Das neue Bürgerenergiegesetz in NRW – Ziel der Schaffung einer höheren Akzeptanz bei der regionalen Bevölkerung durch eine finanzielle Beteiligung beim Ausbau der Windenergie

Seit dem 28.12.2023 ist das Gesetz über die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern sowie Gemeinden an der Windenergienutzung in Nordrhein-Westfalen (BürgEnG) in Kraft getreten.

Hiermit soll als Kernzweck des Gesetzes die Akzeptanz der Bevölkerung für den Ausbau von neuen Windenenergieanlagen gesteigert werden. Um dies zu erreichen, sieht § 1 BürgEnG eine finanzielle Beteiligung von Einwohnerinnen und Einwohnern sowie Gemeinden an Bau und Betrieb von neuen Windenergieanlagen vor (vgl. auch LT-Drs. 18/5849, S. 1). Aufgrund der oftmals schwierigen Durchsetzung von Windenergieprojekten und des teilweisen massiven Widerstandes in der regionalen Bevölkerung soll diese hiermit nunmehr direkt angesprochen werden und durch die Windenergieanlagen unmittelbar profitieren. Anzuwenden ist das neue BürgEnG immer dann, wenn eine genehmigungsbedürftige Windenergieanlage in NRW nach § 4 Abs. 1 BImSchG errichtet wird oder der vollständige Austausch von Anlagen bei einem Repowering (§ 2 Abs. 1 BürgEnG) stattfindet.

Als Vorbild gilt hierbei der bereits auf Bundesebene eingeführte § 6 EEG 2023, der eine Beteiligung der von Windenergie- oder Freiflächenanlagen (Photovoltaikanlagen) betroffenen Kommunen durch die Anlagenbetreiber vorsieht. Im Unterschied hierzu ist in NRW nun aber nicht nur eine mittelbare, sondern eine unmittelbare Beteiligung der Bürger statuiert worden. Auch ist das Angebot zur finanziellen Beteiligung nicht als zusätzliche Option für den Vorhabenträger (Legaldefinition in § 3 Abs. 1 BürgEnG) ausgestaltet, sondern es besteht vielmehr eine Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots zur finanziellen Beteiligung der beteiligungsberechtigten Personen sowie der beteiligungsberechtigten Gemeinden am Ertrag des Vorhabens (§ 7 BürgEnG). Die verschiedenen nicht abschließenden (vgl. LT-Drs. 18/5849, S. 22) Varianten einer möglichen direkten oder indirekten Beteiligung sind in § 7 Abs. 3 BürgEnG geregelt und sehen ein breites Spektrum an denkbaren Beteiligungsformen vor.

Nach dem BürgEnG beteiligungsberechtigt sind Gemeinden, deren Gemeindegebiet zumindest teilweise innerhalb eines um die Windenergieanlage gelegenen Umkreises von 2 500 Metern um die Turmmitte der Windenergieanlage liegt (§ 6 BürgEnG i. V. m. § 6 Abs. 2 Satz 2 EEG 2023). Zur Beteiligung von natürlichen Personen besteht die Anforderung, dass diese zum Zeitpunkt der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung seit mindestens drei Monaten ihren Haupt- oder Nebenwohnsitz innerhalb einer Gemeinde haben, welche die vorgenannten Bedingungen erfüllt (§ 5 BürgEnG). Vertragspartner des Vorhabenträgers wird jedoch in jedem Falle nur die Standortgemeinde (vgl. LT-Drs. 18/7396, S. 9).

Kommt eine individuelle Beteiligungsvereinbarung gem. § 7 BürgEnG letztendlich nicht zustande, ist nach § 8 BürgEnG die Ersatzbeteiligung als „Auffangmodell“ vorgesehen. Hierbei besteht zum einen die Pflicht einer jährlichen Zahlung i. H. v. 0,2 Cent pro erzeugter Kilowattstunde über 20 Jahre an die beteiligungsberechtigten Gemeinden ab Inbetriebnahme (§ 8 Abs. 1 Satz 1 BürgEnG) und zum anderen hat der Vorhabenträger eine Offerte für eine Eigenkapitalbeteiligung in Form eines Nachrangdarlehens an die beteiligungsberechtigten Personen abzugeben (§ 8 Abs. 2 BürgEnG). Verstößt der Vorhabenträger gegen diese Pflichten, kann die zuständige Behörde – hier: das MWIKE NRW – den Vorhabenträger zur Zahlung einer Ausgleichsabgabe i. H. v. 0,8 Cent pro Kilowattstunde verpflichten (§ 9 Abs. 1, 2 BürgEnG). Die Mittelverwendung zugunsten der Einwohner soll bei der Ersatzbeteiligung und dem Ausgleichsbetrag über die in § 10 Abs. 1 BürgEnG genannten, allerdings nicht bindenden (vgl. LT-Drs. 18/5849, S. 26) Zwecke abgesichert werden.

Abschließend ist festzuhalten, dass durch das BürgEnG erstmalig auf Länderebene in NRW eine verbindliche Beteiligungspflicht der Gemeinden und ihrer Einwohner für den Vorhabenträger beim Ausbau der Windenergie geschaffen wurde. Durch das unmittelbare Einbeziehen der Bürger ist hier zudem ein starkes Zeichen zur Schaffung der Akzeptanz vor Ort gesetzt worden. Wie sich dies in der Umsetzung auf den tatsächlichen Zuspruch für entsprechende Projekte durch die Bürger auswirkt, wird sich in der Zukunft zeigen. Zudem bleibt abzuwarten, inwieweit Beteiligungsvereinbarungen geschlossen werden und ob der hohe Betrag der Ersatzbeteiligung hinreichend zum Abschluss einer solchen Vereinbarung motiviert. Gerade bei der Ersatzbeteiligung und dem Ausgleichbetrag besteht aufgrund der fehlenden strikten Mittelbindung für die Gemeinde eine Unsicherheit, ob diese dann tatsächlich finanziell vorteilhaft für die Bevölkerung eingesetzt werden. Auch das Verhältnis des BürgEnG zum § 6 EEG 2023 auf Bundesebene und den unterschiedlichen Regelungen in anderen Bundesländern erscheint fraglich. Jedenfalls setzt das BürgEnG zahlreiche neue, praktisch äußerst beachtenswerte Anforderungen, die beim Ausbau der Windenergie große Relevanz besitzen und auf allen Seiten eine eingehende Beratung erforderlich machen.

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Alexander Bungart

Alexander Bungart

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