Die neue SOBau 2020 – Eine Alternative zur ordentlichen Gerichtsbarkeit?

Die im Jahre 2004 entstandene Schlichtungs- und Schiedsordnung für Baustreitigkeiten hat 2020 ein wesentliches „Update“ erfahren und wurde um weitere Möglichkeiten der Konfliktlösung bereichert. Die (ursprüngliche) Idee, eine straffere und ggf. kostengünstigere Alternative zur ordentlichen Gerichtsbarkeit zu erschaffen steht dabei nach wie vor im Mittelpunkt. Die entsprechenden Verfahren vor den ordentlichen Gerichten sind dabei in der Regel nicht nur kosten- und vor allem zeitintensiv, sondern führen auch nicht immer zu befriedigenden Ergebnissen.

Der Grund der Neuerungen liegt zum einen in der Novellierung des Baurechts im Jahr 2018. Zum anderen liegt der Grund darin, dass sich einige Verfahrensarten der SOBau 2004 nicht durchgesetzt haben. Dies betrifft insbesondere das isolierte Beweisverfahren, welches die SOBau 2020 nicht mehr vorsieht. Nun aber sollen die in vier Bücher unterteilte SOBau 2020 für jedes Konfliktstadium das passende Verfahren bereithalten:

Mediationsverfahren

Am Anfang der SOBau steht nun nicht mehr ein allgemeiner Teil, sondern gleich das Mediationsverfahren. Ziel des Mediationsverfahrens ist es, eine gemeinsame Einigung der Parteien zu ermöglichen. Aufgabe der Mediationsperson ist es dabei, die Parteien ins Gespräch zu bringen und sie zu einer eigenständigen Entscheidung zu führen. Die Mediationsperson trifft dabei jedoch selbst keine Entscheidung und wertet nicht. Sie ist frei wählbar.

Schlichtverfahren

Auf der nächsten Stufe sieht die SOBau das Schlichtverfahren vor. Es dient der Deeskalation beim laufenden Bauprozess. Im Unterschied zum Mediator nimmt die Schlichtperson eine Einschätzung der Rechtslage vor und kann aktiv Schlichtvorschläge unterbreiten. Rechtlich bindend sind die Schlichtvorschläge indes nicht.

Gutachterverfahren

Darüber hinaus reicht die SOBau den Beteiligten zwei unterschiedliche Gutachterverfahren an die Hand: das Schlichtungsgutachtenverfahren und das Schiedsgutachtenverfahren. Beide dienen der Klärung von Tatsachenfragen. Während die Ergebnisse des Schlichtungsgutachtenverfahren unverbindlich sind und lediglich eine Beurteilungs- und Verhandlungsgrundlage für spätere Auseinandersetzungen bieten sollen, entfalten die Ergebnisse des Schiedsgutachtenverfahrens Bindungswirkung – auch vor den ordentlichen Gerichten.

Schiedsrichterliches Verfahren

Bei Erreichung des höchsten “Eskalationslevels“ sieht die SOBau schließlich das schiedsrichterliche Verfahren vor. Hier entscheidet bei einem Streitwert bis 100.000,00 € die Einzelschiedsperson, ansonsten drei Schiedspersonen. Im Zuge der Neuregelung wurden die Anforderungen an die Schiedsperson hochgeschraubt. Schiedsperson kann folglich nur noch sein, wer die Befähigung zum Richteramt hat, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht ist oder seit mindestens zehn Jahren auf diesem Gebiet tätig ist. Das schiedsrichterliche Verfahren ähnelt dem Bauprozess. Abgesehen von einigen Ausnahmen gilt Anwaltszwang. Probleme bereitete bislang die Tatsache, dass die alte Fassung der SOBau die Möglichkeit von Mehrparteienanträgen nicht vorsah. Neu eingeführt wurden deshalb die Möglichkeiten der Streitverkündung und Nebenintervention. Darüber hinaus können Sachverständige hinzugezogen werden. Da die Entscheidung des Schiedsgerichts vollstreckbar ist, kann sie den Gang zu einem staatlichen Gericht vollständig erübrigen.

Beschleunigtes Streitbeilegungs-und Feststellungsverfahren

Abschließend sieht die Neufassung der SOBau auch ein beschleunigtes Feststellungsverfahren vor, bei welchem eine Feststellungsschiedsperson durch vorläufigen Entscheid Feststellungen treffen können soll. Die Entscheidungen der Feststellungsschiedsperson sind nicht vollstreckbar und sollen erst nach Ablauf einer Widerspruchsfrist verbindlich werden. Dieses Verfahren wurde unter anderem geschaffen, um die rasche Beilegung von Nachtragsstreitigkeiten zu ermöglichen.

In Bezug auf dieses Verfahren wurden jedoch bereits erhebliche Bedenken kundgetan, weswegen die ARGE-Bau den Abschnitt 3 des 4. Buchs der SOBAU 2020 aktuell einer umfassenden Überprüfung unterzieht. Von einer Anwendung wird seitens der ARGE vorläufig abgeraten.

Fazit:

Es ist zunächst zuzugestehen, dass die Neuerungen der SOBau positiv und im Ergebnis zu begrüßen sind. Die SOBau 2020 bietet differenzierte Verfahrensarten für verschiedenste Situationen, die ggf. auch miteinander kombiniert werden können. Die größte Schwäche sowohl des Schlicht- und Schlichtgutachterverfahrens dürfte die fehlende Bindungswirkung sein. Zwar ist der Ansatz, nur mit Hilfe eines Mediators eine einvernehmliche Lösung zu finden löblich, jedoch sind die Interessen der Beteiligten am Bau in der Praxis zumeist schier gegensätzlich. Die Praxistauglichkeit ist mithin etwas zweifelhaft. Ein Mediationsverfahren wird folglich eher selten und nur da Sinn machen, wo noch Vertrauen zwischen den Parteien besteht und es nur leichte Kommunikationsprobleme zu lösen gilt. Im Fokus stehen werden aller Voraussicht nach das schiedsrichterliche Verfahren sowie das Schiedsgutachtenverfahren. Ob durch die Durchführung dieser Verfahren bzw. der Kombination mehrerer Verfahren nach der SOBau tatsächlich an Zeit und Geld gespart werden kann, lässt sich bislang mangels Erfahrungswerte nicht sicher beurteilen. Gründe, die dies ohne weiteres vermuten lassen könnten, sind allerdings nicht ersichtlich.