Aufsichtsrechtliche Risiken für Unternehmen der Realwirtschaft

In diesem Beitragsblog sollen Unternehmen der Realwirtschaft künftig dafür sensibilisiert werden, welche (finanz-)aufsichtsrechtlichen Risiken im Standardgeschäft drohen und wie diese rechtskonform umschifft werden können.

Teil 2 – Außenwirtschaftsmeldungen nach AWG und AWV

Bei Außenwirtschaftsmeldungen handelt es sich um statistische Meldungen, die der Erfassung von grenzüberschreitenden Zahlungen, Beständen und Vermögen zwecks Erstellung der Zahlungsbilanz der Bundesrepublik Deutschland dienen. Sie sind gemäß den Bestimmungen der Außenwirtschaftsverordnung §§ 63 ff. AWV periodisch der Deutschen Bundesbank zu melden.

Gerade jungen Unternehmen sind die Meldepflichten gemäß § 67 Abs. 1 AWV unbekannt oder lästige Pflicht mit der Folge, dass Meldungen gar nicht erst vorgenommen werden oder bei fehlenden standardisierten Prozessen schlicht in Vergessenheit geraten.

Dieser Beitrag gibt einen kurzen Überblick über meldepflichtige Vorgänge im Außenwirtschaftsverkehr, stellt die Folgen bei etwaiger Missachtung dar und zeigt auf, wie Sanktionen bei bereits eingetretenen Verstößen vermieden werden können.

Meldepflichtige Vorgänge

Gemäß § 11 AWG in Verbindung mit § 67 Abs. 1 AWV sind von Inländern Zahlungsvorgänge bei der Deutschen Bundesbank zu melden, die sie von Ausländern oder für deren Rechnung von Inländern entgegennehmen (eingehende Zahlungen) oder an Ausländer oder für deren Rechnung an Inländer zahlen (ausgehende Zahlungen). Die Begriffe „Inländer“ und „Ausländer“ stellen nicht auf die Staatsangehörigkeit, sondern auf den Unternehmenssitz bzw. Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt einer Privatperson ab (Residenzprinzip). So ist in der Regel ein Deutscher, der länger als ein Jahr im Ausland lebt, als „Ausländer“, eine Person mit ausländischer Staatsangehörigkeit, die länger als ein Jahr in Deutschland lebt, als „Inländer“ anzusehen. Auch juristische Personen und Personengesellschaften mit Sitz oder Ort der Leitung in Deutschland fallen unter den Begriff des „Inländers“, vgl. § 2 Abs. 15 Nr. 2 AWG.

§ 67 AWV sieht bereits selbst Ausnahmen von Zahlungsvorgängen, die nicht meldepflichtig sind. Gemäß § 67 Abs. 2 AWV sind folgende Zahlungsvorgänge von der Meldepflicht befreit:

  • Zahlungen, die den Betrag von EUR 12.500 oder den Gegenwert in anderer Währung nicht übersteigen („Meldefreiheitsgrenze“);
  • Zahlungen für die Einfuhr, Ausfuhr oder Verbringung von Waren;
  • Zahlungen, die die Gewährung, Aufnahme oder Rückzahlung von Krediten, einschließlich der Begründung und Rückzahlung von Guthaben, mit einer ursprünglich vereinbarten Laufzeit oder Kündigungsfrist von nicht mehr als zwölf Monaten zum Gegenstand.

Das heißt: eine großzügige Überweisung an einen Verwandten im Ausland, Kauf von Kryptowährungen an spezialisierten US-Börsen. Werden großvolumige Summen ins Ausland überführt, kann dieser Transfer die Meldepflicht auslösen. Die AWV-Meldepflicht greift auch dann, wenn über PayPal oder ggf. eBay Zahlungen abgewickelt werden, bei denen der zu überweisende Betrag die Meldefreigrenzen überschreitet. Hierauf ist penibel zu achten.

Was geschieht bei einem Verstoß gegen die Meldepflicht?

Wer die Meldungen nach § 67 Abs. 1 AWV vorsätzlich oder fahrlässig nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig abgibt, handelt gemäß § 19 Abs. 3 Nr. 1b AWG i. V. m § 81 Abs. 2 Nr. 19 AWV ordnungswidrig. Die Ordnungswidrigkeit kann gemäß § 19 Abs. 6 AWG mit einer Geldbuße in Höhe von bis zu EUR 30.000 geahndet werden. Die Verfolgung steht gemäß § 47 Abs. 1 OWiG im Ermessen der zuständigen Behörde (in Deutschland die Zollbehörden). Zu beachten ist, dass nicht nur das meldepflichtige Unternehmen verfolgt werden kann, sondern auch die Geschäftsführung und die für die Meldung zuständigen Mitarbeiter persönlich infolge einer Aufsichtspflichtverletzung, vgl. §§ 30, 130 OWiG.

Welche Möglichkeiten bestehen, wenn bereits ein Verstoß gegen die Meldepflicht eingetreten ist?

Gemäß § 22 Abs. 4 AWG kann eine Selbstanzeige sanktionsbefreiend wirken. Danach unterbleibt die Verfolgung als Ordnungswidrigkeit, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:

  • fahrlässiger Verstoß im Sinne von § 19 Abs. 3 Nr. 1b AWG;
  • der Verstoß muss im Wege der Eigenkontrolle aufgedeckt worden sein;
  • der Verstoß muss der zuständigen Behörde angezeigt worden sein;
  • es müssen angemessene Maßnahmen zur Verhinderung eines Verstoßes aus gleichem Grund getroffen werden;
  • die Behörde darf noch keine Ermittlungen hinsichtlich des Verstoßes aufgenommen haben.

Zusammenfassung

Sollten Verstöße gegen die Meldepflicht bereits eingetreten sein, ist die freiwillige Selbstanzeige das geeignete Instrumentarium, Versäumnisse freiwillig anzuzeigen, ohne dabei Sanktionen befürchten zu müssen. Aber: Die Selbstanzeige ist keine Nachmeldung, die bei der Bundesbank abzugeben ist. Zuständig hierfür sind die jeweiligen Zollämter. Die Anzeige bei der Bundesbank kann trotz guten Willens letztlich dazu führen, dass die zuständigen Zollämter im Nachgang ermitteln und eine Selbstanzeige nicht mehr sanktionsbefreiend möglich ist. Die Selbstanzeige ist daher sorgfältig unter anwaltlicher Beratung vorzubereiten, um ein teures Bußgeldverfahren zu vermeiden.

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Dr. Maik Kirchner

Dr. Maik Kirchner

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