Entscheidung des Monats | EuG: Kläger hat nur Anspruch auf Ersatz des sicheren Schadens

Das Europäische Gericht Erster Instanz hat mit Urteil vom 21. Februar 2024 die Klage zweier Anbieterinnen von Desinfektionsrobotern auf Schadensersatz gegen die EU-Kommission abgewiesen (EuG, 21.02.2024, T-38/21). In der Sache ging es um ein auf dem Höhepunkt der Covid-19-Krise durchgeführtes Verhandlungsverfahren ohne vorherige Veröffentlichung einer Auftragsbekanntmachung für den Kauf von Desinfektionsrobotern für Krankenhäuser.

Das Gericht hielt zunächst die Klagebefugnis der im Vereinigten Königreich und in den Niederlanden ansässigen Medizintechnikunternehmen für gegeben. Klagebefugt für eine Klage gegen Maßnahmen eines EU-Organs sei, wer nicht nur unmittelbar, sondern auch individuell betroffen ist. Sofern der Kläger nicht Adressat einer Maßnahme ist, sei dies nur dann der Fall, wenn die angefochtene Entscheidung den Kläger aufgrund persönlicher Eigenschaften, oder besonderer, ihn aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und ihn daher in ähnlicher Weise individualisiert, wie den Adressaten einer Vergabeentscheidung.

Das Gericht befindet, dass ein Wirtschaftsteilnehmer im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens ohne Auftragsbekanntmachung von der Vergabeentscheidung zugunsten eines Dritten dann individuell betroffen ist, wenn er nicht zur Abgabe eines Angebots aufgefordert wurde, obwohl er die angewandten Auswahlkriterien erfüllt.

Das Gericht führt weiter aus, dass der Schadensersatzanspruch eines Wirtschaftsteilnehmers gegen die EU-Kommission wegen des Verzichts auf eine Auftragsbekanntmachung voraussetze, dass dieser zweifelsfrei den Zuschlag für den Auftrag erhalten hätte. Somit könnten die Klägerinnen in diesem Fall nur einen Anspruch auf Ersatz des sicheren Schadens geltend machen. Sie müssen daher nachweisen, dass sie entsprechend den Zuschlagskriterien das wirtschaftlichste Angebot abgegeben und daraus folgend den Zuschlag erhalten hätten. Dies verneint das Gericht im vorliegenden Fall und weist die Schadensersatzklage ab. Die Klägerinnen hätten nicht nachgewiesen, dass kein Zweifel daran bestanden hätte, dass sie den Zuschlag für den Auftrag erhalten hätten, wenn sie im Rahmen des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Veröffentlichung der Auftragsbekanntmachung zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert worden wären. Insbesondere sei der Vortrag der Klägerinnen in Bezug auf die Zuschlagskriterien der Qualität und der Schnelligkeit der Versorgung des ausgewählten Krankenhauses einschließlich der Schulung des Personals, der technischen Unterstützung und der Gerätewartung, von diesen mangelhaft unterlegt.

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Dr. Stephan Rabe

Dr. Stephan Rabe

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