Haftung des Architekten bei fehlerhafter Beratung zur Bauüberwachung von Bewehrungsarbeiten

Das OLG Oldenburg hat in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 24.03.2022 – Az. 14 U 50/17) die weitreichenden Leistungspflichten des mit der Objektplanung beauftragten Architekten hervorgehoben. Dieser sei zur Prüfung verpflichtet, ob schadensträchtige Bauarbeiten (hier: Bewehrungsarbeiten) durch einen Sonderfachmann überwacht werden. Fehlt es an einer entsprechenden Bauüberwachung und weist der Architekt den Bauherrn nicht auf die Notwendigkeit hin, steht der Architekt in der Haftung, so das OLG Oldenburg.

Sachverhalt

Der Kläger als privater Bauherr beauftragte einen Architekten mit der Planung und Leitung eines Neubaus gemäß den Leistungsphasen 1 bis 8 des Leistungsbildes „Objektplanung“ nach HOAI. Zudem beauftragte er einen Statiker mit der Tragwerksplanung, jedoch nicht mit der Bauüberwachung.

Nach Ausführung der Bauarbeiten zeigte sich, dass die Garagendecke und die freistehende Pergola wegen einer unzureichenden Bewehrung nicht tragfähig waren und abgerissen werden mussten. Der Kläger nimmt hierfür neben dem Bauunternehmer auch den Architekten in Anspruch und fordert Schadensersatz. Der Architekt wendet ein, er sei nicht zur Überprüfung der Bewehrung verpflichtet gewesen, zumal er eine Fehlerhaftigkeit der Statik für die Garage und Pergola nicht habe erkennen können.

Entscheidung

Das OLG Brandenburg bestätigt die Haftung des Architekten und verurteilt diesen neben dem Bauunternehmer zum Schadensersatz.

Ein Architekt sei zur Prüfung verpflichtet, ob Fachplaner ihren Pflichten zur Bauüberwachung nachkommen. Insbesondere in sensiblen Bereichen habe ein Architekt die Bauabläufe so zu koordinieren, dass die dort tätigen Handwerker durch Sonderfachleute überwacht werden und die handwerkliche Leistung in technischer Hinsicht überprüft wird.

Der beklagte Architekt, der behauptet, ihm fehle die erforderliche Fachkompetenz zur Überprüfung der Bewehrung, habe darauf hinwirken müssen, dass der Bauherr einen Statiker mit der Bauüberwachung beauftragt oder zumindest auf die Notwendigkeit der Hinzuzuziehung hinweisen müssen. Der Architekt hafte daher vorliegend für die geltend gemachten Abrissschäden.

Praxishinweis

Das Urteil ist ein weiterer Beleg für die nahezu unbegrenzte Haftung des Architekten. Dessen allgemeine Beratungs- und Koordinierungspflichten erfordern einen übergreifenden Blick auf alle Bau- und Planungsleistungen, die zur Verwirklichung des Bauvorhabens notwendig sind.