Schadenersatzpflicht bei Untervermietung von Gewerberäumen zwecks Abwendung der Räumungsvollstreckung

Bei vertragswidriger Untervermietung zur bewussten Verhinderung oder Erschwerung der Vollstreckung ist der Mieter dem Vermieter nach § 826 BGB zum Schadenersatz verpflichtet, wenn er den Erlass eines Räumungsurteils gegen ihn vorhersehen kann. Ist die Mieterin eine GmbH, kann der Geschäftsführer persönlich wegen eines Missbrauchs der korporativen Haftungsbeschränkung haften. Dies entschied das OLG München mit Teilurteil vom 02.05.2019, Az.: 32 U 1436/18.

Der Fall

Die Klägerin – als Eigentümerin eines Objekts mit 18 Wohn- und Teileigentumseinheiten, das als Boardinghaus für Medizintouristen genutzt wurde – schloss mit der Beklagten zu 1) – einer GmbH – im April 2014 einen Gewerberaummietvertrag. Das Mietobjekt hatte die Klägerin zuvor von dem Beklagten zu 2) – einem Immobilienmakler – erworben, der die beklagte GmbH gründete und deren Geschäftsführer wurde. Nachdem es im Anschluss wiederholt zu verspäteten und nur teilweisen Mietzahlungen seitens der Beklagten zu 1) kam, kündigte die Klägerin im Oktober 2014 den Mietvertrag. Da das Objekt nicht herausgegeben wurde, erhob die Klägerin im Dezember 2014 Räumungsklage gegen die Beklagten zu 1) und zu 2), woraufhin die Klägerin im September 2016 einen Vollstreckungstitel erlangte.

Zum 15.09.2017 hatte die Klägerin die Räumlichkeiten an eine Aktiengesellschaft vermietet und betrieb deshalb die Räumungsvollstreckung. Kurz vor der Räumung durch einen Gerichtsvollzieher im September 2017 vermietete die Beklagte zu 1) die Mieteinheiten zum 01.07.2017 an eine andere Aktiengesellschaft, deren Aufsichtsrat der Beklagte zu 2) war. Mangels Titels gegen diese Aktiengesellschaft blieb die Räumung erfolglos. Erst in einem weiteren Verfahren konnte sich die Klägerin einen Titel gegen diese Aktiengesellschaft erstreiten und ihr Objekt am 21.12.2017 erfolgreich räumen lassen.

Die Klägerin forderte sodann beide Beklagten zur Zahlung von Mietrückständen und Nutzungsentschädigung bzw. Schadenersatz auf. In der ersten Instanz wurde die Klage gegen den Geschäftsführer abgewiesen. Hiergegen richtete sich die Berufung der Klägerin.

Entscheidung des Oberlandesgerichts

Diese hatte teilweise Erfolg. Das OLG München verurteilte den Geschäftsführer zum Schadenersatz gem. § 826 BGB und § 823 Abs. 1 BGB. Denn der Abschluss des Untermietvertrages stelle eine sittenwidrige Schadenszufügung zu Lasten der Klägerin dar, die auch als vertragswidrig einzuordnen sei. Unabhängig von den Regelungen der Untervermietung war das Mietverhältnis bereits zum 16.10.2014 – also ca. drei Jahre vor der Untervermietung – beendet worden, weshalb es auf § 540 Abs. 1 BGB nicht mehr ankomme. Die besondere Verwerflichkeit leitete das Gericht daraus ab, dass der Beklagte zu 2) mit Abschluss des Untermietvertrages bereits zur Räumung verurteilt worden war. Zwar sei die vertragswidrige Untervermietung im laufenden Mietverhältnis regelmäßig nicht in diesem Sinne verwerflich. Sittenwidrig ist eine Untervermietung aber dann, wenn sie erfolgt, um die Vollstreckung aus einem Räumungsurteil zu verhindern oder zu verzögern. Dann missbrauche der Mieter seine formale Stellung als Besitzer der Mietsache, um die rechtmäßige Ausübung der von dem Gegner im Prozess erworbenen Rechtsposition zu verhindern. Auch den Vorsatz des Beklagten zu 2) bejahte das Gericht, insbesondere da dieser wusste, dass die Klägerin schon aus dem vorläufig vollstreckbaren Urteil die Räumung betreiben wollte.

Als Geschäftsführer der GmbH hafte der Beklagte zu 2) in diesem Fall ausnahmsweise persönlich, da sich im Schaden kein unternehmerisches Risiko verwirklicht habe. Denn die sittenwidrige Schädigung werde nicht von dem typischen Unternehmerrisiko umfasst. Daneben begründet sich die deliktische Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB aus der Verletzung des Eigentums der Klägerin. Denn die Untervermietung habe die Vollstreckung des Herausgabeanspruchs aus § 985 BGB – ohne Recht zum Besitz der Beklagten zu 1) – erschwert, was einer Eigentumsbeeinträchtigung gleichkomme. Hierfür hafte der Geschäftsführer auch unmittelbar, da ihn eine Garantenstellung für das Eigentum der Klägerin treffe.

Praxishinweis

Mit der Entscheidung des OLG München wird ein klares Zeichen gegen Verzögerungstaktiken des Mieters zur Vermeidung einer Räumung durch Untervermietung gesetzt. Auch wenn § 826 BGB grundsätzlich nur besondere Ausnahmefälle umfasst, stützt das Gericht die Entscheidung ausdrücklich auch auf die deliktische Haftung des § 823 Abs. 1 BGB in Form der Eigentumsbeeinträchtigung. Gewerbevermieter, die ein Räumungsurteil erlangt haben, sollen vor unzulässigen Verzögerungen durch schnelle – der Räumung zuvorkommende Untervermietungen – geschützt werden. Denn für die Räumung braucht der Vermieter einen Titel gegen den Untermieter. Auch wenn er hierfür auf die einstweilige Verfügung gegen den Untermieter zurückgreifen kann, was umstritten ist, aber jüngst in der obergerichtlichen Rechtsprechung bestätigt wurde, dürfte diese gerichtlich bestätigte persönliche Haftung des Geschäftsführers in derartigen Konstellationen abschreckende Wirkung entfalten. Dies gilt insbesondere für Fälle, in denen Geschäftsführer, denen ein Grundstück im Rahmen eines Mietverhältnisses anvertraut wurde, beteiligt sind. In derartigen Fällen verwirklicht sich grundsätzlich kein unternehmerisches Risiko, sondern vielmehr eine sittenwidrige Schädigung.

Rechtsanwalt Felix Erler
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