Titelschutz: Keine Verwechslungsgefahr zwischen identischen Werktiteln einer Fernsehbeitragsreihe und eines Sachbuchs

Das OLG Frankfurt a. M. hat sich in einer Entscheidung (Beschluss vom 11.01.2022, Az. 6 W 102/21) damit auseinandergesetzt, ob zwischen identischen Werktiteln einer Fernsehproduktion und eines Sachbuches Verwechslungsgefahr i. S. d. § 15 Abs. 2 MarkenG besteht.

Sachverhalt

Die Antragstellerin ist eine Rundfunkveranstalterin und hat in den Jahren 2009 bis 2011 eine Beitragsreihe mit der Bezeichnung „Nie wieder keine Ahnung! Malerei“ und „Nie wieder keine Ahnung! Architektur“ produziert. Die Folgen dieser Reihe wurden vereinzelt sogar noch im Jahre 2021 ausgestrahlt. In „Der Titelschutzanzeiger“ veröffentlichte die Antragstellerin unter dem 28.04.2009 eine Titelschutzanzeige für den Titel „Nie wieder keine Ahnung!“. Die Antragsgegnerin vertreibt ein Sachbuch unter dem Titel „Nie wieder keine Ahnung!“, das sich mit vermeintlichem Allgemeinwissen aus Politik, Wirtschaft und Weltgeschehen befasst. Die Antragstellerin sieht hierdurch ihre Titelschutzrechte verletzt und hat deswegen vor dem zuständigen Landgericht den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt, was jedoch abgelehnt worden ist. Hiergegen richtet sich die Antragstellerin mit der Beschwerde.

Die Entscheidung

Ohne Erfolg! Das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. hat die Beschwerde zurückgewiesen. Es bestehe kein Verfügungsanspruch der Antragstellerin, insbesondere nicht gemäß §§ 5 Abs. 3, 15 Abs. 2, Abs. 4 MarkenG. Denn selbst bei der Unterstellung, dass für die Beitragsreihe „Nie wieder keine Ahnung!“ Titelschutz nach § 5 Abs. 1, 3 MarkenG bestehe, fehle es an einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr i. S. d. § 15 Abs. 2 MarkenG.

Für die Frage der Verwechslungsgefahr sei beim Werktitelschutz auf drei Faktoren abzustellen, zwischen denen eine Wechselwirkung bestehe: Auf die Kennzeichnungskraft des Titels, für den Schutz begehrt wird, auf die Identität oder Ähnlichkeit der Werke sowie auf die Identität oder Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Werktitel. Der Titel „Nie wieder keine Ahnung!“ besitze wegen seiner beschreibenden Natur lediglich eine geringe Unterscheidungskraft. Es sei auch nicht zu erkennen, dass durch die lediglich 10-fache Ausstrahlung der Beiträge eine erhöhte Kennzeichnungskraft erreicht sein könnte. Jedenfalls fehle es an einer hinreichenden Ähnlichkeit der betroffenen Werke. Nach der Rechtsprechung des BGH dienten Werktitel i. S. d. § 5 Abs. 3 MarkenG grundsätzlich nur der Unterscheidung eines Werkes von anderen, ohne einen Hinweis auf den Hersteller oder Inhaber des Werkes und damit auf eine bestimmte betriebliche Herkunft zu enthalten. Sie seien daher in der Regel nur gegen eine unmittelbare Verwechslungsgefahr im engeren Sinne geschützt. Es müsse demnach für eine Verletzung der Titelschutzrechte die Gefahr bestehen, dass der Verkehr den einen Titel für den anderen hält, dass also ein nicht nur unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs als Folge der Identität oder Ähnlichkeit der beiden verwendeten Bezeichnungen über die Identität der bezeichneten Werke irrt. Betreffen die zu vergleichenden Titel unterschiedliche Werke, so scheide die Annahme einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr mangels „Werknähe“ regelmäßig aus, wenn der angesprochene Verkehr das eine Werk aufgrund der Unterschiede nicht für das andere halte.

Nach diesen Grundsätzen lehnte das Gericht eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ab. Denn hier stünden sich eine im Fernsehen ausgestrahlte Beitragsreihe und ein Sachbuch gegenüber. Es sei nicht ersichtlich, dass der angesprochene Verkehr das Buch der Antragsgegnerin für die Beitragsreihe der Antragstellerin in anderer Werkform halten könne, auch wenn sich beide Werke mit Fragen des Allgemeinwissens beschäftigten. Zwar sei der angesprochene Verkehr daran gewöhnt, dass es zu Fernsehsendungen durchaus begleitende Bücher geben könne. Dem betroffenen Buch sei aber kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass es sich hierbei um ein Buch zur Beitragsreihe der Antragstellerin handeln könnte. Entscheidend sei hier zu berücksichtigen, dass der Titel „Nie wieder keine Ahnung!“ einen deutlich beschreibenden Anklang hat, weshalb der angesprochene Verkehr nicht aus einer besonderen Originalität des Titels darauf schließen könne, dass es sich hier um zwei Formen eines Werks handele.

Praxishinweis

Der Entscheidung des OLG Frankfurt a. M. ist keine generelle Wertung dahin gehend zu entnehmen, dass bei identischen Titeln einer Fernsehsendung und eines Sachbuches in keinem Fall Verwechslungsgefahr bestehen kann. Denn der vorliegende Fall hat die Besonderheit, dass der gegenständliche Werktitel beschreibend und generisch gehalten ist, ihm wohnt keine besondere Unterscheidungskraft inne. Daher bleibt es auch in Anbetracht des gegenständlichen Beschlusses bzgl. der Beurteilung des Vorliegens von Verwechslungsgefahr nach § 15 Abs. 2 MarkenG zwischen Werktiteln bei einer Einzelfallentscheidung unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls, auch wenn die sich gegenüberstehenden Werktitel identisch sind.

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Prof. Dr. Markus Ruttig

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