BGH: Werbung bindet den Verkäufer

Der BGH setzte sich mit Urteil vom 25.01.2019 (Az. V ZR 38/18) erneut mit der Frage auseinander, wann öffentliche Äußerungen des Verkäufers oder seiner Verhandlungsgehilfen vor Abschluss des Vertrages die geschuldete Eigenschaft der Kaufsache bestimmen und wann von einer diese Eigenschaft ausschließenden Beschaffenheitsvereinbarung auszugehen ist.

Der Fall:

Im Mai 2013 erwarb eine Käuferin unter Ausschluss der Haftung für Sachmängel ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück. Im notariellen Kaufvertrag wurde unter anderem Folgendes vereinbart:

„(…) Die Zulässigkeit einer weiteren Bebauung oder bestimmten Verwendung gehört nicht zur vereinbarten Beschaffenheit des Grundbesitzes.“

In dem Verkaufsexposé einer Immobilienmaklerin wurde das Grundstück dagegen wie folgt beworben:

„Es besteht die Erlaubnis, zwei bis drei Pferdeboxen auf dem hinteren Grundstücksteil zu errichten.“

Nachdem sich erwiesen hatte, dass weder eine Baugenehmigung für die Errichtung von Pferdeboxen bestand noch eine solche Bebauung genehmigungsfähig war, erklärte die Käuferin im Oktober 2013 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Mit ihrer Klage verlangte die Käuferin vom Verkäufer die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübertragung des Eigentums an dem Grundstück. Zu Recht?

Entscheidung des BGH:

Ja! Das Kaufobjekt weist einen Sachmangel auf, da es von den Angaben im Verkaufsexposé abweicht. Zur sog. Sollbeschaffenheit der Kaufsache gehören nämlich auch die Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers erwarten darf – hierzu zählen auch die Angaben in einem Exposé. Die „Erlaubnis“ zur Errichtung der Pferdeboxen gehörte danach zu der vom Verkäufer geschuldeten Beschaffenheit. Durch die obigen Vertragsklausel haben die Parteien auch keine vom Exposé abweichende, sog. negative Beschaffenheit des Kaufgegenstands vereinbart. Hierfür wäre eine Vereinbarung erforderlich gewesen, die ausdrücklich die Unzulässigkeit der Errichtung von Pferdeboxen betrifft.

Auch der vertraglich vereinbarte Haftungsausschluss hilft dem Verkäufer nicht weiter: Dieser erfasst zwar auch die nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers zu erwartenden Eigenschaften. Hierauf kann sich der Verkäufer vorliegend jedoch nicht berufen, weil er den Mangel arglistig verschwiegen hat. Arglistig handelt bei einer Täuschung durch Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Mangels, wer einen Sachmangel mindestens für möglich hält und gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragsgegner den Sachmangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. Die Offenbarungspflicht des Verkäufers ergab sich im vorliegenden Fall bereits daraus, dass die unrichtige Angabe in dem Verkaufsexposé über die Zulässigkeit der Errichtung von Pferdeboxen eine Fehlvorstellung der Käuferin hervorgerufen hat. Der Verkäufer hielt den Sachmangel auch mindestens für möglich und war damit einverstanden, dass die Angabe zu einer Errichtung von Pferdeboxen in das Exposé aufgenommen wurde, obwohl er wusste, dass hierfür keine sichere Tatsachengrundlage bestand. Dies erfüllt den Vorwurf einer – Arglist begründenden – Angabe „ins Blaue“ hinein. Der Verkäufer muss sich auch das Wissen der Maklerin davon zurechnen lassen, dass der Käuferin die Pferdehaltung auf dem Grundstück wichtig war und sie bei Offenbarung des Mangels den Vertrag deshalb nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. Der Makler ist zwar in der Regel kein Vertreter des Verkäufers; ist der Makler aber zugleich Verhandlungsführer oder -gehilfe, muss der Vertretene sich dessen Wissen zurechnen lassen.

Praxishinweis:

Jedem Verkäufer sollte bewusst sein, dass er sich nicht nur an den Vereinbarungen des notariellen Kaufvertrags, sondern auch an etwaigen Angaben in Exposés und sonstiger Werbung festhalten lassen muss. Daher sollten sämtliche Werbeaussagen vor Abschluss des Kaufvertrags noch einmal auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Etwaige Fehlangaben sollten korrigiert und offen gegenüber dem potentiellen Käufer kommuniziert werden.