LG München I – Einwilligung in Telefonwerbung durch Sponsoren und Partnerunternehmen – Vorsicht vor Opt-out-Listen

Die Wettbewerbszentrale hat vor dem Landgericht München I ein Unterlassungsurteil gegen einen süddeutschen Stromanbieter erstritten (LG München I, Urteil vom 19.03.2024, Az. 33 O 7368/23, nicht rechtskräftig). Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale unter anderem wegen Telefonwerbung ohne wirksame Einwilligung.

Sachverhalt

Ein Mitarbeiter des Stromanbieters hatte eine Verbraucherin im Juli 2022 auf deren Privatanschluss angerufen, um die Verbraucherin zu einem Vertragsabschluss zu bewegen. Eine Woche vor diesem Anruf hatte die Verbraucherin an einem Preisausschreiben teilgenommen, in dessen Kontext u.a. eine Werbeeinwilligung in Werbung durch „Sponsoren“ eingeholt wurde, wobei die Sponsoren in einer Liste aufgeführt und einzeln „abgewählt“ werden konnten.

Im Anschluss an den werblichen Anruf hatte der Stromanbieter der Verbraucherin eine SMS geschickt, in der ihr ein neuer Stromvertrag bestätigt wurde. Nachdem sie trotz eines sofortigen Widerrufs per Telefon, Post und SMS noch eine schriftliche Bestätigung des vermeintlich geschlossenen Vertrags erhalten hatte, ging die Verbraucherin zur Polizei und wandte sich an die Wettbewerbszentrale. Die Wettbewerbszentrale nahm den Stromanbieter zunächst außergerichtlich und dann gerichtlich in Anspruch.

Entscheidung

Das Landgericht München I hat das Vorgehen des Stromanbieters aus zwei Gesichtspunkten heraus beanstandet: Zum einen stellte das Landgericht München I fest, dass der Mitarbeiter des Stromanbieters irreführende Angaben zu den geschäftlichen Verhältnissen des Stromanbieters gemacht haben. Zum anderen – und das ist für die werbliche Praxis von grundsätzlicherer Bedeutung – hat das Landgericht den Stromanbieter auch verpflichtet, Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern für Stromlieferverträge zu unterlassen, ohne dass eine ausdrückliche Einwilligung betroffener Verbraucher vorliegt. Mit dem Werbeanruf habe der Stromanbieter gegen § 7 UWG verstoßen. Dass eine Einwilligung in Telefonwerbung vorliege, müsse das werbende Unternehmen beweisen.

Der Stromanbieter legte Auszüge seiner Dokumentation vor, woraus sich ergab, dass die Verbraucherin eine Woche vor dem Werbeanruf an einem Preisausschreiben teilgenommen und dabei ihre Daten hinterlegt hatte. Dabei mussten die Teilnehmer des Gewinnspiels einzelne „Sponsoren“ aus einer längeren Liste abwählen, um von diesen keine Werbung zu erhalten.

Nach der Rechtsprechung sei jedoch die Einwilligung eines Verbrauchers in Telefonwerbung durch andere Unternehmen unwirksam, wenn die Einwilligungserklärung für eine ganze Liste von Unternehmen gilt und der Verbraucher für jedes dieser Unternehmen durch Anklicken des Feldes „Abmelden“ entscheiden müsse, von welchem Unternehmen er keine Werbung erhalten wolle (sog. Opt-Out). Erforderlich sei eine aktive Einwilligung „in Kenntnis der Sachlage“ und „für den konkreten Fall“ (sog. Opt-In). Das habe der BGH bereits 2020 entschieden (BGH GRUR 2020, 891 – Cookie-Einwilligung II). Das Landgericht München I hat unter Verweis auf dieses Urteil entschieden, dass die angerufene Verbraucherin keine wirksame Einwilligung erteilt hatte. Die Telefonwerbung sei damit auch deshalb unzulässig.

Anmerkung

Die Konstruktion von Einwilligungskonzepten, sei es für E-Mail- oder wie hier Telefonwerbung – bildet immer wieder Anlass für rechtliche Beanstandungen. Dabei ist die Interessenlage wenig überraschend. Unternehmen verfolgen oftmals das Ziel, eine einzuholende Einwilligung möglichst weit zu fassen, um das Spektrum werblicher Aktivitäten zu erweitern. Einen Klassiker bildet dabei vor allem im Gewinnspielbereich die Ausdehnung der Werbeberechtigten über den Anbieter des Gewinnspiels hinaus auf sog. „Sponsoren“ oder „Partnerunternehmen“.

Gegen eine Einbeziehung von „Sponsoren“ oder „Partnerunternehmen“ ist im Ausgangspunkt nichts einzuwenden. Die strengen Vorgaben an eine ausdrückliche und für den Einzelfall einzuholende Einwilligung müssen allerdings – gerade auch im telefonwerblichen Bereich und mit Blick auf die hohen Dokumentationsanforderungen – sauber abgebildet werden.

Ob man die Erstreckung einer werblichen Einwilligung auf „Sponsoren“ oder „Partnerunternehmen“ über eine Liste mit im Einzelnen „abwählbaren“ Unternehmen rechtskonform gestalten kann, darf man ungeachtet der tendenziell restriktiven Entscheidung des LG München I wohl als streitbar bezeichnen. Im Zweifel werden hier die konkreten Umstände des Einzelfalls entscheidend sein. So wäre ein Fall, in welchem eine solche Liste deutlich und prominent in eine Einwilligungserklärung einbezogen wird und dem Einwilligenden eine überschaubare und einfach zu deaktivierende Liste von Sponsoren bzw. Partnerunternehmen inkl. konkreter Beschreibung der jeweiligen Werbegegenstände verfügbar gemacht wird, wohl anders einzuordnen als ein Fall, in welchem – und das ist in der Praxis häufig anzutreffen – eine gefühlt endlose Liste von Unternehmen ohne Zusatzinformationen präsentiert wird, durch welche sich der Einwilligende zum Zwecke einer etwaig gewünschten „Abwahl“ mühsam und Einzelfall für Einzelfall „durcharbeiten“ muss.

Quelle: Pressemitteilung Wettbewerbszentrale vom 16.04.2024, abrufbar hier.

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Dr. Sascha Vander, LL.M.

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