Mit Urteil vom 23.05.2025 (Az. 15 UKI 2/25) hat das Oberlandesgericht Köln entschieden, dass Meta Daten aus öffentlichen Profilen, die auf den Plattformen Facebook und Instagram gespeichert sind, zum Training von Modellen künstlicher Intelligenz nutzen darf.
Der Fall
Der Konzern Meta betreibt unter anderem die Plattformen Facebook und Instagram. Auf beiden Plattformen werden riesige Mengen von Daten durch User produziert, die Inhalte posten und hochladen.
Meta benachrichtigte seine Nutzer, per E-Mail und Direktnachricht, dass es beabsichtige, alle Daten aus öffentlichen Profilen zum Training von KI-Modellen zu nutzen. Es räumte dabei den Nutzern ein Widerspruchsrecht ein, welches, nach Aussage von Meta, bei Ausübung dazu führt, dass die vom Widerspruch betroffenen Daten nicht zum Training verwendet werden.
Für die Erhebung des Widerspruchs setzte Meta eine Frist. Diese ist unterdessen abgelaufen, sodass davon auszugehen ist, dass das Training begonnen hat oder unmittelbar bevorsteht.
Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen verklagte Meta auf Unterlassung im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes. Das Oberlandesgericht Köln wies die Klage ab.
Die Rechtslage
Die auf den Plattformen gespeicherten Daten sind, bis auf sehr wenige und beachtliche Ausnahmen, personenbezogene Daten im Sinne der DS-GVO. Die Nutzung der Daten zu Trainingszwecken stellt eine Verarbeitung dar, die, wie jede Verarbeitung, einen Erlaubnistatbestand benötigt. Meta stützt die Verarbeitung auf Art. 6 Abs. 1 Buchst. f) DS-GVO. Danach ist eine Datenverarbeitung dann erlaubt, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen der verantwortlichen Stelle erforderlich ist und schutzwürdige Belange der Betroffenen nicht überwiegen.
Genau dies sah das Oberlandesgericht Köln als gegeben an. Es stellte fest, dass ein Training zur Erstellung von KI-Modellen grundsätzlich schutzwürdig ist. Es stellte ferner fest, dass Meta keine milderen Mittel zur Verfügung stehen, um in gleicher Effizienz ein Training durchzuführen. Beide Feststellungen dürften auf breite Zustimmung stoßen.
Es wurde ferner festgestellt, dass keine schutzwürdigen Belange der Betroffenen überwiegen. Diese Feststellung wird mutmaßlich Gegenstand intensiver Diskussionen werden. Das Gericht sah in der Möglichkeit zum Widerspruch ein starkes Argument zugunsten von Meta. Das ist insofern nachvollziehbar, als diese Widerspruchsmöglichkeit in der Tat zumindest eine Verarbeitung gegen den Willen der Betroffenen ausschließt. Auch ist ein solcher Widerspruch nicht mit Nachteilen verbunden, wie zum Beispiel einer nicht weiter möglichen Nutzung von Facebook oder Instagram. Ebenfalls zugunsten von Meta berücksichtigte das Gericht, dass lediglich Daten aus öffentlichen Profilen verarbeitet würden, mithin nur solche Daten, die auch über Suchmaschinen auffindbar sind.
Meta verarbeitet große Mengen von Daten. Enthalten sind auch Daten von Dritten, also Nicht-Nutzern, die die Möglichkeit zum Widerspruch nicht hatten. Enthalten sind ferner auch Daten von Minderjährigen. Zuletzt sind auch sogenannte besondere Kategorien von Daten enthalten, wie zum Beispiel Gesundheitsdaten. All dies führt nach Ansicht des Gerichts jedoch nicht dazu, dass die schutzwürdigen Belange der Betroffenen überwiegen. Als Begründung führte es an, dass Meta wirkungsvolle Maßnahmen ergriffen habe, um den Eingriff abzumildern. Beispielsweise würden Namen, Telefonnummern und Kontonummern herausgefiltert, die einem Betroffenen leicht zugeordnet werden könnten.
Neben der DS-GVO wurde noch der Digital Markets Act geprüft, der dadurch anwendbar ist, dass Meta ein sogenanntes Torwächter-Unternehmen ist. Allerdings fehle es an einem für Art. 5 Abs. 2 DMA erforderlichen Zusammenführen von Daten.
Die Besonderheiten
Das Gericht entschied im Eilverfahren, also im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Gleichwohl hörte es sowohl die irische Datenschutzbehörde als auch die Landesdatenschutzbehörde aus Hamburg an, die beide keine Einwände gegen die Rechtmäßigkeit erhoben.
Die Folgen
Die Folgen des Urteils sind noch nicht abzusehen. Maßgeblich liegt dies daran, dass die Urteilsgründe noch nicht bekannt sind. Veröffentlicht ist bisher nur eine Pressemitteilung des Gerichts.
Von besonderem Interesse ist die Begründung in Bezug auf die Daten von Dritten und in Bezug auf die besonderen Kategorien von Daten. Die in der Pressemitteilung genannten Schutzmaßnahmen dürften als solche nicht ausreichen. Hier wird es auf den ausführlicheren Wortlaut des Urteils ankommen.
Ebenfalls interessant und in der Pressemitteilung nicht thematisiert, ist die Frage der Zweckänderung. Die Erhebung von Daten hat nach DS-GVO zu vorab festgelegten Zwecken zu erfolgen. Zumindest ältere Teile des Datenbestands werden durch Meta allein zu dem Zweck der Veröffentlichung auf den Plattformen erhoben worden sein.
Irrelevant ist das Urteil für die Rechtsfrage der Urheberrechtsverletzung beim Trainieren von KI-Modellen. Es ist zwar davon auszugehen, dass auf den Plattformen von Meta Urheberrechtsverletzungen in hoher Zahl begangen wurden (und noch werden). Mit der sich daraus ergebenden Frage, ob dies das Trainieren von künstlicher Intelligenz unzulässig macht, musste (und durfte) sich das Gericht jedoch nicht auseinandersetzen. Dies kann durch die Verbraucherzentrale nicht geltend gemacht werden.