OLG Karlsruhe: NDA lässt Rechtsschutzbedürfnis für Geheimhaltungsantrag nicht entfallen

Das OLG Karlsruhe hat sich jüngst mit der Frage befasst, wie sich außerprozessuale Geheimhaltungsvereinbarungen (NDA) auf die Entscheidung über einen Antrag auf Erlass prozessualer Geheimnisschutzmaßnahmen auswirken (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 04.10.2023, Az. 6 U 122/22).

Das LG Mannheim (Beschluss v. 14.04.2023, Az. 7 O 91/22) hatte erst kürzlich die Anordnung von Geheimnisschutzmaßnahmen abgelehnt, soweit Informationen betroffen sind, die dem zwischen den Parteien geschlossenen NDA unterfallen. Nach Auffassung des LG Mannheim fehlt dem Antrag, der allein auf den Schutz gegenüber Dritten im Sinne des § 16 Abs. 2 GeschGehG gerichtet sei, das Rechtsschutzbedürfnis. Zweck der §§ 16 ff. GeschGehG sei es, den Parteien Vortrag zu geheimhaltungsbedürftigen Informationen zu ermöglichen, ohne dabei den Bestand des Geschäftsgeheimnisses zu gefährden. Habe sich die Gegenseite jedoch vertraglich und strafbewehrt zum Schutz der Informationen verpflichtet, insbesondere im Rahmen eines NDA, bedürfe es grundsätzlich keiner gerichtlichen Schutzanordnung.

Dieser Auffassung ist der 6. Zivilsenat des OLG nunmehr ausdrücklich entgegengetreten. Das Rechtsschutzbedürfnis könne schon deshalb nicht verneint werden, weil die beantragte Einstufung als Geschäftsgeheimnis nach § 16 Abs. 1 GeschGehG unter anderem zur Folge habe, dass alle Personen, die an der Streitsache beteiligt sind oder zu deren Dokumenten Zugang haben, der mit Ordnungsmitteln bewehrten Pflicht zur vertraulichen Behandlung der als geheimhaltungsbedürftig eingestuften Informationen unterlägen (§ 16 Abs. 2, § 17 GeschGehG) und zudem Dritten, die ein Recht auf Akteneinsicht haben, nur ein Akteninhalt zur Verfügung gestellt werden dürfe, in dem die Geschäftsgeheimnisse enthaltenden Ausführungen unkenntlich gemacht wurden (§ 16 Abs. 3 GeschGehG).

Entgegen der Ansicht des Landgerichts Mannheim handele es sich dabei nicht um bloße, nicht von einem berechtigten Interesse des Antragstellers getragene, Rechtsreflexe des Schutzes, den das Gesetz dem Geheimnisinhaber gewähre. Unabhängig davon, ob das Gesetz wertungsmäßig „primär“ die Gefahr einer Offenlegung durch den Prozessgegner im Auge habe, gehöre es jedenfalls (auch) zu den nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung bezweckten Rechtsfolgen, dass der Geheimnisinhaber mit einer von ihm zu beantragenden Einstufung erreichen könne, dass die Gefahr einer Offenlegung durch sonstige Personen in nach § 16 Abs. 2, 3, §§ 17, 18 GeschGehG vorgesehenen Weise gemindert werde. Eine Annahme, die hier in Rede stehenden Rechtsfolgen betreffend Dritte nach § 16 Abs. 2, 3, §§ 17, 18 GeschGehG seien mit Blick auf ein ohnehin bereits aus anderen Gesetzen abzuleitendes Schutzniveau entbehrlich, würde den Willen des Gesetzgebers, der in den genannten Bestimmungen zum Ausdruck gekommen sei, in unzulässiger Weise missachten.

Amtlicher Leitsatz des OLG Karlsruhe

Der Zulässigkeit (insbesondere dem Rechtsschutzbedürfnis) eines Antrags nach § 145a PatG i. V. m. § 16 Abs. 1 GeschGehG, eine in das Verfahren eingeführte Information als geheimhaltungsbedürftig einzustufen, steht nicht entgegen, dass die Parteien übereinstimmend von der Geheimhaltungsbedürftigkeit dieser Information ausgehen und deren Geheimhaltung vereinbart haben.

(OLG Karlsruhe, Beschluss vom 04.10.2023, Az. 6 U 122/22)

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Franziska Anneken

Franziska Anneken

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