Exportorientierte Unternehmen, Obacht! Die Russland-Sanktionen wurden verschärft – es gibt neue Pflichten bzgl. der Lieferkette!

Am 18. Dezember 2023 wurde die Verordnung (EU) Nr. 833/2014 über die seitens der Europäischen Union verhängten Sanktionen gegen Russland verschärft. Namentlich wurde ein neuer Art. 12g der Verordnung eingeführt. Danach müssen ab dem 20. März 2024 alle Verträge über den Export aus der EU heraus eine Klausel beinhalten, wonach die Wiederausfuhr nach Russland und die Wiederausfuhr zur Verwendung in Russland verboten ist.

Was und wer ist betroffen?

Konkret verpflichtet Art. 12g EU-Exporteure, in ihre Ausfuhr-, Verkaufs-, Liefer-, Verbringungsverträgen oder ähnlichen Verträgen eine Klausel, die die Wiederausfuhr nach Russland und die Wiederausfuhr zur Verwendung in Russland verbietet, aufzunehmen („No Russia – Klausel“).

Erfasst sind bestimmte Arten von sensiblen Gütern, einschließlich Gütern im Zusammenhang mit der Luftfahrt, Flugzeugtreibstoff (Anhänge XI, XX der Verordnung), Feuerwaffen (Anhang XXXV der Verordnung sowie Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 258/2012) und gemeinsamen Gütern mit hoher Priorität (Anhang XL der Verordnung). Letztere Kategorie ist weitreichend und beinhaltet zum Beispiel integrierte Schaltkreise, Maschinen für den Empfang, die Umwandlung und die Übertragung oder Regeneration von Sprache, Bildern oder anderen Daten, einschließlich Vermittlungs- und Leitweggeräten, Geräte für die Übertragung oder den Empfang von Sprache, Bildern oder anderen Daten, einschließlich Geräten für die Kommunikation in einem drahtgebundenen oder drahtlosen Netz, Fernsehkameras, Digitalkameras und Videokamerarecorder.

Die Pflicht zur Aufnahme einer entsprechenden Klausel gilt dabei für alle Verträge zwischen EU-Exporteuren und Vertragspartnern im Nicht-EU-Ausland – ausgenommen sind lediglich bestimmte in Anhang VIII der Verordnung genannte Partnerländer der EU. Zu diesen Partnerländern gehören die USA, Japan, Großbritannien, Australien, Südkorea, Kanada, Neuseeland, Norwegen und die Schweiz.

Durch die Einführung des Art. 12g wird den EU-Exporteuren eine (weitere) Due Diligence Pflicht hinsichtlich der Weiterveräußerung durch Teile der Lieferkette auferlegt.

Was muss die vertragliche Regelung vorsehen?

Um ihre vertragliche Wirksamkeit zu gewährleisten, muss die „No Russia – Klausel“ angemessene Rechtsbehelfe vorsehen, die im Falle eines Verstoßes gegen die Klausel greifen. Die Rechtsbehelfe sollten angemessen sein und darauf abzielen, die Vertragspartner im Nicht-EU-Ausland von Verstößen abzuhalten (Beispiele sind Kündigungsrechte und Vertragsstrafen).

Exporteure müssen gegebenenfalls auch den zuständigen Behörden Beweismittel bezüglich ihrer angewendeten Sorgfaltsmaßnahmen weiterleiten können. Zudem müssen sie nach § 4 des Art. 12g den national zuständigen Behörden einen Verstoß oder eine Umgehung der Maßnahmen unverzüglich anzeigen.

Gibt es Muster?

Die Europäische Kommission hat hier ein FAQ veröffentlicht, das auch eine Musterformulierung enthält. Nach Mitteilung der Europäischen Kommission besteht keine Pflicht zur Verwendung genau dieser Formulierung, solange jedenfalls die Zwecke des Art. 12g erreicht werden. Die Verwendung des Musters soll jedoch die Vorgaben des Art. 12g der Verordnung erfüllen („the template below can be considered as meeting the obligation in Article 12g“).

Was gilt bzgl. bereits abgeschlossener Verträge?

Bezüglich schon geschlossener Verträge hängt die Pflicht zur (nachträglichen) Einbeziehung einer „No Russia Klausel“ vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses ab:

Verträge, die vor dem 19. Dezember 2023 geschlossen wurden profitieren von einer Übergangsperiode von einem Jahr – also bis zum 19. Dezember 2024 – oder bis zum Ablauf des Vertrages, je nachdem, welches Ereignis zuerst eintritt. Ab dem 20. Dezember 2024 bedürfen diese Verträge, sofern sie dann noch laufen, auch einer “No Russia Klausel“.

Verträge von EU Exporteuren mit Vertragspartnern außerhalb der EU (von oben genannten Ausnahmen abgesehen), die ab dem 19. Dezember 2023 geschlossen wurden, bedürfen ab dem 20. März 2024 ausnahmslos einer solchen Klausel.

Kann eine Regelung in AGB erfolgen?

Eine No Russia Klausel kann auch in AGB aufgenommen werden. Es ist dann nur zu beachten, dass die entsprechenden AGB auch tatsächlich wirksam in den entsprechenden Vertrag einbezogen werden. AGB werden nicht automatisch Vertragsbestandteil! Häufig scheitert eine wirksame Einbeziehung schon daran, dass beide Vertragsparteien jeweils auf ihre eigenen AGB verweisen, die sich dann wechselseitig ausschließen (Stichwort „battle of forms“). Rechtssicherer ist daher in jedem Fall eine individuelle Einigung auf die Einbeziehung der No Russia Klausel.

CBH berät Unternehmen regelmäßig und umfassend zur Gestaltung von Lieferverträgen und allgemeinen Geschäftsbedingungen und gern stehen wir auch Ihnen zur Seite. Sprechen Sie uns gern an!

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Dr. Christoph Naendrup, LL.M.

Dr. Christoph Naendrup, LL.M.

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