Shake it like a Polaroid picture – auch andere Hersteller dürfen quadratische Sofortbilder und Kameras vertreiben

Mit der Entscheidung des OLG Köln steht fest, dass auch andere Hersteller quadratische Sofortbilder nebst dazugehöriger Kamera anbieten dürfen – eine unlautere Nachahmung lehnte das Gericht – wie auch schon die Vorinstanz - ab (OLG Köln Urt. v. 12.6.2020 – 6 U 265/19).

Die ersten Sofortbildkameras und –filme wurden bereits in den fünfziger Jahren von dem Unternehmen Polaroid auf den Markt gebracht und waren international sehr erfolgreich – das Zeichen „Polaroid“ ist daher bis heute für viele ein Synonym für Sofortbilder. Zunächst durch die digitale Fotografie abgelöst, erfreuen sich Sofortbilder und entsprechende Kameras wieder zunehmender Beliebtheit.

Auch die Klägerinnen, die Rechtsnachfolgerin der insolventen Polaroid Corporation und deren europäisches Vertriebsunternehmen, bieten daher seit einiger Zeit unter dem Zeichen „Polaroid ORIGINALS“ wieder Sofortbild-Filme an. Die Beklagten, Unternehmen des FUJI-Konzerns, wurden durch die Klägerinnen u.a. auf Unterlassung des Vertriebs von quadratischen Sofortbildern bzw. den entsprechenden Filmen und Kameras in Anspruch genommen. Sie vertreiben seit dem Jahr 1998 unter der Bezeichnung „instax“ Sofortbild-Kameras und -Filme mit unterschiedlichen rechteckigen Formaten. Seit April 2017 bieten sie zusätzlich auch das quadratische Format „SQUARE“ an. Die Klägerinnen sind der Auffassung, dass diese quadratischen Sofortbilder eine unzulässige Nachahmung ihres klassischen Polaroid-Formates darstellen, welches eine sog. gesteigerte wettbewerbliche Eigenart aufweise. Die Produktgestaltung der Beklagten begründe daher die Gefahr der Herkunftstäuschung.

Das System der Sofortbilder beruht auf einem Patent, welches der Polaroid Corporation zustand, inzwischen jedoch – vor Beginn der Produktion durch die Beklagten – ausgelaufen ist. Patentrechtliche Ansprüche kamen daher für die Klägerinnen nicht in Betracht. Auch im Rahmen des Wettbewerbsrechts muss jedoch berücksichtigt werden, inwieweit bestimmte (nachgeahmte) Merkmale auf technische Notwendigkeiten zurückzuführen sind. Vorliegend sind die charakteristischen Ränder von Sofortbildern technisch notwendig, da sie die unterschiedlichen Schichten des Lichtbildes zusammenhalten und die überschüssige Entwicklungsflüssigkeit aufnehmen.

Das Landgericht Köln hatte die Klage mit Urteil vom 15.10.2019 zurückgewiesen. Diese Entscheidung bestätigt das Oberlandesgericht mit dem nun vorliegenden Urteil. Zwar würden die Sofortbild-Filme der Klägerinnen und die daraus entstehenden Bilder wettbewerbliche Eigenart aufweisen, es fehle jedoch an einer Nachahmung. Allein der Umstand, dass die Bilder der Wettbewerber jeweils weiße Ränder aufweisen, der untere Rand breiter sei, als die übrigen Ränder und die eigentlichen Fotografien quadratisch seien, könne keine Nachahmung begründen. Die Bilder der Beklagten wiesen eine andere Bildgröße und unterschiedlich breite Ränder sowie abgerundeten Ecken und damit ausreichende Unterschiede auf.

Das Gericht berücksichtigte zudem, dass die Beklagten bereits seit 20 Jahren eine Produktreihe für Sofortbilder und Kameras erfolgreich anbieten, die sie lediglich um ein quadratisches Format erweitert hätten – dies könne ihnen nicht versagt werden. Darüber hinaus bestehe aber auch keine Gefahr einer Herkunftstäuschung, da sowohl die Filme als auch die Kameras deutlich mit dem Markennamen der Beklagten gekennzeichnet seien – ein angemessen gut informierter, aufmerksamer und kritischer durchschnittlicher Verbraucher könne die Produkte daher den unterschiedlichen Herstellern zuordnen. Bereits beim Kauf einer Sofortbildkamera würde sich der Verbraucher bewusst auf ein bestimmtes Bildformat festlegen – es liege daher fern, dass er glaube, Filme der Klägerinnen für die Kameras der Beklagten nutzen zu können.

Auch eine Rufausbeutung lehnte das Gericht ab. Zwar würden die Produkte der Klägerinnen über einen guten Ruf verfügen, diesen würden die Beklagten, die unstreitig selbst Marktführer in Bezug auf Sofortbildkameras und -filme sind und sich entsprechend einen eigenen Ruf erarbeitet haben, jedoch nicht unlauter ausnutzen.

Die Revision zum Bundesgerichtshof ließ der Senat nicht zu, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung habe, noch zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen sei.

Die Entscheidung verdeutlicht die Grenzen des sogenannten ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes. Selbst wenn Produkte zu einem Zeitpunkt wettbewerbliche Eigenart aufweisen, kann diese auch wieder entfallen, wenn der Verkehr die charakteristischen Merkmale aufgrund der Marktverhältnisse nicht (mehr) einem bestimmten Unternehmen zuordnet – beispielsweise, weil eine Vielzahl von ähnlichen Produkten auf dem Markt angeboten wird. Umso wichtiger ist es, das Marktumfeld kontinuierlich und sorgfältig zu überwachen und frühzeitig gegen etwaige Nachahmer vorzugehen.

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Britta Iris Lissner, LL.M.

Britta Iris Lissner, LL.M.

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