BGH: Rechtmäßigkeit einer Berichterstattung über nicht öffentlich gemachte Liebesbeziehung

Der BGH hat sich in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 06.12.2022, Az. VI ZR 237/21) damit auseinandergesetzt, wann eine Presseberichterstattung über das Ende einer nicht öffentlich gemachten Liebesbeziehung einer prominenten Person und ihrem nicht prominenten Ex-Partner rechtmäßig ist.

Sachverhalt

Der Kläger ist Rechtsanwalt in Berlin. Die Beklagte ist verantwortlich für den Inhalt der Zeitschrift „Bunte“. In einer Ausgabe der Zeitschrift Bunte aus dem November 2018 berichtete die Beklagte über das Ende der Liebesbeziehung zwischen dem ehemaligen Eiskunstlaufstar W. und dem Kläger, wobei in der Berichterstattung nur W., nicht aber der Kläger, namentlich genannt wird. In dem Artikel fanden sich u. a. folgende Aussagen:

Liebes-Aus! Warum hat sie kein Glück mit den Männern? [voller Name von W.]

„Die frühere Eiskunstläuferin ist wieder Single. […] Dabei hatte es tatsächlich so ausgehen, als habe die attraktive Ex-Eiskunstläuferin […] endlich ihren ‚Mr. Right‘ gefunden: Sieben Jahre lang war sie (scheinbar) glücklich mit einem Berliner Anwalt, 52, liiert. […]“.

„Ihr Ex, der Anwalt, war im September mit einer neuen Freundin, einer attraktiven Anwältin, im Urlaub.“

Der Kläger erhob letztlich Klage auf Unterlassung der Verbreitung der gegenständlichen Berichterstattung. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert. In der Revisionsinstanz verfolgt die Beklagte das Ziel der vollständigen Klageabweisung.

Die Entscheidung des BGH

Ohne Erfolg! Dem Kläger stehe der von ihm geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 analog BGB i. V. m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG zu.

Die Berichterstattung beeinträchtige auch die Privatsphäre des Klägers, also nicht nur diejenige der W. Von der Privatsphäre als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts erfasst seien nämlich insbesondere auch Informationen über das Bestehen einer Liebesbeziehung, deren Bekanntwerden der Betroffene geheim halten möchte. Nichts Anderes könne für Informationen über das Ende einer solchen Liebesbeziehung gelten.

Durch eine Presseberichterstattung unmittelbar in seinem Persönlichkeitsrecht betroffen könne zudem nicht nur sein, wer im Mittelpunkt der Veröffentlichung stehe, sondern auch, wer ebenfalls Thema des Berichts werde. Der Kläger sei vorliegend in seiner Privatsphäre betroffen. Denn eine nicht öffentlich gemachte Liebesbeziehung und ihr Ende seien Teil der Privatsphäre beider daran beteiligter Partner. Eine diesbezügliche Berichterstattung berühre damit auch die Privatsphäre beider Partner, soweit diese für potenzielle Leser identifizierbar seien.

Hinsichtlich der Identifizierbarkeit sei nicht entscheidend, ob alle oder ein erheblicher Teil der Adressaten der Berichterstattung oder gar der Durchschnittsleser die betroffene Person identifizieren könnten. Vielmehr reiche es aus, dass über die Berichterstattung Informationen über den Betroffenen an solche Personen geraten, die aufgrund ihrer sonstigen Kenntnisse in der Lage seien, die betroffene Person zu identifizieren. Dies sei vorliegend auch anzunehmen.

Dieser Eingriff in die Privatsphäre des Klägers sei auch rechtswidrig. Betreffe die Berichterstattung die Privatsphäre, sei hinsichtlich der Beurteilung der Rechtmäßigkeit von entscheidender Bedeutung, ob sie sich durch ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit rechtfertigen ließe. In diesem Zusammenhang sei von Bedeutung, ob im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert werde oder ob lediglich die Neugier der Leser nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigt werde. Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit sei, desto mehr müsse das Schutzinteresse desjenigen, über den informiert werde, hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Hinsichtlich des Informationswerts sei von erheblicher Bedeutung, welche Rolle dem Betroffenen in der Öffentlichkeit zukomme. Eine in der Öffentlichkeit unbekannte Privatperson könne einen besonderen Schutz ihres Privatlebens beanspruchen, nicht aber eine Person des öffentlichen Lebens. Außerdem müsse grundsätzlich unterschieden werden zwischen der Berichterstattung über Tatsachen, die einen Beitrag zu einer Diskussion in einer demokratischen Gesellschaft leisten könnten und der Berichterstattung über Einzelheiten des Privatlebens einer Person, die keine solche Aufgaben hätten.

Vorliegend fehle es an einem berechtigten Informationsinteresse der Öffentlichkeit hinsichtlich des Klägers. Im Grundsatz könne sich in Fällen der vorliegenden Art ein öffentliches Informationsinteresse auch daraus ergeben, dass ein solches Interesse an der konkreten Berichterstattung allein in Bezug auf eine andere Person – hier der W. – bestehe. Dafür sei allerdings nötig, dass die Berichterstattung der anderen Person gegenüber zulässig sei. Sei die konkrete Berichterstattung schon der Person gegenüber unzulässig, derentwegen überhaupt von einem entsprechenden Informationsinteresse der Öffentlichkeit ausgegangen werden könne, so müsse dies auch gegenüber dem Mitbetroffenen – hier dem Kläger – gelten.

Vorliegend sei die Berichterstattung schon gegenüber W. unzulässig. Die Preisgabe des Endes ihrer langjährigen Beziehung stelle keine Mitteilung einer bloßen Belanglosigkeit dar, sondern es gebe einen tieferen Einblick in die persönlichen Lebensumstände von W. Hier sei erschwerend zu berücksichtigen, dass eine Trennung vom Publikum regelmäßig mit einem Scheitern der Person assoziiert werde. Das dem gegenüberstehende berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der Berichterstattung über W und ihre Trennung sei dagegen als gering einzustufen. Sie sei zwar als ehemalige Eiskunstläuferin eine Person des öffentlichen Lebens. Allerdings befriedige die Nachricht, dass ihre langjährige Beziehung zu einem 52-jährigen Anwalt endete, in erster Linie die Neugier der Leser nach privaten Angelegenheiten der W. Die Berichterstattung ziele in erster Linie auf das Bedürfnis der Leser ab, Tatsachen aus dem Privatleben der W zu erfahren, die bislang verborgen geblieben sind. Daher sei die Berichterstattung gegenüber W insgesamt rechtswidrig. Dementsprechend sei die Berichterstattung auch gegenüber dem Kläger rechtswidrig.

Praxishinweis

Der BGH hat erneut betont, dass es für eine Erkennbarkeit einer Person im Rahmen von Berichterstattung ausreicht, dass sie für einen nur begrenzten Personenkreis erkennbar wird. Es muss also insbesondere nicht dem „Durchschnittsleser“ möglich sein, die Person identifizieren zu können.

Außerdem hat der BGH begrüßenswerterweise klar umrissen, wann ein öffentliches Informationsinteresse bezüglich einer von der Berichterstattung mitbetroffenen Person gegeben sein kann. Voraussetzung für das Vorliegen eines solchen abgeleiteten Informationsinteresses ist aber konsequenterweise, dass die Berichterstattung gegenüber der anderen Person, wegen der hauptsächlich berichtet wird, zulässig ist. Ist die Berichterstattung schon gegenüber dem Hauptsubjekt des Artikels unzulässig, kann für Mitbetroffene der Berichterstattung nichts anderes gelten.