Wer kennt § 12 Abs. 3 UStG? Wettbewerbswidrige Angabe eines Nettopreises in einer Google-Shopping-Anzeige

Dieser unscheinbare § 12 Abs. 3 UStG sorgt in Form einer aktuellen Entscheidung des OLG Schleswig (Beschl. v. 15.06.2023 – 6 W 9/23) für Aufsehen. Gegenstand der Entscheidung ist die Frage der Rechtmäßigkeit der Bewerbung einer Solarbatterie in einer Google-Shopping-Anzeige unter ausschließlicher Angabe des Nettopreises.

Sachverhalt

Die Antragstellerin vertreibt Solarmodule. Die Antragsgegnerin bietet im Internet Batteriespeicher für Solaranlagen an. Sie bewarb bei Google-Shopping ein solches Produkt mit dem Nettopreis, also einem Endpreis bei 0 % Umsatzsteuer. Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass diese Werbung rechtswidrig sei. Denn eine Umsatzsteuerbefreiung nach § 12 Abs. 3 UStG komme nur unter bestimmten Voraussetzungen in Betracht, die in der Werbung aber nicht angegeben worden seien. Das Landgericht lehnte den Antrag der Antragstellerin ab. Gegen den ablehnenden Beschluss legte sie Beschwerde ein.

Entscheidung

Mit Erfolg! Der Antragstellerin stehe ein Verfügungsanspruch nach §§ 8 Abs. 1, 3 Nr. 1, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG zu. Hiernach könne ein Mitbewerber gegen unlautere geschäftliche Handlungen vorgehen, die u. a. bei unwahren oder sonstigen zur Täuschung geeigneten Angaben über den Preis oder die Art und Weise, wie er berechnet wird, vorlägen. Diese Voraussetzungen seien hier gegeben.

Denn der in der Google-Anzeige angeführte Preis verstoße gegen das Gebot der Preisklarheit und Preiswahrheit. Der Preisangabe lasse sich nicht entnehmen, dass der Preis 0 % Umsatzsteuer enthalte und an welche Bedingungen dieser reduzierte Steuersatz geknüpft sei. Die fehlende Aufklärung über die Bedingungen, die § 12 Abs. 3 UStG für diesen ermäßigten Steuersatz vorsehe, verursache bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Irrtum. Außerdem könne nicht angenommen werden, dass weite Teile der angesprochenen Verkehrskreise die (recht neue) Vorschrift des § 12 Abs. 3 UStG kennen.

Ebenso wie eine Werbung mit Nettopreisen nur zulässig sei, wenn sichergestellt sei, dass die Adressaten der Werbung keine Verbraucher seien, wäre eine solche Werbung im vorliegenden Fall nur zulässig, wenn sichergestellt werden würde, dass sich die Werbung ausschließlich an Adressaten richte, die die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 UStG erfüllen würden. Dies sei aber nicht der Fall. Hiermit gehe eine Irreführung einher, da den angesprochenen Verkehrskreisen nicht klar sei, ob und unter welchen Voraussetzungen der angegebene Preis für sie gelte. Hierzu seien in der Google-Anzeige auch keine klarstellenden Hinweise, wie etwa Sternchenhinweise, vorhanden.

Nicht zuletzt ginge von der Angabe des niedrigeren Nettopreises eine Anlockwirkung aus, sodass die Werbung auch dazu geeignet sei, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber und zum Nachteil der Kunden mehr als nur unerheblich zu beeinträchtigen.

Fazit

Augen auf beim Solaranlagenkauf! Es könnte sein, dass Sie die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 UStG erfüllen und sparen können. Da es aber auch einige geben dürfte, auf die dies nicht zutrifft, ist die Entscheidung des OLG Schleswig nachvollziehbar und schlüssig. Denn ohne die Angabe der Bedingungen, unter denen der angegebene Nettopreis gilt, ist das Irreführungspotenzial äußerst hoch – der Verfasser etwa kannte § 12 Abs. 3 UStG vor Lektüre der Entscheidung nicht.

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Prof. Dr. Markus Ruttig

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