OLG Jena/BGH: Aktuelles zur Abnahme bei Architektenleistungen

Die konkludente Abnahme einer Architekten- oder Ingenieurleistung kann darin liegen, dass der Bauherr nach Fertigstellung der Leistung und nach Ablauf einer angemessenen Prüffrist keine Mängel der Architekten- bzw. Ingenieurleistung rügt, so das OLG Jena in seinem Urteil vom 07.05.2014 zum Az. 2 U 70/13 (vom BGH jüngst mit Beschluss vom 04.01.2017 zum Az. VII ZR 133/14 bestätigt).

Für den Architektenwerkvertrag sieht das Gesetz – wie für jeden Werkvertrag – die Abnahme der Leistung vor (§ 640 BGB). Erst mit der Abnahme beginnt die Gewährleistungsfrist zu laufen. In der Praxis werden Architektenleistungen aber oftmals nicht ausdrücklich abgenommen. Dann aber stellt sich die Frage, ob und ggf. wann die Gewährleistungsfrist zu laufen beginnt. Auch das OLG Jena hatte sich in seinem Urteil vom 07.05.2014 zum Az. 2 U 70/13 mit dieser Frage zu befassen, denn auch dort wurde die Architektenleistung nicht ausdrücklich abgenommen. Allerdings hatte der Bauherr das fertiggestellte Bauwerk bezogen und auch danach keine Mängel der Architektenleistung gerügt. Das OLG kommt zu dem Schluss, dass das Werk dann jedenfalls nach Ablauf einer angemessenen Prüffrist konkludent abgenommen sei. Vor Ablauf einer angemessenen Frist, deren Länge von der allgemeinen Verkehrserwartung bestimmt werde, könne der Architekt im Regelfall redlicherweise keine Billigung seines Werks erwarten. Der Besteller benötige für die Prüfung des Werks eines Architekten, der mit Planungs- und Überwachungsaufgaben betraut ist, einen angemessenen Zeitraum. Denn er müsse verlässlich feststellen können, ob das Bauwerk den vertraglichen Vorgaben entspricht, insbesondere die vereinbarten Funktionen vollständig erfüllt sind und etwaige Beanstandungen auf Fehler des Architekten zurückzuführen sind. Dieser für die Prüfung notwendige Zeitraum bestimme die in jedem Einzelfall zu bestimmende Frist und damit auch den Zeitpunkt, zu dem eine konkludente Abnahme in Betracht komme. In Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH meint das OLG, dass hier auch die im Regelfall anzusetzenden sechs Monate ausreichend sein müssten. Folglich begann der Lauf der Gewährleistungsfrist nach den Feststellungen des OLG sechs Monate nach Fertigstellung des Bauwerks. Der BGH hat die Entscheidung des OLG Jena und damit seine Rechtsprechung aus dem Urteil vom 26.09.2013 zum Az. VII ZR 220/12 bestätigt (Beschluss vom 04.01.2017, Az. VII ZR 133/14).

Anders wäre dieser Fall allerdings zu beurteilen, wenn der Architekt auch mit der  Leistungsphase 9 gemäß § 34 HOAI (Objektbetreuung) beauftragt gewesen wäre. Denn in diesem Fall ist die Leistung des Architekten mit der Fertigstellung und Abnahme des Bauwerks noch nicht beendet. Dann kann das Architektenwerk mangels „Fertigstellung“ auch nicht konkludent durch rügelose Zahlung der Schlussrechnung oder Bezug des Objekts  abgenommen werden. Dies kann unter Umständen dazu führen, dass der Architekt sogar noch nach fast zehn Jahren nach Abnahme der eigentlichen Bauleistung für Mängel haftet, so beispielsweise das OLG Schleswig in einem aktuellen Urteil vom 28.04.2017 zu Az. 1 U 165/13. Vor einer derart langen Haftung kann sich der Architekt bislang dadurch schützen, dass er entweder die Leistungen der Leistungsphase 9 gar nicht erst anbietet oder aber sich vertraglich einen Anspruch auf Teilabnahme jedenfalls nach Beendigung der Leistungsphase 8 einräumt. Der Gesetzgeber hat inzwischen auf dieses doch erhebliche Haftungsrisiko für Architekten reagiert und sieht künftig im neuen Bauvertragsrecht einen Anspruch auf Teilabnahme vor.