Die Kündigung gem. § 648 S. 1 BGB hat eine Einschränkung des Vergütungsanspruchs für Leistungen nach § 650p Abs. 2 BGB zur Folge

Wird ein Architekten- oder Ingenieurvertrag gemäß § 648 Satz 1 BGB durch den Besteller gekündigt, so ist im Rahmen des Vergütungsanspruchs des Unternehmers die Regelung des § 650r Abs. 3 BGB zu beachten. Danach wird der Vergütungsanspruch gemäß § 648 Satz 2 BGB hinsichtlich nicht erbrachter Leistungen dahin gehend eingeschränkt, dass grundsätzlich keine Leistungen zu vergüten sind, die nach einer Vorlage der Planungsgrundlage mit einer Kosteneinschätzung zur Zustimmung gemäß § 650p Abs. 2 Satz 2 BGB zu erbringen gewesen wären. Dies gilt auch dann, wenn dem Besteller gemäß § 650r Abs. 1 BGB bei weiterer Durchführung des Vertrages ein Sonderkündigungsrecht zustünde. So die Feststellungen des BGH mit Urteil vom 17.11.2022.

Sachverhalt

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung der restlichen Vergütung für Ingenieurleistungen in Höhe von 18.193,52 € in Anspruch, die aus einem schriftlichen Ingenieurvertrag über die Planung eines neuen Bürogebäudes resultiert. Dabei umfasst die zu erbringende Leistung der Beklagten die im einzelnen näher ausgeführte Grundlagenermittlung, Vorplanung, Entwurfsplanung, Genehmigungsplanung sowie Ausführungsplanung.

Nachdem die Beklagte zunächst eine Honorarabschlagsrechnung i. H. v. 9.250,00 € beglichen hatte, kündigte sie infolge diverser Beanstandungen der Planungsleistungen den Vertrag mit der Klägerin fristlos.

Die Klägerin verlangte daraufhin von der Beklagten, neben bereits erbrachter Leistungen im Rahmen der Leistungsphase 2, eine Restvergütung i. H. v. 18.193,52 € für nicht erbrachte Leistungen bis einschließlich Leistungsphase 5.

Entscheidung

Die Revision der Beklagten, die Klage abzuweisen, hat Erfolg.

Der BGH hat im vorliegenden Fall festgestellt, dass die Parteien noch nicht alle wesentlichen Planungsziele vereinbart haben, wie es § 650p Abs.  2 BGB vorsieht. Daraus ergibt sich, dass die Zielfindungsphase zur Anwendung kommt, innerhalb derer der Beklagten das Sonderkündigungsrecht gem. § 650r Abs. 1 BGB verwehrt ist, weil ihr dieses gemäß dem Wortlaut der Norm erst „nach Vorlage von Unterlagen gemäß § 650p Absatz 2“ und nicht bereits „bis zur Vorlage“ dieser Unterlagen zusteht.

Somit wurde die Kündigung der Beklagten als freie Kündigung nach § 648 S.1 BGB angesehen. Grundsätzlich stünde der Klägerin nach § 648 S. 2 BGB gegen die Beklagte der Vergütungsanspruch in voller Höhe zu, abzüglich desjenigen, was sie infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung ihrer Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

Dieser umfassende Vergütungsanspruch wurde der Beklagten jedoch unter Berücksichtigung des § 648 S. 2 BGB nicht zuerkannt. Sinn und Zweck der Norm sei es, zu verhindern, dass dem Unternehmer aus einer durch den Besteller erklärten Kündigung Vorteile aus dem geschlossenen Vertrag genommen werden, andererseits soll ihm jedoch nicht ermöglicht werden, aus der Kündigung Vorteile zu ziehen. Ein solcher Vorteil entstünde ihm, würden diejenigen Leistungen in den Vergütungsanspruch mit einbezogen, die nach einer Vorlage der Planungsgrundlage mit einer Kosteneinschätzung nach Zustimmung gem. § 650p Abs. 2 S. 2 BGB zu erbringen gewesen wären. § 648 S. 2 BGB umfasst also nur jene zu vergütende Leistungen, für die ohne Erklärung der Kündigung eine Vergütung angefallen wäre, was bei Vorlage einer Planungsgrundlage mit einer Kosteneinschätzung gerade nicht gegeben ist.

Praxishinweis

Das Urteil stellt heraus, dass in einem Vertragsverhältnis wie dem vorliegenden die gesetzlich vorgesehene Zielfindungsphase mit einem gesetzlichen Sonderkündigungsrecht des Auftraggebers, auf das der Planer gegenüber Verbrauchern gesondert hinzuweisen hat, gegeben ist.

Im Falle der freien Kündigung ist das Risiko des Auftraggebers in diesen Fällen beschränkt. Weiter haben Architekten und Ingenieure in den Blick zu nehmen, dass sowohl die Planungsgrundlage als auch die Kosteneinschätzung vorgelegt werden muss.