei. Vielmehr müssen nach Ansicht des Landgerichts Berlin alle Posts als Werbung gekennzeichnet werden. Hierzu einschränkend äußerte sich das Kammergericht Berlin mit Urteil vom 08.01.2019 (Az. 5 U 83/18). Hiernach sei nicht jedes Posting eines Influencers automatisch als kennzeichnungspflichtige Werbung zu beurteilen. Es bestehe also keine generelle Kennzeichnungspflicht. Das Gericht legt dem Influencer jedoch eine sekundäre Darlegungslast auf.

Vorwurf der getarnten Werbung

Aufgrund der großen Bedeutung und Aktualität der Thematik wurde die Entscheidung des Landgerichtes München I am 29.04.2019 mit großer Spannung erwartet. Das Landgericht hatte in diesem Fall über Abmahnungen des Verbands Sozialen Wettbewerbs (VSW) gegen die Influencerin Cathy Hummels wegen Schleichwerbung zu entscheiden. Hummels betreibt einen Account auf Instagram mit derzeit ca. 485 000 Abonnenten. Ihr wurde vorgeworfen, Links auf ihre Instagram-Seite zu setzen, ohne diese entsprechend als Werbung zu kennzeichnen. Konkret ging es um vier Posts, in denen verschiedene Unternehmen „getagt“ wurden bzw. auf einem Bild zu erkennen waren. Der WSV vertritt die Auffassung, dass auch Verlinkungen, die nicht von einem Unternehmen beauftragt wurden, stets als Werbung zu kennzeichnen seien. Dies begründet der Verband damit, dass das jeweils genannte Unternehmen auch von derartigen Posts profitiere und der Influencer die unbezahlten Posts als Teil seines Geschäftsmodels ansieht, um sich beispielsweise für einen möglichen kostenpflichtigen Werbeauftrag in der Zukunft zu empfehlen.

Keine Kennzeichnungspflicht für unentgeltliche Produktempfehlungen

Das Landgericht München I schloss sich dieser Auffassung des VSW jedoch nicht an und wies die Klage letztlich ab. Dadurch, dass der VSW nicht bewiesen habe, dass Cathy Hummels für die betreffenden Posts eine Gegenleistung erhalten habe, könne sich hieraus keine Kennzeichnungspflicht ergeben. Die Posts der Beklagten seien auch keine getarnte Werbung. Der Auftritt von Cathy Hummels auf ihrem Account sei zwar als gewerblich zu beurteilen. Aufgrund der hohen Anzahl an Abonnenten sei es erkennbar, dass es sich nicht um eine rein private Seite handele, denn es sei unmöglich, eine derart hohe Anzahl an Freunden zu haben. Den Abonnenten sei es aber bewusst, dass Cathy Hummels als Influencerin nicht aus „reiner Nächstenliebe“ handele. Einer zusätzlichen Kennzeichnung bedürfe es in diesem Fall deshalb nicht. Dies wird ferner durch den Aspekt unterstützt, dass sich die Posts aufgrund der Themen wie Yoga, Mode und Reisen mit Kindern vornehmlich an Erwachsene richte. Außerdem verglich das Gericht das Handeln von Cathy Hummels mit dem Auftritt in einer Frauenzeitschrift. Hier gelte der Grundsatz, dass diese nur solche Produktempfehlungen als Werbung zu kennzeichnen haben, für die es ein Entgelt gibt. Dieser Grundsatz müsse also auch für Influencer gelten.

Divergierende Rechtsprechung und fortbestehender Klärungsbedarf

Grundsätzlich kann das Urteil des Landgericht München I zunächst als positiv für die Branche der Blogger und Influencer zu bewerten sein. Eine gänzliche Entwarnung kann hieraus jedoch nicht gefolgert werden. Das Gericht selbst stellte nämlich fest, dass die Entscheidung nicht verallgemeinert werden dürfe. Die Erkennbarkeit des gewerblichen Handelns müsse in jedem Einzelfall gesondert geprüft werden. Nach Ansicht des Gerichts sei beispielsweise die Zahl der Abonnenten oder die Tatsache, ob ein Account durch die Plattform entsprechend verifiziert sei, entscheidend. Eine Rechtssicherheit ist durch das Urteil also keinesfalls gegeben. Eine obergerichtliche Entscheidung gibt es bisher nicht. Das Urteil des Landgericht München I ist noch nicht rechtskräftig. Der VSW prüft nun, ob er Berufung gegen das Urteil einlegt. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf die parallele Klage gegen die Influencerin Pamela Reif vor dem Landgericht Karlsruhe, Urteil vom 21.03.2019 (Az. 13 O 38/18). Hier wurde die Influencerin – anders als nun Cathy Hummels – verurteilt, es zu unterlassen, kommerzielle Inhalte ohne Kennzeichnung zu posten. Die Karlsruher Richter sind der Ansicht, dass die direkte Verlinkung auf eine kommerzielle Website immer Werbung darstelle. Die Bezahlung sei kein taugliches Abgrenzungskriterium, da auch ein unentgeltlicher Post immer der Förderung des eigenen Unternehmens diene. Reif kündigt an, gegen das Urteil in Berufung zu gehen.

Quelle: https://www.justiz.bayern.de/gerichte-und-behoerden/landgericht/muenchen-1/presse/2019/6.php

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Prof. Dr. Ingo Jung

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