OLG München und E-Mail-Marketing – Ordnungsgemäßes Double-opt-in-Verfahren und Nachweispflichten

Mit Urteil vom 23.01.2017, Az. 21 U 4747/15 hatte sich das OLG München mit Fragen der ordnungsgemäßen Durchführung und erforderlicher Nachweise für ein rechtskonformes Double-opt-in-Verfahren zu befassen. Das Gericht legte die Messlatte dabei hoch an, gab der Praxis jedoch einige Orientierungspunkte mit auf den Weg.

Sachverhalt

Die Beklagte hatte sich wegen belästigender E-Mail-Werbung dem Kläger gegenüber strafbewehrt zur Unterlassung entsprechender E-Mail-Werbung an unter einer bestimmten .de-Domain des Klägers verfügbare E-Mail-Adressen verpflichtet. Im Verfahren vor dem OLG München stritten die Parteien über die Verwirkung von Vertragsstrafen infolge der Übersendung sog. Double-opt-in-E-Mails an den Kläger.

Entscheidung

Das OLG München ging zunächst im Ansatz davon aus, dass die streitgegenständlichen E-Mails im Rahmen eines Double-opt-in-Verfahrens erfolgt sein könnten, bei dem der Werbende nach einer ersten Anfrage nachfrage, ob auch wirklich ein Einverständnis des Betreffenden vorliege. Den auf Oberlandesgerichtsebene geführten Streit, ob solche Nachfragen via Double-opt-in als Werbung zu qualifizieren seien, ließ das OLG München offen. Das Gericht stufte die streitgegenständlichen E-Mails schon aus anderen Erwägungen und insbesondere mangels hinreichender Nachweise eines ordnungsgemäßen Double-opt-in-Verfahrens als unzumutbare Belästigung ein.

Wenn ein Unternehmen auf eine Nachfrage eines Kunden reagiere und nachfrage, ob der Kunde tatsächlich mit einer Kontaktaufnahme einverstanden ist, möge dies als bloße Nachfrage nicht unter den Begriff der „Werbung“ fallen. Vorliegend sei jedoch ein abweichender Sachverhalt betroffen. Der Beklagten sei aus dem Schriftverkehr mit dem Kläger bekannt gewesen, dass die streitgegenständliche .de-Domain (an diese wurden E-Mails gerichtet) dem Kläger zuzuordnen war und E-Mails bei dem Kläger auflaufen. Die Beklagte habe nicht nachgewiesen, dass eine erste Nachfrage von einer solchen E-Mail erfolgt sei.

Die Aussage eines Zeugen genüge dafür nicht. Der Zeuge habe nur angegeben, dass generell eine Double-opt-in-Anfrage erfolgte, „wenn eine Freikarte online bestellt wurde“. Einen Nachweis für die online-Anfrage im konkreten Fall habe die Beklagte nicht erbracht. Der Zeuge habe nämlich nicht gesagt, wann genau die Anfrage erfolgte, welche Daten dabei genau angegeben wurden, etc. Weitere Beweisangebote oder die Vorlage von Dokumentationen seien nicht erfolgt. Es sei aber Sache des Unternehmens, den Kontakt zum Kunden zu dokumentieren und dadurch ein Einverständnis nachzuweisen. Die bloße Validierung einer Adresse, also der bloße Nachweis der Existenz der Adresse an sich, sei kein Nachweis des Einverständnisses. Zudem sei der Senat angesichts der Vielzahl an E-Mails an verschiedene E-Mail-Adressen der streitgegenständlichen .de-Domain des Klägers davon überzeugt, dass die vermeintlichen Nachfrage-E-Mails zum Zwecke der ersten Kontaktaufnahme und nicht als Reaktion auf eine bereits erfolgte Nachfrage versandt worden seien.

Auch die Aussage eines anderweitigen Zeugen im Hinblick auf sonstige betroffene E-Mail-Adressen, wonach entsprechende „E-Mails an die Kunden (gehen), die eine monatliche Rechnung bekommen und einen Vertrag bei der Beklagten geschlossen haben“, genügten dem OLG München nicht zum Beweis. Vertragsdaten, eine Dokumentation der Kontaktaufnahme oder Ähnliches habe die Beklagte nicht vorgelegt.

Anmerkung

Die Entscheidung des OLG München macht deutlich, dass die schlichte bzw. behauptete Einrichtung eines Double-opt-in-Verfahrens keine Gewähr für den Ausschluss von Beanstandungen wegen vermeintlich unzulässiger E-Mail-Werbung bietet. Im Gegenteil bringt die Entscheidung auf den Punkt, dass die Durchführung eines wirksamen Double-opt-in-Verfahrens in jedem Einzelfall nachzuweisen ist. Nach den Maßstäben des OLG München genügt insbesondere die Darlegung allgemeiner Verfahrensanweisungen in einem Unternehmen den Darlegungsanforderungen nicht. Auch wenn dies mit Mühe verbunden ist, kann die Lösung nur „Dokumentation“ lauten. Entsprechende Verfahren sollten Anbietern im elektronischen Geschäftsverkehr wegen der Protokollierungserfordernisse gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 TMG hinlänglich bekannt sein; hier gilt es anzusetzen.

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass unzulässige Werbekampagnen bzw. eine unzureichende Dokumentation ordnungsgemäßer Double-opt-in-Prozeduren im wahrsten Sinne des Wortes teuer werden können. Das OLG München hat die Beklagte wegen insgesamt 22 Verstößen zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von EUR 11.000,00 verurteilt; diese Kosten hätte man sicherlich ohne weiteres vermeiden können.