BPatG: Wortmarke „Fucking Hell“ verstößt im konkreten Fall nicht gegen die guten Sitten

Im Juni 2018 ist die Wortmarke „Fucking Hell“ für Waren der Klasse 3 aus dem Bereich Parfümerie- bzw. Duftwaren und dem Bereich Haut- und Körperpflege beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) als Marke angemeldet worden. Nachdem das Amt die Markenanmeldung aufgrund eines Verstoßes gegen die guten Sitten (§ 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG) zurückgewiesen hatte, hob das BPatG (29.11.21 - 26 W (pat) 502/20) den Beschluss nunmehr auf und entschied, dass der Marke im konkreten Fall keine absoluten Schutzhindernisse entgegenstehen.

Der 26. Senat des BPatG war im vorliegenden Fall der Auffassung, dass die Markenanmeldung hinsichtlich der beanspruchten Waren nicht i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG gegen die guten Sitten verstieß. Bei dem Zeichen stehe für einen erheblichen Teil der Verkehrskreise sowie der ebenfalls relevanten Personen, die dem Zeichen im Alltag durch Zufall begegnen können, die Bedeutung „verdammte Scheiße“ in Gestalt eines derben Ausspruchs bzw. vergleichbare Bedeutungen im Vordergrund. Das Gesamtzeichen sei aber kein Begriff vulgär-sexueller Art, der eine Verletzung des Sittlichkeitsgefühls eines erheblichen Personenkreises darstelle. Die Verwendung des Begriffs „Hell“ („Hölle“) führe von einem solchen Begriffsverständnis weg.

Zudem ergebe sich eine Unvereinbarkeit mit den grundlegenden moralischen Werten und Normen der Gesellschaft auch nicht aus anderen Gesichtspunkten. Insbesondere stelle der Begriff „verdammte Scheiße“ bzw. das Zeichen „Fucking Hell“ nicht unbedingt eine negativ gemeinte Missfallensbekundung dar. Der Begriff könne vielmehr auch im positiven Sinne verwendet werden, was vor allem bei den im konkreten Fall beanspruchten Waren naheliege. Dem Zeichen möge zwar die Eigenschaft eines derben Ausdrucks und einer Missfallensbekundung anhaften. Die Wahrnehmung des Zeichens als geschmacklos reiche für den Anwendungsbereich des absoluten Schutzhindernisses der sittenwidrigen Marke i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG jedoch nicht aus. Der 26. Senat des BPatG betonte in diesem Zusammenhang insbesondere, dass bei der Verwendung vulgärer, obszöner oder beleidigender Begriffe einer Liberalisierung der Verkehrsanschauung Rechnung zu tragen sei und das Eintragungsverfahren von Marken nicht darauf ausgerichtet werden dürfe, die Anforderungen des guten Geschmacks (ästhetisch) zu prüfen. Es sei daher im konkreten Fall u.a. zu berücksichtigen, dass vergleichbare Zeichen mitunter sogar als „trendig“ eingestuft würden. Insgesamt möge das Zeichen auf den Verkehr zwar ggf. als gewollt geschmacklos bzw. provokativ wirken, es werde allerdings nicht als Verletzung grundlegender moralischer Werte und Normen aufgefasst.

Der 26. Senat des BPatG wendet sich vorliegend u. a. unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH (27.02.2020 C-240/18 – Fack ju Göthe) und BGH (02.10.2012 – I ZB 89/11) ausdrücklich von der restriktiver anmutenden Rechtsprechung des 27. Senats ab (s. hierzu Rn. 45 des Beschlusses m. w. N.).