LG Düsseldorf – Arbeitnehmererfindervergütung und Abstaffelung von Umsätzen gem. Vergütungsrichtlinie Nr. 11

Das Landgericht Düsseldorf hat sich im Rahmen zweier Entscheidungen (Urteile vom 01.03.2023, Az: 4b O 105/19 und 4b O 106/19) mit dem seit Jahrzehnten die Praxis beschäftigenden Dauerthema der Abstaffelung hoher Umsätze im Rahmen der angemessenen Erfindervergütung nach § 9 ArbEG befasst.

Unter dem Mantel der angemessenen Erfindervergütung im Sinne von § 9 ArbEG halten sich in der Rechtspraxis nach wie vor aktuelle und je nach zuständigem Spruchkörper bzw. angerufener Institution voneinander divergierende Modelle, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Maßstäben erfindungsgemäße Umsätze des Arbeitgebers der sogenannten Abstaffelung unterworfen werden können. Die Schiedsstelle nach dem Gesetz über Arbeitnehmererfindungen beim Deutschen Patent- und Markenamt praktiziert nach wie vor bei fehlenden Kontraindikatoren und im Fall einer Kausalitätsverschiebung (arbeitgeberseitige Ursachen für die hohen Umsätze) die Abstaffelung nach Nr. 11 der amtlichen Vergütungsrichtlinien, die sich bei besonders hohen Umsätzen annähernd mit dem Faktor 0,2 auswirken kann. Die Mehrzahl der zuständigen Instanzgerichte stellt weiterhin vorrangig auf den Üblichkeitsnachweis auf dem betroffenen technischen Gebiet und der dortigen Lizenzvertragspraxis ab. Die Düsseldorfer Gerichte haben demgegenüber im Fall der Kausalitätsverschiebung eine eigene Praxis in Richtung einer linearen Abstaffelung bei besonders hohen Umsätzen von bislang bis zu 30 % etabliert.

Das Landgericht Düsseldorf hatte nun im Rahmen zweier erfindervergütungsrechtlicher Streitigkeiten auf den Höhestufen zweier Stufenklagen die Abstaffelung nochmals aus einer etwas anderen Perspektive zu beleuchten. Die Besonderheit der parallel laufenden Fälle lag darin, dass zwischen den Erfindern und der Arbeitgeberin die Abstaffelung im Rahmen einer sogenannten Grundvereinbarung vertraglich vereinbart worden war, mit der die Arbeitsvertragsparteien bestimmte sich aus dem ArbEG ergebende Pflichten des Arbeitgebers modifiziert hatten. Die Kläger hatten in den Gerichtsverfahren dann unter anderem die Wirksamkeit dieser auf die Abstaffelung bezogenen Vereinbarungen infrage gestellt.

Das Landgericht befand, dass eine Abstaffelung bei hohen Umsätzen grundsätzlich anzuwenden und im Arbeitnehmererfinderbereich üblich ist (unter Verweis auf Bartenbach/Volz, Arbeitnehmererfindervergütung, 4. Aufl. 2017, RL 11, Rn. 20). Dies gelte insbesondere im Pharmabereich (unter Verweis auf Bartenbach/Volz, a. a. O, Rn. 29). Insofern griffen nach Auffassung des Landgerichts auch die Einwände der Kläger nicht, dass die Vereinbarung einer Abstaffelung im Rahmen des Erfindervergütungs-Grundvertrags eine arglistige Täuschung dargestellt habe bzw. einer AGB-Kontrolle nach § 305c BGB nicht standhalte. Die Beklagte war nach Auffassung des Gerichts wegen der Üblichkeit der Abstaffelung auch nicht dazu angehalten, die Erfinder über die Auswirkungen der Vereinbarung gesondert aufzuklären.

Auch die von den Klägern in den Verfahren vorgetragene Behauptung der Beklagten, dass ihnen mit dem Unterschreiben der Grundverträge keine Nachteile entstehen würden, liefen dem nicht zuwider. Denn die Erfinder mussten davon ausgehen, dass die Abstaffelung auch für die von den Erfindern gemeldete Erfindung gelten werde. Vor dem Hintergrund der zwischen den Parteien ausdrücklich einbezogenen Richtlinie Nr. 11 war nach der Auffassung des Gerichts ein Rückgriff auf die sogenannte „Düsseldorfer Praxis“, nach der nur eine lineare Abstaffelung vorgenommen wird, in den entschiedenen Fällen nicht angezeigt. Damit hat das Landgericht mittelbar die Parallelität von verschiedenen möglichen Abstaffelungsvarianten anerkannt, ohne dass der Düsseldorfer Praxis eine Vorrangigkeit oder Exklusivität beigemessen wurde. Dies lässt sich auch mit Blick auf die einzige Regelung mit Gesetzesqualität in § 9 ArbEG gut begründen, nachdem es letztlich im Ergebnis stets auf die Angemessenheit der Erfindervergütung ankommt.