OLG Köln bejaht Haftung einer Konzern-Holding-Gesellschaft für rechtswidrige Werbung in TV-Sendern

Die Entscheidung des 6. Zivilsenats des OLG Köln (Az. 6 U 47/20) vom 30.10.2020 hat nicht nur glücksspielrechtliche, sondern auch rundfunkrechtliche Bedeutung.

Gegenstand des Verfahrens ist eine Verbandsklage, mit der einer Konzern-Holding-Gesellschaft verboten wurde, verbotene Glücksspielwerbung in den zur Holding gehörenden TV-Sendern auszustrahlen. Glücksspielrechtlich von besonderem Interesse war die Frage, die bereits vom Landgericht Köln bejaht worden war, ob die Bewerbung von in Schleswig-Holstein erlaubten Glücksspielen in bundesweit empfangbaren TV-Programmen dann rechtswidrig ist, wenn parallel unter .com-Domains fast identische Glücksspielangebote bestehen, die nicht nur in Schleswig-Holstein, sondern in allen Bundesländern spielbar und daher als rechtswidrig anzusehen sind. Auch das OLG Köln bejahte diese Frage.

Vor Einleitung des Klageverfahrens hatte der klagende Verband die Beklagte außergerichtlich und vor einer Abmahnung auf die aus seiner Sicht bestehende Rechtswidrigkeit bestimmter Werbespots hingewiesen. Das OLG Köln ist der Auffassung, dass die Pflicht zur Prüfung, ob die Auffassung des Verbandes zutreffend und die Werbespots rechtswidrig waren, die Beklagte trifft, weil sie faktisch diejenige Organisationseinheit im Konzern sei, welche die Prüfung der Rechtsverletzung durch das zuständige Justitiariat übernommen und die Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Werbung getroffen habe. Dafür spreche nach Auffassung des 6. Zivilsenats, dass die Beklagte im vorliegenden Fall die vorprozessuale Kommunikation mit dem Kläger selbst geführt habe, ohne je auf eine vermeintlich fehlende Verantwortlichkeit für den Sendebetrieb als Hindernis für eine Prüfpflicht hinzuweisen. An diesem Verhalten müsse sich die Konzerngesellschaft festhalten lassen.

Das OLG Köln würdigte außerdem, dass die Beklagte im Verfahren Verträge vorgelegt habe, aus denen sich ergeben habe, dass sie Leistungen für die Konzern-Töchter, d. h. die einzelnen Sender, erbringe. Die Programmhoheit der Rundfunkveranstalter stehe der Entscheidung nicht entgegen, da die Programmhoheit es nicht ausschließe, dass Fragen der Programmhaftung gestellt werden.

Ob auch eine Haftung der Beklagten über § 8 Abs. 2 UWG in Betracht komme, wenn die Verkehrssicherungspflichten bei den Rundfunk-Töchtern verblieben, ließ der Senat dahingestellt.

Das OLG sah jedoch die Zulassung der Revision veranlasst, weil es bei der Frage, in welchem Umfang eine Konzern-Obergesellschaft für Handlungen von Konzern-Töchtern lauterkeitsrechtlich einstandspflichtig ist, um eine grundsätzliche Rechtsfrage gehe, die bisher vom BGH für Konstellationen wie die vorliegende noch nicht entschieden worden sei.

Zurück
Prof. Dr. Markus Ruttig

Prof. Dr. Markus Ruttig

T: +49 221 95 190-86
ZUM PROFIL