BGH: Einlösung der Rabatt-Coupons von Mitbewerbern grundsätzlich zulässig

Der BGH hat entschieden (Urt. v. 23.06..2016, Az.: I ZR 137/15), dass Unternehmen grundsätzlich auch damit werben können, Rabatt-Coupons ihrer Mitbewerber einzulösen.

Sachverhalt

Die Beklagte ist eine bundesweit tätige Drogeriemarktkette. Sie warb damit, dass Kunden in ihren Filialen 10%-Rabatt-Coupons von anderen Drogeriemärkten vorlegen und einen entsprechenden Rabatt auf ihren Einkauf bei der Beklagten erhalten können. Die Klägerin – die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs – hält diese Werbung für wettbewerbswidrig und nimmt die Beklagte auf Unterlassung sowie auf Ersatz der Abmahnkosten in Anspruch. Sie sieht in der Werbung eine gezielte Behinderung der Drogeriemärkte, die die Rabatt-Coupons ausgegeben haben. Die Beklagte ziele in erster Linie darauf ab, sich die Werbemaßnahmen ihrer Mitbewerber zu eigen zu machen und damit deren Erfolg zu verhindern. Darüber hinaus sei die Werbung auch irreführend, da bei den Kunden der Eindruck entstehen könnte, die Beklagte habe mit ihren Konkurrenten vereinbart, Rabatt-Coupons gegenseitig anzuerkennen.

Sowohl das Landgericht Ulm als auch das Oberlandesgericht Stuttgart haben einen Wettbewerbsverstoß und infolgedessen auch einen Kostenerstattungsanspruch verneint. Der BGH bestätigt diese Entscheidungen und hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Entscheidung

Der BGH folgt den Vorinstanzen und lehnt sowohl eine gezielte Behinderung der Mitbewerber als auch eine Irreführung der Verbraucher ab.

So liegt nach Auffassung des BGH bereits keine unlautere Behinderung von Mitbewerbern gem. §§ 3, 4 Nr. 10 UWG a. F. vor. Eine solche setzt eine unlautere Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Mitbewerber voraus, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene Beeinträchtigung hinausgeht und bestimmte Unlauterkeitsmerkmale aufweist. Die Rechtsprechung hat hierzu verschiedene Fallgruppen herausgearbeitet, von denen nach Ansicht des BGH jedoch keine erfüllt ist.

So ist der Beklagten nach Auffassung des BGH kein unlauteres Eindringen in einen fremden Kundenkreis vorzuwerfen. Die Empfänger von Rabatt-Coupons sind für ihre zukünftigen Einkäufe noch keine Kunden des werbenden Unternehmens, da noch keine vertragliche Geschäftsbeziehung in Bezug auf das konkrete, angegriffene Geschäft vorliegt. Dies gilt auch, wenn die Gutscheine im Rahmen eines Kundenbindungsprogramms oder nur an Inhaber einer Kundenkarte versandt werden. Der Verbraucher entscheide regelmäßig erst zu einem späteren Zeitpunkt, ob er solche Gutscheine überhaupt einlösen werde. Soweit die Beklagte mit Werbeaufstellern in ihren Filialen wirbt, wendet sie sich zudem an ihre eigenen und nicht an fremde Kunden.

Die Verbraucher werden durch die Werbung der Beklagten zudem nicht daran gehindert, die Gutscheine (auch) bei dem werbenden Unternehmen selbst einzulösen – sie erhalten vielmehr die Möglichkeit, denselben wirtschaftlichen Vorteil sowohl bei den werbenden Unternehmen als auch bei der Beklagten zu erlangen. Diese zusätzliche Chance stellt nach Auffassung des BGH jedoch keine unlautere Wettbewerbsbehinderung der Mitbewerber dar. Der Beklagten soll es freistehen, sich in besonderem Maße um die Kunden zu bemühen, die von ihren Mitbewerbern mit Gutscheinen und Kundenbindungsprogrammen umworben werden.

Nach Auffassung des BGH liegt auch keine unlautere Irreführung der (potenziellen) Kunden gem. § 5 Abs. 1 UWG a. F. vor. Die Werbung der Beklagten bezieht sich in ihrer Werbung eindeutig nur auf ihr eigenes Unternehmen und erweckt dadurch nicht den Eindruck, dass hier eine Kooperation zwischen verschiedenen Drogeriemarktketten vorliegt. Aus Verbrauchersicht liegt es laut BGH daher fern, darin eine abgesprochene Werbekampagne mehrerer Unternehmen zu sehen.

Anmerkung

Mit dieser Entscheidung führt der BGH seine bisherige Rechtsprechung konsequent fort. Ein Eindringen in den Kundenkreis eines Mitbewerbers ist damit nicht grundsätzlich verboten, sondern stellt vielmehr ein typisches Marktverhalten dar. Ein wettbewerbswidriges Verhalten setzt voraus, dass sich der Abfangende gewissermaßen zwischen den Mitbewerber und den Kunden stellt und diesen eine Änderung seines Kaufentschlusses „aufdrängt“.

Das Angebot, Gutscheine von Mitbewerbern einlösen zu können, stellt nach Auffassung des BGH zwar eine Behinderung der betroffenen Mitbewerber dar, überschreitet die Schwelle zur Unlauterkeit jedoch nicht. Den angesprochenen Verbrauchern steht es weiterhin frei, die Gutscheine bei ihrem bevorzugten Drogeriemarkt einzulösen. Sie können die Werbung der Beklagten ignorieren oder die Gutscheine sogar bei beiden Unternehmen einlösen.

Diese Rechtsprechung eröffnet Unternehmen neue Möglichkeiten. Da letztlich jedoch stets eine Einzelfallprüfung erfolgen muss, ist eine vorherige Prüfung derartiger Werbemaßnahmen zu empfehlen.

Rechtsanwältin Britta Lissner, LL.M.
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