Wann ist Glühwein eigentlich Glühwein? LG München I zu „Glühwein mit Bockbierwürze“

Das LG München I hat sich in einer aktuellen Entscheidung (Urt. v. 17.11.2022 – Az. 17 HK O 8213/18) damit auseinandergesetzt, ob ein weinhaltiges Getränk, das u. a. „Bockbierwürze“ enthält, als Glühwein bezeichnet werden darf.

Sachverhalt

Die Klägerin betreibt eine Weinkellerei, die Beklagte ist eine Brauerei, die auch weinhaltige Getränke herstellt.

Die Beklagte vertreibt über ihren Onlinehandel das Produkt „Glühwein mit Bockbierwürze“ und „Glühwein mit Minze und Limette“. Beide Produkte werden mit dem Slogan „Bock auf Glühwein“, der auf den Verkaufsverpackungen abgedruckt ist, beworben. Auf beiden Produkten findet sich die Angabe, dass es sich um Glühwein handele und Bockbierwürze zugesetzt sei.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten es zu unterlassen, die Produkte unter der Bezeichnung „Glühwein“ in den Verkehr zu bringen. Die Angaben auf der Verpackung reichten nämlich nicht dazu aus, den angesprochenen Verkehr darüber zu informieren, dass es sich nicht um traditionellen Glühwein handele. Vielmehr werde der angesprochene Verkehr über die Glühweineigenschaft getäuscht.

Entscheidung

Die Klage hat Erfolg. Der Klägerin stehe ein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG i. V. m. §§ 3, 3a, 5 UWG i. V. m. Art. 7 Abs. 1 a der VO (EU) Nr. 1169/22 (LMIV) sowie § 25 WeinG gegen die Beklagte zu. Denn durch die Bezeichnung der Produkte als „Glühwein“ verstoße die Beklagte gegen die im Anhang II B, Ziff. 8 der VO (EG) 251/2014 festgelegten Vorgaben über die Zusammensetzung und die zulässigen Inhaltsbestandteile eines Glühweins. Hierin würden die zulässigen Bestandteile eines Glühweins abschließend geregelt.

Bockbierwürze – beiden streitgegenständlichen Produkten zugesetzt –, bestehend aus Wasser, Gerstenmalz und Hopfen, stelle dabei keinen zulässigen Bestandteil eines Glühweins nach Anhang II B, Ziff. 8 der VO (EG) 251/2014 dar. Bei Bockbierwürze handele es sich um eine bei der Bierherstellung gewonnene Flüssigkeit, die mit der Glühweinherstellung in keinerlei Zusammenhang stehe und von den angesprochenen Verkehrskreisen auch nicht erwartet werde. Vor allem sei Bierwürze keine „Gewürz“ im Sinne von Anlage II, B, Ziff. 8 der VO (EG) 251/2014. So habe der hierzu angehörte Sachverständige in der mündlichen Verhandlung ausgeführt:

„Die Bierwürze ist eine Flüssigkeit, die ein Gewürz empfängt. Es ist die Grundlage von etwas, das die Würze empfängt. Dieser Begriff wurde historisch übernommen. Das ist eine sehr deutsche Eigenheit diesen Begriff „Würze“ für so ein Mittel zu verwenden. In anderen Ländern ist es anders. In anderen Sprachen ist der Begriff sehr weit weg von dem Begriff Würze. Man kann die Diskussion inhaltsstofflich führen. Bierwürze im Allgemeinen hat nichts mit einem Gewürz oder Süßungsmittel zu tun.“

Dementsprechend werde dem Verbraucher durch die Bezeichnung „Glühwein“ in unzutreffender Weise vorgespiegelt, dass es sich um einen Glühwein handele, obwohl dies tatsächlich nicht der Fall sei, da die inhaltliche Zusammensetzung den gesetzlichen Vorgaben nicht entspreche.

Praxishinweis

„Glühwein“ ist also nicht bloß warmer Wein. „Glühwein“ ist vielmehr eine geschützte Verkehrsbezeichnung, die nur als solche verwendet und nicht durch zusätzliche Angaben abgeändert werden darf. Glühweinvarianten, welche die Bedeutung der geschützten traditionellen Verkehrsbezeichnung „Glühwein“ verwässern würden, dürfen deshalb nicht unter dem Begriff „Glühwein“ vermarktet werden. Hersteller sollten sich daher vor der Vermarktung von Glühweinvariationen stets über die erlaubten Inhaltsstoffe nach den o. g. Verordnungen informieren – und keine Bockbierwürze verwenden.