Auch eine Flächenabweichung von weniger als 10 % berechtigt bei echter Quadratmetermiete zur Minderung und Kündigung

Die Parteien eines Mietvertrages vereinbaren eine sog. „echte Quadratmetermiete“, wenn sie im Mietvertrag festlegen, dass sich die Miete aus der Größe des Mietobjekts in Quadratmetern multipliziert mit einem pro Quadratmeter zu zahlenden Mietpreis ergibt. Dann bestimmt sich der Betrag der geschuldeten Miete unmittelbar auf der Grundlage der tatsächlichen Fläche, ohne dass es dabei entscheidend auf die Frage ankommt, ob die dem Mieter nachteilige Flächenabweichung unmittelbar zu einer Reduzierung der Miete führt oder ein Mangel des Mietobjektes i. S. v. § 536 Abs. 1 BGB auch unterhalb einer Flächenabweichung von 10 % angenommen wird. Kommt es hierbei zu einer Reduzierung der Miete, sind regelmäßig auch die Voraussetzungen der außerordentlichen Kündigung nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB erfüllt. Dies entschied das OLG Dresden mit Urteil vom 10.07.2019 – 5 U 151/19 – mit Anschluss an BGH, Urt. v. 04.05.2005, XII ZR 254/01.

Der Fall

In einem Gewerberaummietvertrag über ein Café war die Mietfläche mit 177 qm angegeben. Die Grundrisse und die rot gekennzeichnete Mietfläche waren als Anlage beigefügt. Der Mietvertrag sah eine Staffelung der Nettokaltmiete in der ersten Staffel von 5 Euro/qm und danach von 7 Euro/qm vor. Für die Berechnung der Kaltmiete wurde die Mietfläche als verbindlich und zutreffend zu Grunde gelegt. Nachdem der Mieter feststellte, dass die Räume nur ca. 155 qm groß waren, kündigte er das Mietverhältnis nach ca. drei Jahren außerordentlich unter Berufung auf eine Minderfläche von mehr als 10 %. Tatsächlich betrug die Abweichung aber nur 7,2 % bei einer Fläche von 164,25 qm. Der Vermieter berief sich auf die Unwirksamkeit der Kündigung und verlangte rückständige Miete bis zum Einzug eines Nachmieters, nachdem der Mieter gleichwohl auszog.

Entscheidung des Oberlandesgerichts

Die Klage des Vermieters blieb ohne Erfolg. Aus Sicht des OLG Dresden ist die Kündigung wirksam. Entsprechend der Flächenabweichung zum Nachteil des Mieters erhält der Vermieter nur die um 7,2 % geminderte Miete bis zur Beendigung des Mietverhältnisses auf Grund der außerordentlichen Kündigung. Denn die Parteien hatten hier durch die Bezugnahme auf den Grundriss eine verbindliche Beschaffenheitsvereinbarung bezüglich Größe und Zuschnitt des Mietobjektes getroffen und damit die vom Vermieter geschuldete Leistung festgelegt. Während der Bundesgerichtshof zur Mietminderung im Wohnraum- und Gewerberaummietrecht bei einer Minderfläche von mehr als 10 % einen nicht unerheblichen Mangel anerkennt, ohne dass ein gesonderter Nachweis für eine konkrete Beeinträchtigung erforderlich ist, kommt es aus Sicht des OLG Dresden bei einer echten Quadratmetermiete auf diese 10-Prozent-Grenze nicht an. In diesem Fall bestimmt sich die Miete unmittelbar auf der Grundlage der tatsächlichen Fläche. So kommt es hier nicht auf die Frage an, ob die dem Mieter nachteilige Flächenabweichung unmittelbar zu einer Reduzierung der Miete führt oder ein Mangel des Mietobjekts auch unterhalb einer Flächenabweichung von 10 % zu Lasten des Mieters angenommen wird. Dies folgt aus einem Umkehrschluss zur vorgenannten BGH-Rechtsprechung zur vermuteten Mangelhaftigkeit. So muss der Mieter bei einer Flächendifferenz von weniger als 10 % konkret darlegen, dass die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch erheblich beeinträchtigt ist. Dies richtet sich primär nach den konkreten Vereinbarungen, die in diesem Fall darin zu sehen sind, dass die Parteien für die Berechnung der Kaltmiete die im Mietvertrag angegebene Mietfläche als verbindlich und zutreffend zu Grunde gelegt haben. Daher führt jede Veränderung der tatsächlichen Mietfläche unmittelbar zu einer Änderung der Miethöhe. Die festgestellte Abweichung begründet daher nicht nur eine Minderung von 7,2 %, sondern als Mangel auch die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung. Eine Abhilfefrist ist dann nicht erforderlich.

Praxishinweis

Das OLG Dresden lässt durchblicken, dass es jedenfalls eine Abweichung von mehr als 7 % als erheblich betrachtet und lässt offen, ob der Vermieter bei Vereinbarung einer echten Quadratmetermiete im Einzelfall darlegen könnte, dass keine erhebliche Beeinträchtigung vorliegt. Dies verortet das OLG Dresden eher im Bereich von weniger als ein Prozent. Liegt die Abweichung eher in diesem geringfügigen Bereich, dürfte es daher dem Vermieter leichter fallen, ausreichend vorzutragen, dass trotz der Abweichung ausnahmsweise die Erheblichkeitsschwelle nicht überschritten ist. Zur Vermeidung von Kündigungs- und Minderungsrisiken sollte der Vermieter stets die Berechnungsgrundlage konkret vereinbaren und bei der echten Quadratmetermiete in besonderem Maße auf die Richtigkeit der Angaben zur Mietfläche achten. Aus Vermietersicht ist es aber empfehlenswert, gänzlich auf die Vereinbarung einer echten Quadratmetermiete zu verzichten und die Fläche nicht als Grundlage für die Miethöhe zu verwenden.

Rechtsanwalt Felix Erler
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