Immobilienkauf: Sind nachträgliche Sonderwünsche/Nachtragsvereinbarungen zusätzlich steuerpflichtig?

In einer aktuellen Entscheidung hatte das Finanzgericht Bremen (09.08.2021, Az.: 2K77/21) die sehr praxisrelevante Fragestellung zu entscheiden, ob Zahlungen für nachträgliche Sonderwünsche des Käufers einer Eigentumswohnung o. Ä. erneut der Grunderwerbsteuerpflicht unterliegen. Meist ist es wie folgt: Zügig nach notariellem Kauf- und Werkvertrag (im Folgenden: Notarvertrag), aber noch vor Abnahme einer noch zu errichtenden Wohnung/eines noch zu errichtenden Hauses, erhalten die Erwerber den üblichen Steuerbescheid mit der Aufforderung zur Zahlung der angefallenen Grunderwerbsteuer. Ob denn für Sonderwünsche der Erwerber, die nach Notarvertrag vereinbart und entsprechend gezahlt werden, ein erneuter Grunderwerbsteuerbescheid zu erlassen ist, war hier die spannende Frage.

Sachverhalt

Mit Notarvertrag erwerben die Käufer eine noch zu errichtende Eigentumswohnung. Vertraglich wird für den Fall von Änderungs- bzw. Sonderwünschen nach Beurkundung (und vor Abnahme) festgehalten, dass diese Änderungen nicht selbst von den Käufern durchgeführt werden durften. Die Ausführung darf ausschließlich nach Abstimmung mit dem Bauträger durch diesen respektive seinen Nachunternehmern gegen zusätzliches Entgelt erfolgen. Nach mehreren Änderungswünschen, wodurch Mehrkosten bedingt wurden, erließ das Finanzamt zusätzlich zum üblichen Grunderwerbsteuerbescheid einen weiteren Steuerbescheid. In diesem weiteren Bescheid wurde die Grunderwerbsteuer auf die zusätzlichen Leistungen im Sinne von § 9 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG festgesetzt. Hiergegen sind die Kläger gerichtlich vorgegangen.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Das Gericht hält fest:

Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer ist gem. § 8 Abs. 1 GrEStG die Gegenleistung; bei einem Grundstückskauf gelte gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG als Gegenleistung insbesondere der Kaufpreis. Hinsichtlich der nachträglichen Sonderwünsche der Käufer, die jeweils ein Mehrentgelt auslösten, gilt: Gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG gehörten zur Gegenleistung auch noch weitere zu bezahlende Leistungen, die der Veräußerer (neben der ursprünglich vereinbarten Leistung) dem Erwerber zusätzlich gewährt. Solche zusätzlichen Leistungen liegen vor, wenn sie mit dem seinerzeitigen Erwerb in einem rechtlichen Zusammenhang stünden. Ein solcher rechtlicher Zusammenhang besteht z. B. dann, wenn sich bereits aus dem ursprünglichen Notarvertrag ein Anspruch auf die spätere zusätzliche Leistung ableiten lässt, hier eben aus der entsprechenden Klausel. Da erst mit der (bindenden) Vereinbarung einer zusätzlichen Leistung jeweils ein eigenständiger Steuertatbestand verwirklicht werde, wirkt diese nicht als rückwirkendes Ereignis i. S. v. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zurück, weshalb der ursprüngliche Erwerbsvorgang unberührt bleibt. Die zusätzliche Gegenleistung i. S. v. § 9 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG sei verwirklicht, ein zusätzlicher Steuerbescheid kann erlassen werden, sobald die Bindung der Vertragspartner hinsichtlich der zusätzlichen Gegenleistung eingetreten sei. Hierfür genüge es, dass die Sonderwünsche, auf denen die weiteren Gegenleistungen beruhten, in dem Bescheid ihrer jeweiligen Art nach, mit dem jeweiligen Zeitpunkt ihrer Vereinbarung und jeweiligem Entgelt, einzeln aufgeführt seien.

Praxishinweis

Klauseln, wonach der Käufer dem Bauträger die Ausführung von Änderungswünschen, die nach Abschluss des Vertrags und vor Abnahme des Bauwerks durch den Käufer geäußert werden, zusätzlich zu vergüten hat, sind in der Praxis sehr weit verbreitet. Die nachträglich entstandenen Kosten für Sonderwünsche sind durch diese Regelung ebenfalls als Gegenleistung i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG einzustufen. Dem Verkäufer (häufig Bauträger) ist dringend zu empfehlen, auf diese (erneute) Steuerpflicht in seinem Sonderwunsch oder Nachtragsvereinbarungen ausdrücklich hinzuweisen. Bisweilen entspricht es nämlich der Üblichkeit, dass das Finanzamt – unabhängig von der meist vertraglich geregelten Grunderwerbsteuerpflicht des Erwerbers – nicht (rechtzeitig) seitens des Erwerbers gezahlte Grunderwerbsteuern bei den Veräußerern einzieht.