Wettbewerbswidrige Bewerbung von Hotels im Internet mit nicht von einer neutralen und unabhängigen Klassifizierungsstelle vergebenen Sternen

Das OLG Nürnberg hat in seinem Urteil vom 19. April 2016 (Az. 3 U 1974/15) entschieden, dass die Bewertung von Hotels im Internet mit Sternen irreführend ist, wenn die Sternevergabe nicht durch eine neutrale Stelle nach einem objektiven Bewertungsverfahren erfolgt ist und der Adressat auf diesen Umstand nicht hingewiesen wird.

Sachverhalt:

Der Kläger ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main e.V. Die Beklagte ist die HOTEL DE GmbH, welche auf der Webseite www.hotel.de ein Hotelbuchungsprotal betreibt. Im Rahmen dessen präsentiert und bewirbt sie deutsche Hotels, die zudem über ihr Portal gebucht werden können.

Neben den jeweiligen Hotelbezeichnungen blendet die Beklagte in ihrem Portal waagerecht angeordnete Sterne ein. Der Kläger hat die Beklagte zur Unterlassung der Bewerbung der Hotels unter der Verwendung von Sternen zu deren Klassifizierung aufgefordert. Er ist der Ansicht, die in Rede stehende Werbung sei irreführend, da die Sternenvergabe nicht von einer objektiven und neutralen Stelle, sondern von der Beklagten selber vorgenommen worden sei. Der angesprochene Verkehr erwarte jedoch, dass das Hotel offiziell klassifiziert wurde und daher über eine Klassifizierung gemäß der Deutschen Hotelklassifizierung verfüge. Die fünfzackigen Sterne würden daher von einem nicht unerheblichen Teil der Verbraucher als Hinweis auf die ihnen bekannte Klassifizierung aufgefasst.

Nachdem der Kläger in seiner Klageschrift angekündigt hatte, zu beantragen, die Beklagte zu verurteilen,

„es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr selbst oder durch Dritte im Internetportal hotel.de für Hotelbetriebe unter Angabe von Sternen zu werben, ohne dass der jeweilige Betrieb über eine aktuell gültige Klassifizierung nach Maßgabe der Deutschen Hotelklassifizierung und/oder einer gleichwertigen von dritter Seite durchgeführten Klassifizierung verfügt, wenn nicht gleichzeitig deutlich und unmissverständlich darüber informiert wird, dass die Sterne-Angaben auf einer Selbsteinschätzung der Hotels und/oder auf Kundenerfahrungen beruhen.“,

beantragte dieser schlussendlich unter Einblendung der monierten Werbung, die Beklagte zu verurteilen,

„es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr selbst oder durch Dritte im Internetportal hotel.de für Hotelbetriebe unter Angabe von Sternen zu werben, wenn dies geschieht wie nachfolgend (Anlage K1)“.

Das LG Nürnberg-Fürth verurteilte die Beklagte antragsgemäß. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Sie verfolgt ihren Klageabweisungsantrag weiter und ist der Ansicht, in der Bewertung ihrer Hotels sei weder eine unwahre noch eine zur Täuschung geeignete Angabe zu erblicken.

Das OLG Nürnberg weist die Berufung des Beklagten zurück, ändert jedoch den Urteilsspruch bezogen auf den Unterlassungstenor dahingehend ab, dass vor den Satzteil „wenn dies geschieht wie nachfolgend“ der Zusatz, „ohne, dass die Beklagte auf das von ihr verwendete Sterne-Bewertungssystem klar hinweist,“ eingefügt wird.

Entscheidungsgründe:

Das OLG Nürnberg konstatiert einen Unterlassungsanspruch des Klägers gem. § 8 Abs.1, Abs. 3 Nr. 2 UWG i.V.m. §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1 UWG.

Zur Begründung seiner Entscheidung führt der Senat insbesondere aus, dass das LG zutreffend festgestellt habe, dass der Verbraucher die Verwendung waagerecht angeordneter fünfzackiger Sterne neben der Hotelbezeichnung als dahingehende Behauptung qualifiziere, dass diese durch ein objektives Verfahren und eine neutrale Bewertungsstelle erteilt worden seien. Der Verkehr erwarte demnach, dass den angezeigten Sternen eine offizielle Klassifizierung einer neutralen Klassifizierungsstelle zugrunde liege, die eine objektive Prüfung des beworbenen Hotels und dessen Ausstattung vorgenommen habe.

Im Rahmen seiner Beurteilung zieht das OLG im Hinblick auf die Sternebewertung von Hotels einen Vergleich zu Güte- sowie Qualitätszeichen und ist der Ansicht, dass der Verkehr der Auffassung sei, dass die Güte anhand objektiver Merkmale in Erfüllung von Mindestanforderungen bestimmt werde und diese Anforderungen durch eine neutrale und nicht gewinnbeteiligte Stelle überprüft würden.

Dies gelte auch weiterhin im Hinblick auf einen relevanten Teil des angesprochenen Verkehrs unabhängig davon, dass ein großer Teil von Hotelbuchungen gegenwärtig über das Internet vorgenommen würde, sofern nicht auf ein abweichendes Bewertungssystem hingewiesen werde. In diesem Zusammenhang stellt der Senat klar, dass dem Verkehr das für Hotels im Jahr 1996 allgemein eingeführte Klassifizierungssystem bekannt sei und er in diesem daher eine objektive Beurteilung einer unabhängigen Stelle sehe, weshalb diese Sternebewertung von Hotels nicht mit Bewertungen in anderen E-Commerce-Bereichen vergleichbar sei.
Das OLG Nürnberg führt weiter aus, dass das Bewertungsverfahren der Beklagten einem objektiven Prüfverfahren mit transparenten Kriterien einer neutralen und unbeteiligten Stelle nicht gerecht werde. So seien die Bewertungskriterien der Beklagten nämlich weder transparent noch objektiv nachprüfbar. Zudem sei nicht ersichtlich, ob als Grundlage der Sternevergabe die Selbsteinschätzung der Hotels anhand eines Fragenkatalogs, Kontrollbesuche der Hotels durch Mitarbeiter der Beklagten oder Gästebewertungen dienen. Der Senat merkt im Rahmen dessen zusätzlich an, dass Gästebewertungen vorwiegend subjektiv, anonym und nicht sehr verlässlich seien.

Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte mit den beworbenen Hotels in vertraglichen Beziehungen stehe. Nicht relevant sei in diesem Zusammenhang, dass die Beklagte keine unmittelbaren Vorteile durch die Sternevergabe erlange, da sie zumindest bei einer Buchung Provisionszahlungen erhalte, die von dem Hotelpreis abhängig seien.

Im Ergebnis decke sich das Bewertungsverfahren der Beklagten somit nicht mit der Verkehrsauffassung und rufe daher eine Irreführung hervor.
Ferner stellt der Senat fest, dass die Irreführungsgefahr nicht durch einen Hinweis-Text ausgeräumt werden könne, dem zu entnehmen sei, dass es sich um ein Bewertungssystem der Beklagten handele, sofern dieser lediglich mittels einer Mouseover-Funktion auf der Internetseite der Beklagten eingeblendet werde. Diese Art des Hinweises könne nicht sicherstellen, dass der klarstellende Hinweis von dem angesprochenen Verkehr wahrgenommen werde. Im Hinblick auf einen entsprechenden Hinweis durch ein Popup-Fenster führt das Gericht aus, dass nicht erkennbar sei, wann dieses angezeigt werde.

Abschließend weist das OLG darauf hin, dass es eine Kennzeichnung des Ursprungs der Sternebewertung von Hotels im Internet nur dann für erforderlich halte, wenn die Sternevergabe nicht durch eine neutrale Stelle nach einem objektiven Bewertungsverfahren erfolgt sei. Eine grundsätzliche Hinweispflicht sei folglich nicht gegeben.

Prozessuale Anmerkung:

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wies der Senat den Kläger darauf hin, dass das vom Kläger beantragte Unterlassungsgebot gegebenenfalls zu weit gefasst sein könne. So könnten nämlich unter dieses auch die DEHOGA-Sterne gefasst werden, deren Erteilung jedoch selbst nach der Auffassung des Klägers eine zulässige Klassifizierung voraussetze. Aufgrund dessen ergänzte der Kläger seinen Unterlassungsantrag durch den Zusatz „ohne, dass die Beklagte auf das von ihr verwendete Sterne-Bewertungssystem klar hinweist“, welcher von dem OLG Nürnberg entsprechend in den Unterlassungstenor aufgenommen wurde.

Der Senat stellt in diesem Zusammenhang klar, die so gewählte Formulierung stelle kein Minus des ursprünglichen Antrages dar, da zur Auslegung des Unterlassungsantrages der Sachvortrag des Klägers in der Klagebegründung herangezogen werden müsse und dieser deutlich mache, dass der Kläger ausschließlich das Verbot der Bewerbung von Hotels mit Sternen erreichen wolle, sofern nicht ersichtlich sei, dass hierfür das Sterne-Bewertungssystem der Beklagten verwendet wurde.

Quelle: OLG Nürnberg, Urteil vom 19. April 2016, Az. 3 U 1974/15