EuG – „Pablo Escobar“ als Marke in Europa nicht schutzfähig

Das Gericht der Europäischen Union hat am 17.04.2024 zum Abschluss einer langwierigen Auseinandersetzung entschieden, dass das Europäische Markenamt der Bezeichnung „Pablo Escobar“ zu Recht den Schutz als Marke versagt hat (T-255/23).

Hintergrund der Auseinandersetzung ist eine von der gleichnamigen Gesellschaft Escobar Inc. mit Sitz in den Vereinigten Staaten beim EUIPO vorgenommene Anmeldung des Wortzeichens „Pablo Escobar“ als Unionsmarke für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen.Das EUIPO hat die Anmeldung mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Marke gegen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten verstoße.

Dabei bezog sich das Amt vor allem auf die kriminelle Vergangenheit der Person Pablo Escobar, die allgemein als Drogenbaron und Drogenterrorist bekannt war, der in Kolumbien das Kartell von Medellín gegründet hatte. Die Verkehrskreise würden diesen Namen daher mit Drogenhandel und Drogenterrorismus in Verbindung bringen.

EuG sieht Verstoß der Marke gegen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten in Europa gegeben

Der EuG bestätigte nunmehr das Vorliegen des absoluten Schutzhindernisses nach Art. 7 Abs.1 lit. f der Unionsmarkenverordnung, wonach in der Europäischen Union Marken der Schutz zu versagen ist, denen die grundlegenden Werte und Normen der Gemeinschaft zuwiderlaufen.

Das EUIPO habe sich nach Auffassung des EuGs dabei zu Rechtauf die Wahrnehmung der spanischen Verkehrskreise gestützt, weil diese wegen der besonderen Verbindungen zwischen Spanien und Kolumbien Pablo Escobar eine relevante Personengruppe in der Union bilden. Nach Ansicht des Gerichts konnte sich das EUIPO bei seiner Beurteilung auf die Wahrnehmung vernünftiger Spanier mit durchschnittlicher Empfindlichkeits- und Toleranzschwelle stützen, die ihrerseits Werte, wie Menschenwürde, Freiheit, Gleichheit und Solidarität sowie die Grundsätze der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit und das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, auf die sich die Union gründet, teilen.

Da diese Personen den Namen von Pablo Escobar mit Drogenhandel und Drogenterrorismus sowie den Verbrechen und dem sich daraus ergebenden Leid in Verbindung bringen würden, würde die Marke daher insbesondere als gegen die in der spanischen Gesellschaft vorherrschenden grundlegenden moralischen Werte und Normen verstoßend wahrgenommen werden.

Keine Vergleichbarkeit mit einer Nutzung bei Filmtiteln oder mythischen Figuren

Dabei ließ sich das Gericht nicht von der Argumentation der Anmelderin überzeugen, dass beispielsweise in Filmen und Serien wie „Narcos“ diese Person ebenfalls behandelt werde und andere Namen von bekannten Verbrechern oder Outlaws, wie beispielsweise Bonnie & Clyde, Al Capone oder Robin Hood durchaus in der Vergangenheit auch als markenfähig angesehen worden waren.

Das Gericht wies hierzu darauf hin, dass die genannten Markeneintragungen keine Bindungswirkung entfalten könnten und mittlerweile auch ausgelaufen oder anderweitig gelöscht seien. Pablo Escobar würde zudem aktuell vor allem als für zahlreiche Verbrechen verantwortliches Symbol des organisierten Verbrechens wahrgenommen und nicht wie Robin Hood mit seinen etwaigen guten Taten zugunsten der Armen in Kolumbien in Verbindung gebracht.

Einordnung und Abgrenzung zu den EuGH-Entscheidungen „La Mafia“ und „Fack You Goethe“

Schließlich ordnet der EuG die Entscheidung auch in den Kontext seiner vorangegangenen Entscheidungen ein. Er stellt dabei insbesondere in Abgrenzung zu dem bekannten Rechtsstreit der Constantin Film zum Komödienerfolg „Fack You Goethe“ dar, dass dort die deutschen Verkehrskreise den an sich kritischen Begriff „Fack You“ nicht als primär beleidigende oder sittenwidrige englische Floskel wahrgenommen haben, sondern der Titel zusammen mit dem Begriff „Goethe“ als humorvolle Anspielung auf den Inhalt der Schulkomödie angesehen worden und nicht in die öffentliche Kritik geraten war. Die Entscheidung „Pablo Escobar“ folge vielmehr den Grundsätzen der zuvor ergangenen EuGH-Entscheidung „La Mafia SE SIENTA A LA MESA“ (auf Deutsch: „Die Mafia setzt sich zum Essen“) vom 15. März 2018, in welcher das Gericht dieser Marke aus denselben Grundgedanken die Eintragung verweigert hatte, da insbesondere bei den italienischen Verkehrskreisen als maßgebliche Personengruppe in Europa diese Marke mit organisiertem Verbrechen und einer Vielzahl von Gewalttaten in Verbindung gebracht würde. Denselben Gedanken und Maßstäben folgend ist daher auch die Marke „Pablo Escobar“ nicht eintragungsfähig.

EuG, Urteil von 17.04.2024, Rechtssache T-255/23

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Prof. Dr. Ingo Jung

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