Vertragsgestaltung: Vorsicht bei der Aufrechnungsbeschränkung

Eine AGB-Klausel im gewerblichen Mietvertrag, nach der die Aufrechnung nur mit solchen Forderungen zulässig sein soll, die von dem Verwender anerkannt oder rechtskräftig festgestellt worden sind, ist unwirksam. Dies entschied das Brandenburgische Oberlandesgericht mit Urteil vom 19. Februar 2019 – 3 U 59/17.

Der Fall

Der Kläger vermietete an den Beklagten Flächen zum Betrieb eines Versicherungsbüros. Der Mietvertrag enthielt u. a. folgende Regelung:

„Der Mieter kann gegenüber der Miete oder sonstigen Forderungen des Vermieters weder mit Gegenforderungen aufrechnen noch ein Mietminderungs- oder Zurückbehaltungsrecht ausüben, es sei denn, dass Forderungen des Mieters vom Vermieter anerkannt oder rechtskräftig festgestellt sind.“

Schadenersatz- oder Minderungsansprüche wegen Mängeln der Mietsache oder wegen Störungen im Betrieb des Mietobjektes und seiner technischen Einrichtungen sollte der Mieter zudem nur dann haben, wenn „der Vermieter den Mangel oder die Störung vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat oder der Vermieter mit der Mängelbeseitigung vorsätzlich oder grob fahrlässig in Verzug gerät“.

Anfang September 2011 kam es in den Gewerberäumen zu einem Wassereintritt. Es wurde festgestellt, dass das Wasser durch ein quer an der Rohdecke des Mietobjekts verlaufendes Rohr austrat und das Rohr repariert werden musste. Eine sofortige Reparatur ließ der Kläger gleichwohl nicht durchführen. Ende September kam es daraufhin zu einem Rohrbruch, wodurch die Gewerberäume erheblich verunreinigt wurden. Der Beklagte minderte daraufhin die Miete und machte gegenüber dem Kläger Schadenersatzansprüche geltend. Der Kläger klagte auf Zahlung von Miete und ausstehender Nebenkosten, woraufhin der Beklagte – hilfsweise – die Aufrechnung mit seinen Ansprüchen auf Schadenersatz erklärte.

Entscheidung des OLG Brandenburg

Die hilfsweise Aufrechnung des beklagten Mieters hatte Erfolg. Der mietvertragliche „Aufrechnungsausschluss“ verstößt gegen § 307 BGB („unangemessene Benachteiligung“). Zwar sind Klauseln, die die Aufrechnungsmöglichkeit auf rechtskräftig festgestellte oder unbestrittene Forderungen beschränken, grundsätzlich zulässig. Im Unterschied hierzu sind jedoch Formulierungen, nach denen die Aufrechnung nur mit solchen Forderungen zulässig sein soll, die von dem Verwender anerkannt oder rechtskräftig festgestellt worden sind, wiederholt für unzulässig erklärt worden. Denn diese sind dahingehend auszulegen, dass die Zulässigkeit der Aufrechnung auch mit unbestrittenen Gegenforderungen von deren Anerkennung durch den Verwender abhängig gemacht wird. Solche Klauseln stellen es damit in das Belieben des Verwenders, dem Mieter die Aufrechnung selbst mit unbestrittenen Gegenforderungen zu versagen. Im Ergebnis würde die Aufrechnungsbefugnis des Mieters damit auf rechtskräftig festgestellte Gegenrechte beschränkt. Eine derartig empfindliche Verkürzung der Gegenrechte des Beklagten benachteiligt diesen entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist unwirksam (siehe hierzu auch BGH, Urteil vom 27.06.2007, XII ZR 54/05).

Auch die Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit ist, soweit sie sich auf die Einschränkung des Minderungsrechtes bezieht, nach § 307 BGB unwirksam. Im Zweifel ist diese nämlich so auszulegen, dass der Mieter bei einem Mangel, den der Vermieter nicht grob fahrlässig oder vorsätzlich zu vertreten hat, umfassend mit seinem Minderungsrecht ausgeschlossen ist. Ein vollständiger Ausschluss der Minderung ist aber wegen eines Verstoßes gegen das Äquivalenzprinzip unzulässig.

Auch die Beschränkung des Schadenersatzanspruches auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz ist unwirksam. Zwar können die Mietvertragsparteien grundsätzlich Schadenersatzansprüche auch formularvertraglich begrenzen. Die im vorliegenden Fall verwendete Klausel betrifft aber die verschuldensabhängige Haftung des Vermieters aus § 536a Abs. 1, 2. und 3. Alt. BGB. Da sie nicht klar zwischen Körperschäden und sonstigen Sach- oder Vermögensschäden differenziert, ist sie bereits nach § 309 Nr. 7a BGB, der gemäß §§ 307, 310 BGB auch für den Verkehr unter Unternehmern gilt, unwirksam, weil sie die Haftung auch Körperschäden betreffend auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz beschränkt.

Praxishinweis

Das Urteil zeigt einmal mehr, wie präzise Aufrechnungs- und Haftungsbeschränkungen in Mietverträgen formuliert werden müssen. Auf den ersten Blick mag es unerheblich erscheinen, ob eine Gegenforderung „unstreitig“ oder „anerkannt“ ist. Die Wahl der Formulierung hat jedoch weitreichende Folgen für die Wirksamkeit der jeweiligen Klausel. Der Fall zeigt auch, wie misslich die Beschränkung von Schadenersatzansprüchen für den jeweiligen Mieter sein kann. Wäre bei der vorliegenden Haftungsbeschränkung klar zwischen Körperschäden und sonstigen Schäden differenziert worden, wäre die Klausel wirksam gewesen. Hätte das Gericht das Verhalten des Vermieters dann als lediglich fahrlässig und nicht als „grob fahrlässig“ erachtet, hätte der Mieter gegenüber seinem Vermieter keine Schadenersatzansprüche geltend machen können.