Der Begriff „weed“ nebst Abbildung eines Cannabisblattes ist u. a. für medizinische Dienstleistungen nicht als Unionsmarke schutzfähig

Das EuG entschied mit Urteil vom 12.05.2021 (T-178/20), dass eine angemeldete Bildmarke der Bavaria Weed GmbH für u. a. medizinische Dienstleistungen, die den Begriff „BavariaWeed“ enthält und die Abbildung eines Löwen zeigt, der ein Cannabisblatt in der Hand hält, gegen die öffentliche Ordnung verstößt und deswegen nicht markenschutzfähig ist.

Bereits das EUIPO hielt die Marke aufgrund eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung i. S. d. Art. 7 Abs. 1 lit. f UMV für nicht schutzfähig. Die Klägerin begehrte vor dem EuG die Aufhebung der Entscheidung der Beschwerdekammer des EUIPO. Sie machte insbesondere geltend, die Beschwerdekammer habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass die beanspruchten Dienstleistungen einen Einsatz von Cannabis zu Zwecken therapeutischer Art betrafen. Die Klage blieb jedoch erfolglos.

Verstoß gegen die öffentliche Ordnung

Das EuG stellte zunächst heraus, dass es bei der Beurteilung der Frage, ob ein Verstoß einer Marke gegen die öffentliche Ordnung i. S. d. Art. 7 Abs. 1 lit. f UMV vorliegt, nicht nur darauf ankomme, ob das Zeichen bei den Personen Anstoß errege, welche die unmittelbare Zielgruppe der beanspruchten Waren- bzw. Dienstleistungen ausmachen. Es komme vielmehr auch darauf an, wie das Zeichen auf Personen wirke, die zufällig mit diesem konfrontiert werden.

Im Rahmen der Beurteilung der Wahrnehmung des Zeichens durch die maßgeblichen (englischsprachigen) Verkehrskreise führte das Gericht insbesondere aus, dass der umgangssprachliche Begriff „weed“ nebst Abbildung eines Cannabisblattes den Verkehr an Marihuana und somit an den in vielen Mitgliedstaaten untersagten Freizeitkonsum einer Droge denken lasse. Zur Benennung von Arzneimitteln bzw. Behandlungsmethoden auf Cannabis-Basis werde der Begriff „weed“ hingegen nicht benutzt. Im Ergebnis sieht das EuG im Einklang mit dem EUIPO vor allem bei einer Marke für therapeutische Dienstleistungen die Gefahr als gegeben an, dass die Benutzung des Wortes „weed“ verharmlost werde bzw. eine offizielle Bestätigung erfahre, was letztlich zu der Annahme führen könne, dass der Konsum bzw. die Herstellung derartiger, von dem Zeichen aus Sicht des Verkehrs erfasster verbotener Betäubungsmittel, gefördert oder toleriert werde.

Das EuG führte sodann aus, dass es zur Beurteilung der Frage, ob ein Zeichen gegen die öffentliche Ordnung verstößt, maßgeblich darauf ankomme, dass ein Interesse betroffen ist, das die jeweiligen Mitgliedstaaten ihrem eigenen Wertesystem zufolge als grundlegend erachten. Das in zahlreichen Mitgliedstaaten normierte Verbot von Marihuana diene dem Schutz eines solchen Interesses, da es ein Ziel der öffentlichen Gesundheit sei, die schädliche Wirkung von Marihuana zu bekämpfen. Das EuG bejahte somit insbesondere aufgrund der sich in diesen Kontext einfügenden Wahrnehmung des Zeichens durch die Verkehrskreise einen Verstoß des Zeichens gegen die öffentliche Ordnung und bestätigte das Prüfungsergebnis der Beschwerdekammer des EUIPO. Es gebe in der EU derzeit keine vorherrschende Tendenz, Cannabisprodukte, die einen THC-Gehalt von mehr als 0,2 % aufweisen, u. a. zu therapeutischen Zwecken zu legalisieren. Ob eine solche Tendenz vorliege, sei außerdem unerheblich, da die anzumeldende Marke nach der Wahrnehmung des maßgeblichen Verkehrskreises auch den illegalen Konsum von Betäubungsmitteln betrifft.

Es kommt somit zur Beurteilung eines derartigen Verstoßes einer Marke gegen Art. 7 Abs. 1 lit. f UMV – wie auch den Prüfungsrichtlinien für Unionsmarken (Teil B, Abschnitt 4, Kapitel 7, Punkt 3 – „Gute Sitten“) zu entnehmen ist – insbesondere darauf an, ob der Verkehr das Zeichen – wie hier – dahingehend wahrnimmt, dass es der Förderung von in den Mitgliedstaaten verbotenen Betäubungsmitteln dient oder ob es aus Sicht des maßgeblichen Verkehrskreises demgegenüber eindeutig auf eine Substanz verweist, die aufgrund medizinischer Zwecke eingesetzt wird (s. zu diesem Aspekt auch Rn. 63 des Urteils).

Rechtsanwältin Judith Burkamp
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