Der Widerruf von Online-Kaufverträgen unter Berufung auf die Nichteinhaltung einer „Tiefpreisgarantie“ ist nicht rechtsmissbräuchlich

Der BGH hat mit Urteil vom 16. März 2016 (Az. VIII 146/15) klargestellt, dass es für die Wirksamkeit des Widerrufs eines im Internet geschlossenen Vertrages ausreichend ist, dass dieser fristgerecht erfolgt. Unerheblich ist, aus welchem Grund der Vertrag widerrufen wird.

Sachverhalt

Die Beklagte warb in ihrem Online-Shop mit einer „Tiefpreisgarantie“. Der Kläger bestellte daraufhin zwei Matratzen bei der Beklagten und bezahlte diese nach erfolgter Auslieferung. Nachdem der Kläger bei einem anderen Anbieter ein günstigeres Angebot entdeckte, bat er die Beklagte um die Erstattung des Differenzbetrages i.H.v. 32,98 €. Er stellte in Aussicht, in diesem Fall nicht von seinem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen. Nachdem die Beklagte sich hierauf nicht einließ, widerrief der Kläger den Vertrag fristgerecht.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass der Widerruf unwirksam sei, da der Kläger sich rechtsmissbräuchlich verhalte. Denn das Widerrufsrecht bestehe lediglich, damit der Verbraucher die Ware prüfen könne. Hier wolle der Kläger aber lediglich (unberechtigte) Forderungen aus der „Tiefstpreisgarantie“ durchsetzen, was nicht vom Zweck des Widerrufsrechts umfasst sei.

Entscheidung

Der BGH entschied – ebenso wie die Vorinstanzen – dass der Widerruf wirksam war und dem Kläger aufgrund dessen ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises zusteht.

Dass der Kläger mit dem Widerruf lediglich bezweckt hat, einen günstigeren Preis für die Matratzen zu zahlen, stehe dem nicht entgegen. Für die Wirksamkeit des Widerrufs eines im Internet geschlossenen Vertrages genüge die fristgerechte Erklärung des Widerrufs. Da nach § 355 Abs. 1 S. 2 BGB ausdrücklich keine Begründung des Widerrufs erforderlich sei, sei es auch unerheblich, aus welchen Beweggründen der Käufer sein Widerrufsrecht ausübe.

Ein Ausschluss des Widerrufsrechts wegen eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Verbrauchers sei nur im Falle einer besonderen Schutzbedürftigkeit des Unternehmers denkbar, zum Beispiel wenn dem Verbraucher Arglist vorzuwerfen sei, etwa weil er eine Schädigung des Unternehmers beabsichtige oder schikanös handele. Im vorliegenden Fall jedoch habe der Kläger lediglich die Preise verglichen und der Beklagten angeboten, keinen Gebrauch von seinem Widerrufsrecht zu machen, wenn diese die Preisdifferenz zahle. Dies sei nicht als rechtsmissbräuchlich anzusehen, sondern sei eine bloße Folge der sich aus dem Widerrufsrecht ergebenden Wettbewerbssituation, welche der Verbraucher zu seinen Gunsten nutzen dürfe.

Anmerkung

Auch wenn die Entscheidung im Hinblick auf den Wortlaut des § 355 Abs. 1 S. 2 BGB wenig überraschend ist, hat der BGH hier wieder einmal die Rechte von Verbrauchern gestärkt. Auch wenn die Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers, der Produkte im Online-Shop bestellt, vor allem daraus resultiert, dass er das Produkt vor der Bestellung nicht prüfen kann, ist ein Widerruf auch dann zulässig, wenn die gelieferte Ware genau seinen Vorstellungen entspricht.

Bezüglich weiterer Details der Entscheidung bleibt die Veröffentlichung der Volltextversion abzuwarten.

BGH – Urteil vom 16.03.16, Az. VIII 146/15

LG Rottweil – Urteil vom 10.06.15, Az. 1 S 124/14

AG Rottweil – Urteil vom 30. 10.14, Az. 1 C 194/14

Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 16.03.2016 (Nr. 57/2016)