Anforderungen an die Vergabedokumentation bei mündlicher Bieterpräsentation

Für den Bereich der Ingenieur- und Architektenleistungen stellt die mündliche Präsentation des vorgesehenen Projektleitungsteams ein übliches Verfahren bei der Bieterauswahl dar. Damit die Wertung der mündlichen Darlegungen der Bieter im Präsentationstermin nachvollziehbar und zudem einer wirksamen Überprüfung zugänglich ist, sind die Anforderungen an den Detailierungsgrad der Dokumentation hier besonders hoch. Dies hat die VK Bund in ihrem lesenswerten Beschluss vom 13.04.2022 – VK-31/22 noch einmal hervorgehoben.

Der Fall

Die Auftraggeberin schrieb Planungsleistungen im Rahmen eines europaweiten Verhandlungsverfahrens mit vorherigem Teilnahmewettbewerb aus. Nach Abschluss des Teilnahmewettbewerbs wurde die Antragstellerin zur Vorstellung des Büros im Rahmen einer Präsentation und Abgabe eines Honorarangebots eingeladen. Bei dem Termin wurde Gelegenheit zu einer Präsentation von etwa 45 Minuten sowie einem 20-minütigen Block „Fragen“ vor der Wertungskommission gegeben. Die Bewertung der einzelnen Qualitätskriterien wurde von der Kommission teilweise direkt in die Matrix mit kurzen Ausführungen eingetragen, teilweise wurde das Ergebnis handschriftlich zur Vergabeakte genommen und lediglich ein Punktwert in der Matrix eingetragen. Die Vergabeakte enthielt für jeden Bieter außerdem eine „Niederschrift des Vergabegesprächs“. Bei der Antragstellerin wurde in dieser Niederschrift eine Abfolge des Termins mit Uhrzeitangaben in kurzen Stichpunkten (u. a. Vortrag des Büros der Antragstellerin, Vorstellung der vorgesehenen leitenden Mitarbeiter, Rückfragen zur Terminsaufstellung, Fragen/Anmerkungen zum Vertrag, Begründung des Honorarangebots) auf eineinhalb Seiten aufgelistet. Ein inhaltlicher Bezug zur Bewertungsmatrix wurde nicht erstellt. Fragen der Auftragsgeberin an die Antragstellerin einschließlich Antworten wurden nicht protokolliert.

Entscheidung der Vergabekammer

Dies genügte nach Auffassung der VK Bund nicht. Dabei führt die VK zunächst aus, dass die im Vergabevermerk enthaltenen Angaben und die mitgeteilten Gründe für getroffene Entscheidungen stets so detailliert sein müssen, dass sie für einen mit der Sachlage des jeweiligen Vergabeverfahrens vertrauten Leser nachvollziehbar sind. Dabei seien die Anforderungen an den Detaillierungsgrad des Vergabevermerks aus Gründen der Nachvollziehbarkeit besonders hoch, wenn die qualitative Bewertung im Wesentlichen auf einer mündlichen Vorstellung der zur Verhandlungsrunde zugelassenen Büros beruht. Ein hinreichendes Maß an Detailierung sei insbesondere auch deshalb geboten, um den Nachprüfungsinstanzen eine Überprüfung der Wertungsentscheidung des Auftraggebers überhaupt erst zu ermöglichen.

Nach Auffassung der VK wies die Dokumentation der Auftraggeberin den gebotenen Detaillierungsgrad nicht auf. So sei gleich an mehreren Stellen der Wertung nicht nachvollziehbar gewesen, welche Gründe für eine Abwertung der Präsentation der Antragstellerin geführt haben. Dies insbesondere deshalb, weil die Bewertungen überwiegend allgemein gehalten („sehr gut und umfassend“, „gut und nachvollziehbar“) seien, sodass anhand der Formulierungen in den handschriftlichen Notizen auch nicht abgeleitet werden könne, welche konkreten Erwägungen für die jeweilige Punktvergabe maßgeblich gewesen sind. Im Übrigen sei der konkrete Wertungsmaßstab auch nicht im Quervergleich zu den Bewertungen der übrigen Bieter erkennbar. Auch der Umstand, dass weder die Fragen der Auftraggeberin noch die darauf erfolgten Antworten der Bieter protokolliert worden sind, verursacht nach Auffassung der VK ein Transparenzdefizit, da nicht überprüfbar sei, ob in den Gesprächen wertungsrelevante Fragen gestellt wurden und ob Antworten der Bieter gegebenenfalls Eingang in die Wertung gefunden haben.

Folgen für die Praxis:

Insbesondere wenn es um die Wertung mündlicher Darlegungen im Rahmen eines Präsentationstermins geht, sind Auftraggeber gut beraten, bei der Vergabedokumentation auf die Nachvollziehbarkeit ihrer Wertungsentscheidung zu achten. Dabei sollte ein besonderes Augenmerk darauf gelegt werden, dass sich die für die Bewertung maßgeblichen Erwägungen auch in der Vergabedokumentation widerspiegeln und sich diese nicht in nichtssagenden Wendungen wie „gut“, „nachvollziehbar“, o. Ä. erschöpfen. Auch im Rahmen eines Präsentationstermins gestellte Fragen sind ebenso wie die hierauf gegebenen Antworten in der Vergabedokumentation niederzuschreiben.

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Max Burmeister, LL.M.

Max Burmeister, LL.M.

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