Mängelrechte des BGB vor Abnahme? Nach wie vor keine höchstrichterliche Entscheidung.

Nach wie vor ist die Anwendbarkeit der werkvertraglichen Mängelrechte des BGB vor Abnahme umstritten. Eine höchstrichterliche Entscheidung, die Klarheit schaffen könnte, steht weiterhin aus.

Mit der umstrittenen Fragestellung, ob die Mängelrechte des BGB nach §§ 634 ff. BGB auch bereits vor Abnahme anwendbar sind, hat sich das OLG Celle im Urteil vom 11.05.2016, Az. 7 U 164/15, befasst. Im zu entscheidenden Fall klagte ein Auftragnehmer eines BGB-Werkvertrages auf Restwerklohn. Der Auftraggeber verteidigte sich u. a. mit der fehlenden Fälligkeit des Restwerklohns, da er unter Hinweis auf zahlreiche und gravierende Mängel die Abnahme verweigert habe. Widerklagend beantragte der Auftraggeber, den Auftragnehmer zu verurteilen, Kostenvorschuss zur Mangelbeseitigung zu zahlen.

Nach der Schuldrechtsreform in 2002 ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten, ob die Mängelrechte des BGB schon vor der Abnahme entstehen können. Die Regelung zum Beginn der Verjährung der Mängelansprüche nach §§ 634 ff. BGB lässt jedenfalls den Schluss zu, dass die Mängelansprüche erst nach Abnahme eingreifen, da die Verjährung derselben erst mit Abnahme beginnt. Der BGH hat diese grundsätzliche Frage zuletzt in seinem Urteil vom 25.02.2016, Az. VII ZR 49/15, ausdrücklich offengelassen. Das OLG Celle hat dem Auftraggeber im vorliegenden Fall den Kostenvorschussanspruch zur Mängelbeseitigung nach § 637 BGB zugestanden. In der vorliegenden Konstellation sprach auch viel dafür. Zu berücksichtigen war nämlich, dass der Auftragnehmer durch seine Werklohnklage selbst die Fälligkeit derselben und damit zwingend die Abnahmefähigkeit seines Werkes behauptet hat. Im Verfahren stellte sich indes heraus, dass jedenfalls Mängel vorlagen, die zwingend zur fehlenden Abnahmereife des Werks führten. Der Auftragnehmer verhält sich indes widersprüchlich, wenn er zum einen zum erforderlichen Nachweis der Fälligkeit seiner Schussrechnung die Abnahmefähigkeit seiner Leistung behauptet, sich zum anderen auf den rechtlichen Einwand zurückzieht, im Falle fehlender Abnahmefähigkeit sei der Kostenvorschussanspruch des Auftraggebers nicht gegeben, da es an der erforderlichen Abnahme zur Herbeiführung des entsprechenden Mängelrechtes fehle.

Insbesondere im Bereich des Bauträgerrechtes, in welchem regelmäßig die Mängelrechte des BGB Anwendung finden, sorgt diese Situation bei bereits im Bauverlauf entdeckten Mängeln für Unsicherheit. Welche Rechte hat der Auftragnehmer? Kann er nach erfolgter fruchtloser Fristsetzung zur Ersatzvornahme schreiten? Es wäre insoweit wünschenswert, nachdem das „neue Schuldrecht“ seit nunmehr über 14 Jahren in Kraft ist, dass Klärung geschaffen würde.