Weihnachtsbaumkulturen: nur „Scheinbestandteile“ des Grundstücks?

Werden Weihnachtsbaumkulturen zusammen mit dem Grundstück erworben, unterliegt nur der das Grundstück betreffende Teil des Kaufvertrags der Grunderwerbsteuer. Der Kauf der Weihnachtsbäume ist grunderwerbsteuerfrei, weil die Weihnachtsbäume kein wesentlicher Bestandteil des Grundstücks, sondern nur Scheinbestandteile sind. Dies entschied das Finanzgericht (FG) Münster mit Urteil vom 14.11.2019, Az. 8 K 168/19 GrE.

Der Fall

Der Kläger hatte ein Grundstück mit darauf stehenden Weihnachtsbäumen erworben. Der Kaufpreis für die Grundstücke und den Aufwuchs betrug insgesamt 321.364,35 Euro. Im Kaufvertrag wurde dieser Kaufpreis in zwei Beträge aufgeteilt, nämlich den Teilbetrag für Grund und Boden in Höhe von 245.000,00 Euro und den Teilbetrag für den Aufwuchs in Höhe von 87.050,00 Euro zzgl. 10,7% Umsatzsteuer (9.314,35 Euro). Der Beklagte setzte die Grunderwerbsteuer fest und zog dabei als Bemessungsgrundlage den Gesamtkaufpreis einschließlich des Teilbetrags für die Weihnachtsbaumkulturen heran. Hieraus ergab sich die Grunderwerbsteuer in Höhe von 22.188,00 Euro (341.346,00 Euro./.100 x 6,5 %). Der Kläger wandte hiergegen – zunächst im Wege des Einspruchsverfahrens – ein, dass der auf die Weihnachtsbaumkulturen entfallende Kaufpreisanteil nicht zur Bemessungsgrundlage gehöre. Die Weihnachtsbaumkulturen würden von der Bepflanzung bis zum Verkauf maximal zehn Jahre auf dem Grundstück verbleiben. Als Bemessungsgrundlage sei daher nur der Teilbetrag für Grund und Boden in Höhe von 245.000,00 Euro heranzuziehen. Der Beklagte entgegnete, der auf die Weihnachtsbaumkulturen entfallende Kaufpreisanteil gehöre zur Gegenleistung für den Erwerb des Grundstücks. Die Bäume seien auf dem Boden gewachsen und noch darin verwurzelt. Er stützte sich hierbei maßgeblich auf § 94 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach Pflanzen bereits mit dem Einpflanzen wesentliche Grundstücksbestandteile werden. Auch trug er vor, dass Weihnachtsbaumkulturen ebenso wie Bäume im Wald nicht umgeschult würden. Wie lange die Bäume tatsächlich noch auf dem Grundstück verblieben, sei unerheblich.

Entscheidung des Finanzgerichts Münster

Das FG Münster gab der Klage des Käufers gegen dieses Vorgehen statt. Der angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid sei rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten:

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) unterliegt ein Kaufvertrag der Grunderwerbsteuer, soweit er sich auf inländische Grundstücke bezieht. Im Hinblick auf die auf den Grundstücken gepflanzten Weihnachtsbäume beziehe sich der Vertrag nicht auf ein Grundstück. Die Weihnachtsbäume seien – entgegen der Auffassung des Beklagten – auch keine wesentlichen Bestandteile des erworbenen Grundstücks:

Nach § 94 Abs. 1 Satz 1 BGB gehören zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, sowie die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen. Nach § 94 Abs. 1 Satz 2 BGB werden Samen mit dem Aussäen und eine Pflanze mit dem Einpflanzen wesentlicher Bestandteil des Grundstücks. Nach § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB gehören aber solche Sachen nicht zu den Bestandteilen des Grundstücks, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind (sog. Scheinbestandteile). Eine Sache ist zu einem nur vorübergehenden Zweck verbunden, wenn die Verbindung zeitlich begrenzt ist, wobei das Ende auch erst nach Jahren oder Jahrzehnten eintreten kann.

Zwar liegen, so das FG Münster, jedenfalls mit dem Einpflanzen der Weihnachtsbäume die Voraussetzungen des § 94 Abs. 1 Satz 2 BGB vor. Die Weihnachtsbäume seien aber nur zu einem vorübergehenden Zweck mit den Grundstücken verbunden. Der Kläger beabsichtige, die Bäume der Weihnachtsbaumkulturen zu entnehmen und als Weihnachtsbäume zu verkaufen. An der Einstufung der Weihnachtsbäume als Scheinbestandteil ändere auch die vom Beklagten betonte Tatsache, dass die Bäume nicht umgeschult werden, nichts. Hieraus wolle der Beklagte ableiten, dass die Weihnachtsbäume wie die sonstigen Waldflächen auf dem gekauften Grundstück zu behandeln seien und somit der Grunderwerbsteuer unterlägen. Jedenfalls im Streitfall sei aber trotz fehlender Umschulung eine dauerhafte Verbindung der Weihnachtsbäume mit dem Grund und Boden ausgeschlossen. Angesichts des beabsichtigten Verkaufs sei nur hinsichtlich der Wurzelballen eine dauerhafte Verbindung der Bäume zum Erdreich denkbar. Die Wurzelballen verblieben aber nach dem Fällen nicht im Ganzen in der Erde, sondern würden zerkleinert und der Erde sodann als „Mulchmaterial“ zugeführt. Als Bemessungsgrundlage war danach nur der auf den Grund und Boden entfallende Teilbetrag in Höhe 245.000,00 Euro anzusetzen. Hieraus ergab sich eine korrigierte Grunderwerbsteuer von 15.925,00 Euro.

Praxishinweis

Der Erwerb von Grundstücken unterliegt der Grunderwerbsteuer und zieht kostenrechtliche Folgen für die Eintragung von Vormerkung und Eigentum nach sich. Das gilt auch bei forstwirtschaftlich genutzten Flächen. Der Erwerb eines Grundstücks mit aufstehenden Pflanzen unterliegt aber nur dann insgesamt der Grunderwerbsteuer, wenn die Pflanzen nicht nur vorübergehend mit dem Grundstück verbunden sind. Andernfalls handelt es sich lediglich um sog. Scheinbestandteile des Grundstücks, so dass der hierauf entfallende Kaufpreis nicht der Grunderwerbsteuer unterliegt. Gleichwohl legen die Grundbuchämter und Grunderwerbsteuerstellen der Finanzämter bei der ersten Bearbeitung regelmäßig den Gesamtkaufpreis eines Grundstücks zu Grunde, was der Steuer- und Kostenschuldner – wie gezeigt – nicht immer anstandslos hinnehmen muss.