OLG Düsseldorf legt Verfahren über Schnellladesäulen dem EuGH vor

Mit Beschluss vom 16. Juni 2023 (Az.: Verg 29/22) hat das OLG Düsseldorf das Vergabeverfahren über die Bereitstellung von Schnellladeinfrastruktur auf bewirtschafteten Rastanlagen an Bundesautobahnen zur Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Union ausgesetzt.

Der Fall

In den Jahren 1996 bis 1998 schloss der Bund ohne vorangegangene Ausschreibung (inhouse) mit einer damals bundeseigenen Gesellschaft eine Vielzahl von Konzessionsverträgen über die Bewirtschaftung von Tankstellen und Raststätten an den Bundesautobahnen. Die Gesellschaft wurde in der Folgezeit privatisiert und in „Tank und Rast“ umbenannt, sodass die Voraussetzungen für eine Inhouse-Vergabe nach Abschluss der Konzessionsverträge nachträglich entfallen sind. Da der Bund gemäß § 5 Abs. 3 SchnellLG verpflichtet ist, dem Inhaber einer vorgenannten Konzession die eigenwirtschaftliche Übernahme von Errichtung, Unterhaltung und Betrieb der an diesem Standort geplanten Schnellladepunkte anzubieten, schloss der Bund mit Tank und Rast eine entsprechende Ergänzungsvereinbarung ohne vorangegangene Ausschreibung.

Aufgrund der nicht erfolgten Ausschreibung legten zwei Ladesäulenbetreiber einen Nachprüfungsantrag bei der VK Bund ein. Diese wies den Nachprüfungsantrag zurück. Hierbei stellte sie sich auf den Standpunkt, dass die Ergänzungsvereinbarung keine wesentliche Änderung des ursprünglichen Auftrages und damit eine nach § 132 GWB zulässige Auftragsänderung darstelle. Dies deshalb, weil das „Tanken“ eine wesentliche Zweckbestimmung des ursprünglichen Auftrages sei und hiervon nicht nur das Tanken mit fossilen Brennstoffen umfasst sei, sondern vielmehr auch das Aufladen von Fahrzeugen mit Strom. Jedenfalls sei die Notwendigkeit einer Schnellladeinfrastruktur im Jahr 1998 aber nicht vorhersehbar gemäß § 132 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GWB gewesen.

Gegen diese Entscheidung haben die Ladesäulenbetreiber nun sofortige Beschwerde bei dem OLG Düsseldorf eingelegt. Das OLG ist nun der Auffassung, vor Entscheidung über die sofortige Beschwerde müsse geklärt werden, ob eine Ergänzung der Konzessionsverträge ohne Ausschreibung in Fällen wie dem vorliegenden vergaberechtsgemäß und mit dem europäischen Recht vereinbar ist. Er hat daher dem EuGH (vereinfacht) folgende Vorlagefrage gestellt:

Findet Art. 72 Abs. 1 Buchst. c) der Richtlinie 2014/24/EU (entspricht § 132 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GWB) auch auf solche Fälle Anwendung, in denen die bei Vertragsschluss gegebenen Voraussetzungen der Inhouse-Vergabe im Zeitpunkt der beabsichtigten Vertragsänderung nicht mehr vorliegen?

Ausblick

Der EuGH muss nun klären, ob Auftraggeber Konzessionsverträge erweitern dürfen, wenn die Voraussetzungen der Inhouse-Vergabe in der Zwischenzeit weggefallen sind. Das Vorabentscheidungsgefahren ist nicht nur aus rechtlicher Sicht spannend, sondern hat auch ganz konkrete Auswirkungen auf den Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland, da sich dieser aufgrund der ausstehenden Gerichtsentscheidung verzögert. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur würde sich sogar noch weiter verzögern, wenn am Ende des Verfahrens feststehen sollte, dass der Aufbau und Betrieb von Schnellladesäulen an den bewirtschafteten Rastplätzen europaweit ausgeschrieben werden müsste und eben nicht – wie von der VK Bund vertreten – ohne Ausschreibung an Tank und Rast vergeben werden dürfte.

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Max Burmeister, LL.M.

Max Burmeister, LL.M.

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