Immobilienkaufvertrag: Makler muss von riskanten Geschäften abraten

Einen Immobilienmakler trifft die Pflicht, seinen Auftraggeber vor möglichen Risiken beim Grundstücksgeschäft zu warnen. Hat er Zweifel an der Zahlungsfähigkeit eines Kaufinteressenten, muss er dem Verkäufer sogar vom Verkauf abraten. Dies stellte das Landgericht Frankenthal mit Urteil vom 07.05.2021, Az. 1 O 40/20, klar.

Der Fall

Der beklagte Makler war von einem Grundstückseigentümer mit dem Verkauf einer Immobilie beauftragt worden. Die Klägerin meldete sich auf das Inserat des Maklers, besichtigte die Immobilie und führte mit dem Eigentümer auch Verkaufsgespräche. Zu einem Erwerb des Anwesens durch die Klägerin kam es indes nicht. Der Makler riet dem Verkäufer von einer Veräußerung an die Klägerin ab, da diese keine Finanzierungsbestätigung vorlegen konnte. Sie hatte sich bereits bei einer anderen Person Geld für die Kaufnebenkosten leihen müssen, so dass sie den Kaufpreis nicht hätte aufbringen können.

Die enttäuschte Klägerin meint, der Makler habe den Abschluss des Vertrages mit ihr zu Unrecht vereitelt. Er habe seine (Treue-)Pflichten aus dem Maklervertrag ihr gegenüber verletzt und sie damit vorsätzlich und sittenwidrig geschädigt. Sie verlangt deshalb Ersatz der Aufwendungen, die ihr im Vertrauen auf den Kauf entstanden seien. Schließlich sei sie sich bereits per Handschlag mit dem Verkäufer einig gewesen, dass der Kaufvertrag im März 2019 beurkundet werde. Sie habe deshalb ihr eigenes Anwesen, in dem sie bisher gewohnt habe, bereits im Januar 2019 ausgeräumt und später wieder einräumen müssen. Ihre Umzugshelfer hätten insgesamt über 2.100 Stunden benötigt, wodurch ihr Kosten in Höhe von Höhe knapp 30.000,00 € entstanden seien.

Entscheidung des Landgerichts Frankenthal vom 07.05.2021

Die Klage hatte keinen Erfolg.

Die Vorgehensweise des Maklers mag, so das Gericht, aus Sicht der Klägerin wenig erfreulich sein. Eine sittenwidrige Schädigung, also ein Handeln, das gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt, könne hierin jedoch nicht gesehen werden. Es sei das Wesen der Aufklärungs- und Beratungspflicht des Maklers, dass dieser seinem Vertragspartner gegenüber gerade auch solche Umstände bekannt gibt, die möglicherweise einem Vertragsschluss durch den Auftraggeber entgegenstehen. Da der Makler über die relevanten Eigenschaften des Vertragspartners aufzuklären hat, müsse er dem Kunden auch Zweifel an der Bonität oder der Erfüllungsbereitschaft der Gegenseite mitteilen. Nachdem sich das Objekt des Verkäufers in einer laufenden Zwangsversteigerung befand und dem Verkäufer an einem schnellen Verkauf gelegen war, habe es lediglich seiner Interessenlage entsprochen, über die unsichere Finanzierungslage informiert zu werden. Denn sein Ziel – die freihändige Veräußerung des Anwesens im Vergleich zu einer möglicherweise finanziell nachteiligen Zwangsversteigerung – habe sich durch die fehlende Absicherung der Kaufpreiszahlung in Gefahr befunden. Hätte der Immobilienmakler nicht vom Verkauf an die Klägerin abgeraten, hätte er sich schadensersatzpflichtig gegenüber dem Verkäufer machen können. Diesem gegenüber bestünden jedenfalls intensivere Nebenpflichten als im Verhältnis zur Klägerin.

Überwiegendes Mitverschulden der Klägerin

Selbst wenn eine Pflichtverletzung des Maklers vorgelegen haben sollte, wäre der Anspruch der Klägerin wegen eines überwiegenden Mitverschuldens ausgeschlossen. Denn der Klägerin sei bewusst gewesen, dass der Beginn des Umzugs im Januar 2019 bei einem vermeintlichen Notartermin Ende März 2019 ein unübersehbares Risiko mit sich bringt. Es liege auf der Hand, dass in einem solchen Zeitraum der Abschluss eines Grundstückskaufvertrages jederzeit scheitern kann. Wie die Klägerin bereits im Januar 2019 mit dem Ausräumen des Hauses beginnen konnte, sei nicht nachvollziehbar. Jedenfalls habe der Makler für diese Vorgehensweise nicht einzustehen. Letztlich erachtete das Gericht auch die geltend gemachte Zahl der angeblich aufgewandten Arbeitsstunden für überhöht und nicht nachvollziehbar.

Praxishinweis

Die Aufklärungs- und Beratungspflichten eines Immobilienmaklers sind umfangreich: Der Makler muss ungefragt alle Tatsachen offenbaren, die für den Vertragsentschluss seines Kunden von wesentlicher Bedeutung sind. Er darf keine falschen Tatsachen äußern oder weitergeben. Zudem ist es ihm verboten, Angebote von Interessenten nicht an den Auftraggeber weiterzuleiten oder potenzielle Kunden durch unrichtige Aussagen abzuschrecken. Wesentlich ist hierbei, dass der Makler seinem Vertragspartner gegenüber gerade auch solche Umstände bekannt gibt, die möglicherweise einem Vertragsschluss durch den Auftraggeber entgegenstehen und daher gerade seinem Wunsch, die Provision zu erlangen, zuwiderlaufen. Um sich nicht schadensersatzpflichtig zu machen, muss der Makler dem Verkäufer daher sogar von besonders riskanten Immobiliengeschäften abraten. Der Makler hat im vorliegenden Fall damit vollkommen richtig gehandelt.