OLG Karlsruhe: Zulässige Bewerbung eines Desinfektionsmittels als „Hautfreundlich“ und unzulässige Bewerbung eines Desinfektionsmittels als „Ökologisch“ bzw. „Bio“

Das OLG Karlsruhe hat sich in einem wettbewerbsrechtlichen Verfahren (Urteil vom 08.06.2022, Az. 6 U 95/21) mit diversen werbenden Angaben eines Desinfektionsmittels befasst. Streitgegenständlich waren die Angaben „Ökologisch“ und „Bio“ sowie die Bewerbung als „Hautfreundlich“. Lediglich letztere Angabe wurde dabei als zulässig erachtet.

Die Beklagte bot u. a. im Internet Desinfektionsmittel an. Auf den abgebildeten Etiketten sowie in der Produktbeschreibung befanden sich u. a. die Angaben „Ökologisches Universal-Breitband Desinfektionsmittel“ sowie „Hautfreundlich • Bio • ohne Alkohol“. Die Beklagte wurde von einem Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs zunächst erfolgreich in der ersten Instanz vor dem LG Karlsruhe auf Unterlassung in Anspruch genommen. Die hiergegen eingelegte Berufung bestätigte das erstinstanzliche Urteil nur teilweise.

Das OLG hat hinsichtlich der Bezeichnung „Ökologisches Universal-Breitband Desinfektionsmittel“ sowie „Bio“ für ein Desinfektionsmittel jeweils einen Verstoß gegen Art. 72 Abs. 3 der Biozid-VO angenommen. Art. 72 Abs. 3 sieht dabei vor, dass in der Werbung für Biozid-Produkte das Produkt nicht in einer Art und Weise dargestellt werden darf, die hinsichtlich der Risiken des Produkts für die Gesundheit von Mensch oder Tier oder für die Umwelt oder seiner Wirksamkeit irreführend ist. Die Werbung für ein Biozid-Produkt darf nicht die Angaben „Biozid-Produkt mit niedrigem Risikopotenzial“, „ungiftig“, „unschädlich“, „natürlich“, „umweltfreundlich“, „tierfreundlich“ oder ähnliche Hinweise enthalten.

Nach Auffassung des Gerichts sei die Angabe „ökologisch“ sowie die Angabe „Bio“, die synonym zum Begriff „ökologisch“ zu verstehen sei, als „ähnlich“ zu den in der vorgenannten Vorschrift aufgezählten Begriffen anzusehen. So sei bereits inhaltlich eine Übereinstimmung mit dem verbotenen Begriff „natürlich“ gegeben. Zumindest aber sei sie mit diesem eng verwandt und bringe eine gleichermaßen pauschale Verharmlosung der Risiken des Produkts für die Gesundheit von Mensch oder Tier oder für die Umwelt oder seiner Wirksamkeit unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Einklangs mit der Ökologie durch schonenden Umgang mit Naturressourcen zum Ausdruck.

Ein Verstoß bezüglich der angegebenen Hautfreundlichkeit wurde hingegen nicht angenommen. Der angesprochene Durchschnittsverbraucher knüpfe an eine „hautfreundliche“ Qualität eines Desinfektionsmittels die Erwartung, dass die Haut bei Anwendung des Mittels in irgendeiner Weise und nicht näher bestimmtem Ausmaß geschont werde, d. h. die Anwendung die Haut lediglich möglicherweise nicht schädige. Dass das Produkt auf seiner Haut positiv wirke, also die Gesundheit oder das Wohlbefinden über den Status quo hinaus fördere, entnehme der angesprochene Verbraucher der Angabe nicht.

Fazit:

Insgesamt hat sich das Gericht sehr ausführlich mit den einzelnen Tatbestandsmerkmalen auseinandergesetzt. Die Entscheidung zeigt einmal mehr die Schwierigkeiten, die sich bei der Bewerbung von Biozid-Produkten ergeben. Gerade der in der Vorschrift des Art. 72 Abs. 3 der Biozid-Verordnung enthaltene Verweis auf „ähnliche Hinweise“ gebietet daher stets eine vorherige sorgfältige Überprüfung der jeweiligen Angaben.

Quelle: OLG Karlsruhe, Urteil vom 08.06.2022, Az. 6 U 95/21

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Jennifer Jean Bender

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