Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat klargestellt, dass die erneuerbaren Energien seit Inkrafttreten des § 2 EEG als vorrangiger Belang in die nach § 9 Abs. 3 Satz 1 DSchG NRW durchzuführende Schutzgüterabwägung einzubringen sind und diese nur ausnahmsweise aufgrund besonderer Umstände zum Nachteil der erneuerbaren Energien ausgehen kann.
Hintergrund
Die Klägerin beantragte eine Erlaubnis nach dem DSchG NRW zur Errichtung einer Photovoltaikanlage auf dem Dach ihres Hauses, der Dachfläche des Anbaus sowie auf ihrem Garagendach. Die Erlaubnis wurde von der Beklagten nur für die Solarmodule auf dem Garagendach sowie auf der Dachfläche des Anbaus erteilt, nicht jedoch für die geplanten Solarmodule auf dem Dach des Hauses. Laut der Beklagten seien nach der einschlägigen Denkmalbereichssatzung insbesondere die geschlossenen und klein strukturierten Dachflächen der betroffenen Häuser charakteristisches Merkmal der Bausubstanz. Dieses einheitliche Erscheinungsbild werde durch die großflächigen Solarmodule erheblich beeinträchtigt. Es bestehe kein absoluter Abwägungsvorrang der erneuerbaren Energien gegenüber dem Denkmalschutz. Dies sei nur dann der Fall, wenn das konkrete öffentliche Interesse einen dem Art. 20a GG vergleichbaren verfassungsrechtlichen Rang besäße. Der Klägerin stehe es aber frei, das Dach mit Solardachziegeln einzudecken oder ihren Energiebedarf durch Wärmedämmung zu reduzieren. Die Klägerin erhob gegen die Versagung der denkmalrechtlichen Erlaubnis Klage vor dem Verwaltungsgericht. Sie argumentierte, dass das überragend öffentliche Interesse an erneuerbaren Energien gem. § 2 EEG sich auch gegenüber dem Denkmalschutz durchsetzen müsse.
Die Entscheidung
In dem Urteil vom 30.11.2023 (VG Düsseldorf, Urteil vom 30.11.2023, 28 K 8865/22) gab das VG Düsseldorf der Klage statt. Die nach § 9 Abs. 3 DSchG NRW erforderliche Schutzgüterabwägung sei gem. § 2 EEG nunmehr regelmäßig zugunsten der erneuerbaren Energien zu entscheiden. Denn aufgrund der Wertung des § 2 EEG als Ausformung der Staatszielbestimmung sei Art. 20a GG nunmehr ein Vorrang vor dem Denkmalschutz einzuräumen. Nur in atypischen Ausnahmefällen könne das überragende öffentliche Interesse an der Errichtung von Solaranlagen noch überwunden werden. Ein solcher Ausnahmefall sei aber vorliegend nicht ersichtlich. Erhaltenswert nach der Denkmalbereichssatzung sei nur die Kubatur und die Anordnung der Häuser und die äußere Kontur der Silhouette der Siedlung, welche durch die Anlage auf dem Dach aber nicht verändert werde. Ein atypischer Ausnahmefall ergäbe sich daher auch nicht aus dem Umstand, dass die Solarmodule die Kleinteiligkeit der Dachflächen verdecken würden. Ansonsten könnten regelmäßig keine Solaranlagen auf Dachflächen errichtet werden. Dies würde aber gerade das Regel-Ausnahme-Verhältnis des § 2 EEG umkehren. Auch der Umstand, dass die Solarmodule die Geschlossenheit der Dachflächen durchbrechen würden, könne die Abwägung nicht ausnahmsweise zugunsten des Denkmalschutzes entscheiden. Die Geschlossenheit der Dachflächen in der betroffenen Siedlung sei bereits vielfach durch große Gauben und Dachflächenfenster durchbrochen. Zudem habe durch die Zunahme von Photovoltaikanlagen auch das Störgefühl des durchschnittlichen Betrachters bereits erheblich abgenommen und werde auch weiter abnehmen. Schließlich sei nach Ansicht des Gerichts der alternative Einsatz von Solardachziegeln völlig unwirtschaftlich und der Hinweis auf die Möglichkeit der Reduktion des Energiebedarfs der Klägerin durch Wärmedämmung laufe den Zielen des § 2 EEG zuwider. Es gehe, so das Gericht, gerade darum, möglichst viele Einrichtungen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien zu errichten und so langfristig eine vollständig nachhaltige Stromversorgung zu erreichen.
Folgen für die Praxis
Das Urteil des VG Düsseldorf schließt sich der neueren obergerichtlichen Rechtsprechung hinsichtlich des in § 2 EEG gesetzgeberisch klargestellten überragenden öffentlichen Interesses an dem Ausbau der erneuerbaren Energien an. Im Gegensatz zu der bisherigen Rechtsprechung, welche sich mit Fällen größerer Energiegewinnungsanlagen befasst, schafft es aber gerade für private Bauherren Rechtssicherheit hinsichtlich der Errichtung von Solaranlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden oder in deren engerer Umgebung.