BGH – Fahrzeugscheibe II, Hilfsanträge im Patentnichtigkeitsverfahren

In einem Urteil vom 21.06.2016 (Az. X ZR 41/14) hatte sich der BGH mit der Zulässigkeit von Hilfsanträgen im Patentnichtigkeitsverfahren und deren Zurückweisung in der Berufungsinstanz befasst.

Der BGH hatte über die gegen den deutschen Teil eines Europäischen Patents gerichtete Nichtigkeitsklage zu entscheiden. Das Patent betraf eine Verbindung (Verklebung) einer Fahrzeugscheibe mit der Traverse einer Karosserie und einem speziellen dazwischen liegenden Profil.

Im Berufungsverfahren verteidigte die Patentinhaberin das Patent mit sechs neuen Hilfsanträgen, deren Zulässigkeit zwischen den Parteien mit Blick auf eine Sachdienlichkeit gem. § 116 Abs. 2 Nr. 1 PatG streitig war.

Neue Hilfsanträge hält der BGH für den Fall zulässig, dass das Patentgericht in einem nach § 83 Abs. 1 PatG erteilten Hinweis nur einzelne Angriffsmittel des Klägers aufgreift und der Beklagte daher keinen Anlass hat, zusätzlich zu Hilfsanträgen, die dem erteilten Hinweis Rechnung tragen, vorsorglich weitere Hilfsanträge im Hinblick auf Angriffsmittel zu stellen, auf die das BPatG in seinem Hinweis nicht eingegangen ist oder die es als nicht aussichtsreich eingeschätzt hat. Nach einem Hinweis des BPatG hatte die Klägerin ihr Vorbringen zur fehlenden Patentfähigkeit des Gegenstands des Hauptantrags ergänzt und hierzu eine Reihe weiterer Entgegenhaltungen vorgelegt und erörtert. Die Beklagte musste dies nach Auffassung des BGH nicht zum Anlass nehmen, vorsorglich weitere Hilfsanträge zu stellen, solange das BPatG keine Änderung seiner vorläufigen Einschätzung bekundete. Sie war deshalb nicht gehalten, schon innerhalb der ihr vom Patentgericht nach § 83 Abs. 2 PatG gesetzten Frist auf das weitere Vorbringen der Klägerin mit neuen Hilfsanträgen zu reagieren.

Dem Patentinhaber kann keine Vernachlässigung der Pflicht zur Prozessförderung zur Last gelegt werden, wenn es ihm nicht gelingt, diese Überlegungen während der mündlichen Verhandlung vor dem BPatG abzuschließen. Dies gelte insbesondere dann, wenn wie im entschiedenen Fall dem Protokoll der mündlichen Verhandlung nicht zu entnehmen ist, ob das BPatG deutlich gemacht hat, auf welchen konkreten Überlegungen die Änderung der vorläufigen Einschätzung beruht, so dass es für den Patentinhaber nicht ohne Weiteres erkennbar ist, welche Beschränkungen zweckmäßig sein können, um den Bedenken des Gerichts Rechnung zu tragen.

Der BGH hat damit die Bedeutung des § 83 PatG gestärkt, dieses Mal zu Gunsten des Patentinhabers und dessen Vertrauen auf die Vorbereitung der mündlichen Verhandlung.