Finanzaufsichtsrechtliche Risiken für Unternehmen der Realwirtschaft

In diesem Beitragsblog sollen Unternehmen der Realwirtschaft künftig dafür sensibilisiert werden, welche finanzaufsichtsrechtlichen Risiken bei zunächst unverfänglich erscheinenden Nebendienstleistungen zum eigentlichen Standardgeschäft drohen und wie diese rechtskonform umschifft werden können.

Teil 1 – Das Finanztransfergeschäft nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ZAG

Nach der gesetzlichen Definition liegt ein Finanztransfergeschäft – vereinfacht formuliert – immer dann vor, wenn ein Dritter (der Zahlungsdienstleister) eine Zahlung zwischen einem Zahler und einem Empfänger besorgt, ohne dass eine kontenmäßige Beziehung zwischen dem Dritten und den Beteiligten besteht. Sind die Voraussetzungen des Tatbestands erfüllt, ergibt sich daraus die Erlaubnispflicht nach dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (kurz ZAG).

Konkret handelt es sich dabei um einen Auffangtatbestand für auftragsgemäße Übermittlung von Geldern, der einen Teil zur Geldwäscheprävention beitragen soll. Die weite Formulierung der Norm hat jedoch die Konsequenz, dass auch alltägliche Konstellationen erfasst werden, sobald Gelder im Dreipersonenverhältnis weitergleitet werden. Unternehmen laufen also Gefahr, Finanztransfergeschäfte zu betreiben, ohne sich dessen bewusst zu sein.

Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein als Makler oder Vermittler tätiges Unternehmen über einen sog. Online Payment Service wie PayPal oder „sofortüberweisung.de“ Zahlungsbeträge der Besteller entgegennimmt und diese dann an den Verkäufer oder Dienstleiter weiterleitet.

Realwirtschaft Einfallstor für verstecke erlaubnispflichtige Finanzdienstleistungen

Im Wirtschaftsverkehr kommt es häufig vor, dass Geldbeträge vom Schuldner nicht direkt an den Gläubiger gezahlt werden, sondern eine dritte Person diese Zahlung als sog. „Transferdienst“ für den Schuldner übernimmt. Insbesondere im E-Commerce erfreut sich der Finanztransfer einer gewissen Beliebtheit. Dabei übermittelt der Käufer einen Geldbetrag an einen Dienstleister („Treuhänder“), der den Verkäufer über den Geldeingang informiert. Letzterer veranlasst sodann die Lieferung an den Zahler und erhält nach der käuferseitigen Bestätigung mangelfreier Lieferung den Kaufpreis.

Auch die häufig zur Vereinfachung im Geschäftsverkehr eingesetzte zwischengeschaltete Abrechnungsdienstleistung kann unter Umständen eine Erlaubnispflicht begründen, wenn Gelder außerhalb der eigenen begründeten Vertragsbeziehungen entgegengenommen und weitergeleitet werden. Dass es zu derartigen Konstellationen kommt, kann vielfältige Gründe haben. Beispielsweise verfügen Dritte über eine bessere Infrastruktur, um entsprechende Zahlungen ohne großen Aufwand abzuwickeln. Darüber hinaus kann es mit Blick auf betriebswirtschaftliche Aspekte den organisatorischen Aufwand verringern oder schlicht für mehr Übersichtlichkeit sorgen, wenn der Schuldner nicht jede Zahlung selbst an den Gläubiger veranlasst. Wird man als Treuhänder oder Abrechnungsdienstleister eingebunden, muss das Bewusstsein geschärft sein, dass mit dieser Tätigkeit ein erlaubnispflichtiges Finanztransfergeschäft betrieben wird.

Aufsichtsrechtliche Konsequenzen

Verkennen Unternehmen die Erlaubnispflicht und führen das Finanztransfergeschäft ohne Erlaubnis der BaFin durch, kann dies ernsthafte aufsichtsrechtliche Konsequenzen mit sich bringen. Horrende Bußgelder und Geschäftsuntersagungen drohen. Um deren Eintritt zu vermeiden, ist auch Unternehmen, die nicht aus dem Finanzsektor stammen, zu empfehlen, sich über etwaige Erlaubnispflichten zu informieren, wenn Gelder im Unternehmen an Dritte, die in keiner Vertragsbeziehung mit dem eigenen Unternehmen stehen, weitergeleitet werden. In diesen Fällen bedarf es zwingend anderweitiger vertraglicher Vereinbarungen in diesem Dreipersonenverhältnis.

Zurück
Dr. Maik Kirchner

Dr. Maik Kirchner

T: +49 221 95 190-81
ZUM PROFIL