Rechtserhaltende Benutzung einer Marke in Deutschland und der Schweiz

Aufkündigung des Vertrags zwischen der Schweiz und Deutschland betreffend den gegenseitigen Patent-, Muster- und Markenschutz

Benutzungszwang im Markenrecht

Zur Aufrechterhaltung des Schutzes einer Marke ist es notwendig, dass der Markeninhaber bzw. ein berechtigter Dritter die Marke in ihrer eingetragenen Form für die im Wege der Eintragung beanspruchten Waren bzw. Dienstleistungen im Inland ernsthaft benutzt (vgl. § 26 MarkenG bzw. Art. 11 MSchG). Dieser sog. Benutzungszwang gilt im Rahmen des deutschen und schweizerischen Markenrechts gleichermaßen. Allerdings besteht in den ersten fünf Jahren – nach Ablauf der Widerspruchsfrist bzw. Beendigung des Widerspruchsverfahrens – eine sog. Benutzungsschonfrist. Angesichts verschiedener Nachteile, die aus einer Nichtbenutzung resultieren, ist die rechtserhaltende Benutzung von immenser Bedeutung für jeden Markeninhaber. Zu nennen sind als bedeutsame Nachteile beispielsweise die Löschungsreife einer Marke im Umfang der betroffenen Waren bzw. Dienstleistungen sowie der Verlust der Geltendmachung von Ansprüchen im Falle der Einrede der Nichtbenutzung.

Deutsch-Schweizer Schutzabkommen von 1892

Von wesentlicher Bedeutung war in diesem Zusammenhang das „Übereinkommen zwischen der Schweiz und Deutschland betreffend den gegenseitigen Patent-, Muster- und Markenschutz“ von 1892, da dieses Abkommen für erhebliche Erleichterungen bezüglich des Nachweises der rechtserhaltenden Benutzung sorgte. Es sah vor, dass auch bloße inländische Benutzungshandlungen im jeweils anderen Land rechtserhaltend sein können. Mithin war die bloße Benutzung in Deutschland ausreichend, um auch in der Schweiz eine rechtserhaltende Benutzung zu bewirken. Selbiges galt für die bloße Benutzung einer Marke in der Schweiz, die eine rechtserhaltende Benutzung für Deutschland zur Folge hatte.

Folgen der Beendigung

Nachdem Deutschland das Abkommen mit Wirkung zum 31.05.2022 gekündigt hat, fällt diese Privilegierung im Wege der Außerachtlassung des Territorialitätsprinzips ersatzlos weg. Grund für die Aufkündigung des Übereinkommens war eine Entscheidung des EuGHs. In seiner Entscheidung „Testarossa“ hatte der EuGH das Übereinkommen als unvereinbar mit dem geltenden Unionsrecht erklärt (vgl. EuGH, Urteil vom 22.10.2020 – C-720/18, C-721/18).

Die Aufhebung gilt allerdings nicht rückwirkend, sodass das Abkommen auf etwaige Benutzungshandlungen im Zeitraum bis zum 31. Mai 2022 weiterhin Anwendung findet. Hierfür spricht bereits der zu gewährende Vertrauensschutz für Altfälle. In entsprechender Weise positionierte sich auch das Schweizer Markenamt (IGE – Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum), indem es mitteilte, dass Benutzungshandlungen, die nach dem 31. Mai 2022 in Deutschland erfolgt sind, nicht mehr vom IGE berücksichtigt werden (vgl. https://www.ige.ch/de/uebersicht-dienstleistungen/newsroom/news/news-ansicht/kuendigung-des-vertrags-zwischen-der-schweiz-und-deutschland-betreffend-den-gegenseitigen-patent-muster-und-markenschutz).

Fazit

In der Praxis wird dem Abkommen – angesichts des im Markenrecht maßgeblichen Benutzungszeitraums von fünf Jahren – bis zum 31. Mai 2027 weiterhin Bedeutung zukommen. Seine gänzliche Wirkung wird die Beendigung des Abkommens demnach erst ab dem 01. Juni 2027 entfalten, wenn seit dem Beendigungszeitpunkt fünf Jahre vergangen sind und daher keine Benutzungshandlungen im Zeitraum bis zum 31. Mai 2022 mehr Berücksichtigung finden. Inhaber von nationalen Marken in Deutschland bzw. der Schweiz sollten entsprechend frühzeitig auf die Erschwerung der – ohnehin sehr aufwändigen – Erbringung des Nachweises der rechtserhaltenden Benutzung reagieren.

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Steffen Weinberg, LL.M.

Steffen Weinberg, LL.M.

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