OLG Brandenburg zu den Anforderungen an eine Bedenkenanmeldung bei Bauverträgen

Das OLG Brandenburg hat sich in seinem aktuellen Urteil vom 20.05.2020 – 11 U 74/18 – mit den an einen ordnungsgemäßen Bedenkenhinweis zu stellenden Anforderungen befasst. Demnach muss der Hinweis zur rechten Zeit, in der gebotenen Form, mit der notwendigen Klarheit und gegenüber dem richtigen Adressaten erfolgen. Fehlt es an diesen Voraussetzungen, so dass der Auftraggeber nicht veranlasst wird, die veränderte Ausführung zu überprüfen, bleibt der Bedenkenhinweis ohne Wirkung.

Sachverhalt

Der auf Holzbau spezialisierte Auftraggeber beauftragt den Auftragnehmer, ein Fachunternehmen im Bereich Heizung und Sanitär, mit der Installation von Rohrleitungslüftungen auf Holzbauelementen. Im Zuge der Ausführung fordert der Architekt des Auftraggebers, die Rohrbelüfter so anzubringen, dass sie in die Wände der einzelnen Bäder eingebaut werden können. Der Auftragnehmer äußert gegen diese Art der Lüftung Bedenken, wobei Art und Intensität von deren Kundgabe zwischen beiden Seiten streitig ist. Nach Fertigstellung der Arbeiten ergibt eine Überprüfung, dass die Abwasseranschlüsse nicht den Regeln der Technik entsprechen und eine DIN-gerechte Ausführung mit den in den Wänden installierten Rohrbelüftern nicht zu erreichen ist. Der Auftraggeber verklagt den Auftragnehmer daher auf Zahlung von Beseitigungskosten und Kostenvorschuss.

Das Landgericht gab dem Auftraggeber lediglich in Höhe einer Quote von 25 % der Hauptforderung Recht. Es stünde zwar fest, dass der Auftragnehmer nicht eindeutig und mit dem nötigen Nachdruck auf Bedenken hingewiesen habe. Allerdings sei zu seinen Lasten ein Mitverschulden in Höhe von insgesamt 75 % anzurechnen, weil zum einen die unstreitig von dem Auftragnehmer angemeldeten Zweifel nicht von dem Auftraggeber aufgeklärt worden seien und zum anderen das Planungsverschulden des Architekturbüros bei dem Auftraggeber verortet werden müsse.

Entscheidung

Das Oberlandesgericht Brandenburg ändert das erstinstanzliche Urteil ab und verurteilt den Auftragnehmer zur vollständigen Zahlung der Klageforderung.

Der darlegungs- und beweisbelastete Auftragnehmer müsse für eine wirksame Bedenkenanmeldung nachweisen, dass er die Bedenken in der gebotenen Form, mit der notwendigen Klarheit und gegenüber dem richtigen Adressaten erklärt habe. Insbesondere seien die nachteiligen Folgen der veränderten Ausführung und die sich daraus ergebenden Gefahren unverzüglich, zutreffend, inhaltlich klar, vollständig, erschöpfend und konkret darzulegen, damit die Tragweite der Nichtbefolgung des Hinweises erkennbar werde. Erklärungen pauschalen Inhalts seien – jedenfalls von einem Fachunternehmen – unzulänglich.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sei festzustellen, dass der Auftragnehmer seine Bedenken nicht in der erforderlichen Art und mit der notwendigen Klarheit vorgebracht habe. Es sei nicht ausreichend, soweit sich der Auftragnehmer hierzu auf den allgemein gehaltenen Hinweis, „dass diese Ausführung so nicht funktionieren kann“, beschränkt habe. Der Auftragnehmer hätte die nachteiligen Folgen der veränderten Abwasserrohrlüftung und die sich daraus ergebenden Gefahren konkret darlegen müssen. Auch wenn in diesem Fall der Auftraggeber selbst Bauunternehmer sei, könnten von ihm Kenntnisse hinsichtlich möglicher Lüftungsvarianten eines Abwasserrohres nicht erwartet werden.

Damit sei der Bedenkenhinweis unzulänglich gewesen. Auch ein solch ungenügender Hinweis könne zwar dafür ausreichen, dass sich der Auftraggeber im eigenen Interesse (Obliegenheit) darüber Gedanken macht und ggf. Rat einholt, was wiederum ein Mitverschulden (§ 254 BGB) des Auftraggebers begründen könnte. Ein entsprechendes Mitverschulden sei vorliegend jedoch zu verneinen, weil der Hinweis zu wenig nachhaltig gewesen sei und den Auftraggeber deshalb nicht habe veranlassen können, selbst in die vertiefte Prüfung einzutreten, so dass im Ergebnis der Auftragnehmer die vollen Mängelbeseitigungskosten zu tragen habe.

Fazit

Das OLG Brandenburg arbeitet in seinem Urteil die Voraussetzungen eines haftungsbefreienden Bedenkenhinweises plastisch auf. Die Entscheidung zeigt deutlich die Tragweite eines unzureichenden Hinweises. Auftragnehmer sind gut beraten, Hinweise so konkret wie möglich zu formulieren und dabei vor allem dem Wissens- und Kenntnisstand des Auftraggebers Rechnung zu tragen.