OLG Hamm: Architekt muss Planung seines Vorgängers nicht ohne konkreten Anlass überprüfen

Entscheidet sich ein Bauherr, den von ihm beauftragten Architekten während der Durchführung des Bauvorhabens auszutauschen, trifft den Nachfolger grundsätzlich nicht die Pflicht, die Planungsleistungen seines Vorgängers zu überprüfen, so das OLG Hamm in seinem Urteil vom 31.01.2018 (Az. 12 U 23/17).

Sachverhalt

Die Klägerin war als Projektgesellschaft an der Errichtung eines 15-stöckigen Bürohauses beteiligt. Mit der Planung der Gebäudetechnik beauftragte sie zunächst ein Ingenieurbüro, dem der Auftrag jedoch unmittelbar nach Eintritt in Leistungsphase 3 wieder entzogen wurde. Sämtliche Planungen ab Leistungsphase 3 wurden anschließend auf das Architekturbüro der Beklagten übertragen. In dem entsprechenden Vertrag wurde u. a. vereinbart, dass die Beklagte verpflichtet sei, die vorliegende Planung zu überarbeiten.

Das zunächst beauftragte Ingenieurbüro hatte zuletzt eine Entwurfsplanung erstellt, die u. a. die Zuführung von Zuluft über eine Lüftungsanlage vorsah. Eine Einrichtung zur Befeuchtung der zugeführten Luft war hierbei nicht vorgesehen. Diese Planung wurde von der Beklagten später ohne Korrektur übernommen.

Nach Fertigstellung des Bürogebäudes behauptete die Klägerin, die Beklagte habe die geschuldeten Planungsleistungen mangelhaft erbracht. Die Luftfeuchtigkeitswerte in den Räumen des Gebäudes seien zu niedrig und entsprächen nicht den anerkannten Regeln der Technik. Die erstinstanzliche Klage auf Schadensersatz vor dem LG Bochum blieb ohne Erfolg.

Entscheidung

Die Berufung der Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil hat das OLG Hamm nun zurückgewiesen. Ein eigener Planungsfehler der Beklagten liege nicht vor, da sie nicht verpflichtet gewesen sei, eine Befeuchtungsanlage zu planen. Die Frage, ob eine Befeuchtungsanlage eingebaut werden müsse, sei eine konzeptionelle Entscheidung, die bereits durch das zunächst beauftragte Ingenieurbüro in den Leistungsphasen 1 und 2 getroffen worden sei. Die zwischen den Streitparteien vereinbarte Überarbeitung der bisherigen Planungen bedeute nicht, dass die Planung der Leistungsphasen 1 bis 3 wiederholt werden müsse. Die Beklagte durfte in Leistungsphase 3 deshalb auf die vorangegangene konzeptionelle Entscheidung zurückgreifen.

Das OLG Hamm führt in seinem Urteil ferner aus, dass die Beklagte auch keine („Fremd“-)Verantwortung für einen etwaigen Planungsfehler ihres Vorgängers treffe. Ein nachfolgend beauftragter Architekt müsse die Vorplanung bei Fehlen konkreter Anhaltspunkte nicht auf ihre Richtigkeit überprüfen. Eine Hinweispflicht bestehe nur dann, wenn der Nachplaner bei durchschnittlich zu erwartenden Kenntnissen eines Architekten den Fehler des vorher tätigen Kollegen bemerken musste oder wenn vermeidbare Fehler passierten. Beides sei hier nicht der Fall gewesen.

Erwähnt sei, dass das OLG Hamm eine Haftung der Beklagten für einen etwaigen Planungsfehler ihres Vorgängers auch mit dem Hinweis darauf abgelehnt hat, dass die Planung des Vorgängers bereits keinen Verstoß gegen die anerkannten Regel der Technik erkennen lasse. Dieser Umstand ändert freilich nichts daran, dass sich dem vorliegenden Urteil wertvolle Anhaltspunkte für vergleichbare Konstellationen entnehmen lassen, in denen ein solcher Verstoß eventuell festzustellen ist.

Fazit

Das Urteil des OLG Hamm ist aus Sicht von Planern und Architekten zu begrüßen, da es deren Haftung bei Übernahme eines bereits begonnenen Projekts klar begrenzt. Darüber hinaus werden klare Leitlinien für den Umfang von Prüfungspflichten aufgestellt, an denen sich Berufsträger, die sich in der geschilderten Situation befinden, orientieren können.

Rechtsanwalt Amaury Korte
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