Adieu Berliner Mietendeckel! BVerfG hat Verfassungswidrigkeit bestätigt

Das mit Spannung erwartete Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zum Berliner Mietendeckel ist ergangen (Beschluss vom 25. März 2021, 2 BvF 1/20, 2 BvL 5/20, 2 BvL 4/20).

DIE ENTSCHEIDUNG

Das Bundesverfassungsgericht begründet die Verfassungswidrigkeit des Berliner Mietendeckels mit dem Verstoß gegen die Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern und nicht etwa mit einem Verstoß gegen das Eigentumsrecht (Art. 14 GG).

„Regelungen zur Miethöhe für frei finanzierten Wohnraum, der auf dem freien Wohnungsmarkt angeboten werden kann (ungebundener Wohnraum), fallen in die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit. Die Länder sind nur zur Gesetzgebung befugt, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz keinen abschließenden Gebrauch gemacht hat (Art. 70, Art. 72 Abs. 1 GG). Da der Bundesgesetzgeber das Mietpreisrecht in den §§ 556 bis 561 BGB abschließend geregelt hat, ist aufgrund der Sperrwirkung des Bundesrechts für die Gesetzgebungsbefugnis der Länder kein Raum. Da das MietenWoG Bln im Kern ebenfalls die Miethöhe für ungebundenen Wohnraum regelt, ist es insgesamt nichtig.“

Pressemitteilung Nr. 28/2021 vom 15. April 2021

IMPLIKATIONEN
Vermieter haben nun wieder einen Anspruch auf Zahlung der vertraglich vereinbarten Miete. Wurde die Miete durch den Berliner Mietendeckel abgesenkt, kann eine Nachzahlung der Differenzmiete zwischen Mietvertragshöhe und tatsächlich gezahlter Miethöhe gefordert werden. Zudem kann die Miethöhe im Rahmen der Privatautonomie wieder frei verhandelt werden.

Es gilt jedoch das Mietpreisrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches. Sowohl Nachzahlungen als auch zukünftige Mietzahlungen sind in Berlin durch die darin aufgestellten Grenzen limitiert. Danach gilt Folgendes:

In der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung vom 9. Mai 2020 wird das gesamte Stadtgebiet zu einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt erklärt. Daher gilt hier eine 10 %-Grenze bei Neuvermietung, d.h. die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses darf die ortsübliche Vergleichsmiete höchstens um 10 % übersteigen (§ 556d BGB).

Andere Bundesländer haben gleichlautende Rechtsverordnungen erlassen. Brandenburg regelt in der Mietpreisbegrenzungsverordnung vom 14. Dezember 2020, dass Potsdam sowie 18 Berliner Umlandgemeinden zu dem Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt gehören. In NRW stellen nach der Mieterschutzverordnung vom 30. Juni 2020 rund 18 Kommunen Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt dar, unter anderem Köln und Bonn sowie zahlreiche Kölner Umlandgemeinden.

Für die Anwendung der 10 %-Grenze bei Neuvermietungen gibt es vier Ausnahmen:
(1) Wohnung erstmals nach dem 1. Oktober 2014 genutzt und vermietet.
(2) Vormiete ist höher als die eigentlich zulässige Miete.
(3) Erste Vermietung nach umfassender Modernisierung.
(4) Modernisierungsmaßnahmen in den letzten drei Jahren vor Beginn des Mietverhältnisses.

In Berlin und in anderen Bundesländern wurde zudem für Mieterhöhungen die gesetzliche Kappungsgrenze von 20 % innerhalb von drei Jahren bei einer Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete (§ 558 BGB) weiter abgesenkt.

Hier gilt eine Kappungsgrenze von 15%, da nach der Berliner Kappungsgrenzenverordnung vom 10. April 2018 im gesamten Berliner Stadtgebiet eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist.

Gleiches gilt in Brandenburg aufgrund der Kappungsgrenzenverordnung vom 10. März 2021. Die dort aufgeführten 19 Gemeinden decken sich mit der Aufzählung in der Mietpreisbegrenzungsverordnung. In NRW wurde die Reduzierung der Kappungsgrenze in die Mieterschutzverordnung vom 30. Juni 2020 integriert.

FAZIT
Folglich gilt in Berlin nach Wegfall des Mietendeckels die 10 %-Grenze bei Neuvermietungen im Vergleich zur ortsüblichen Miete und die 15%-Kappungsgrenze für Mieterhöhungen. Es gelten jedoch einige Ausnahmen, die gegebenenfalls eine höhere Miete ermöglichen. Ob die Anforderungen an die Erfüllung eines Ausnahmetatbestands erfüllt sind, ist im Einzelfall zu prüfen.

Sofern sich Vermieter in Berlin zum Einfordern von Nachzahlungen für die Differenzmiete während der fraglichen Geltung des Mietendeckels entschließen, ist die Miete vorher anhand der Grenzen der Mietenbegrenzungsverordnung (sog. Mietpreisbremse) zu überprüfen. Die frühere Fassung der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung vom 28. April 2015 wurde vom Bundesgerichtshof als wirksam bestätigt (BGH, Beschluss v. 27. Mai 2020, VIII ZR 292/19).

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Dr. Anna Fischbach

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