EuG: LEGO-Spielbaustein weiterhin als Gemeinschaftsgeschmacksmuster geschützt

Das Gericht der Europäischen Union (EuG) bestätigt die designrechtliche Schutzfähigkeit eines flachen LEGO-Spielbausteins unter Verweis auf eine Ausnahmeregelung für modulare Systeme (EuG, Urteil vom 24.01.2024 – T-537/22 | Delta Sport Handelskontor / EUIPO – Lego, Baustein eines Spielbaukastens).

Zum Hintergrund

LEGO-Steine gehören vermutlich zu den bekanntesten Spielsachen weltweit. Es gibt kaum jemand, bei dem nicht positive Erinnerungen an die unzähligen Kombinations- und Spielmöglichkeiten wach werden. Und auch fast jeder weiß, wie schmerzhaft es sein kann, auf einen übersehenen Stein zu treten.

Der jahrzehntelange Erfolg der Steine führt aber naturgemäß auch viele Wettbewerber auf den Plan – entsprechend umstritten ist das Schutzrechtsportfolio des dänischen Herstellers. Nachdem sowohl der BGH als auch der EuGH die Eintragungsfähigkeit einer 3D-Marke für den klassischen Stein („Brick 2×4“) abgelehnt haben, da alle Merkmale des Steins technisch bedingt seien, versucht der Hersteller nun, unter anderem über die Eintragung von Designrechten bzw. Gemeinschaftsgeschmacksmusterrechten gegen Wettbewerber vorzugehen.

Als Design ist eine Produktgestaltung grundsätzlich aber nur schutzfähig, wenn sie neu ist und über ausreichende Eigenart verfügt – es darf folglich keine älteren Gestaltungen auf dem Markt geben, die einen übereinstimmenden Gesamteindruck aufweisen. Designschutz kann zudem – innerhalb der Europäischen Union und in Deutschland – maximal für 25 Jahre erlangt werden. Die „Klassiker“ des dänischen Herstellers sind einem solchen Schutz daher nicht mehr zugänglich, da sie bereits deutlich länger angeboten werden. Für neuere Gestaltungen kann ein solcher Schutz jedoch durchaus infrage kommen.

Entscheidung des EuG

Die aktuelle Entscheidung des EuG befasst sich mit einem flachen LEGO-Stein, der seit dem Jahr 2010 für die Herstellerin als Gemeinschaftsgeschmackmuster geschützt ist:

Die Schutzfähigkeit des Steins wurde durch einen Wettbewerber im Rahmen eines Nichtigkeitsverfahrens infrage gestellt. Der Wettbewerber war u. a. der Auffassung, dass alle Merkmale des Steins ausschließlich technisch bedingt und einem Schutz als Design daher nicht zugänglich seien (vgl. Art. 8 Abs. 1 GGV). Auch sei die Gestaltung an sich weder neu noch eigenartig und damit auch aus diesem Grund nicht schutzfähig.

Nach mehreren Instanzen hat der EuG dem Hersteller und Schutzrechtsinhaber nun Recht gegeben und die Schutzfähigkeit des Steins bestätigt. Es begründet seine Auffassung u. a. damit, dass ein Design nur für nichtig erklärt werden könnte, wenn alle seine Merkmale als ausschließlich technisch bedingt vom Schutz ausgenommen seien. Dies sei hier aber mit Blick auf mindestens ein Merkmal (die glatte Oberfläche) nicht der Fall.

Darüber hinaus würde für den Schutzrechtsinhaber auch die Ausnahmeklausel des Art. 8 Abs. 3 GGV greifen, mit der Schutz für Erzeugnisse besteht, die dem Zweck dienen, den Zusammenbau oder die Verbindung einer Vielzahl von untereinander austauschbaren Erzeugnissen innerhalb eines modularen Systems zu ermöglichen. Die Anwendbarkeit dieser Klausel, die bezeichnenderweise in der Praxis auch vielfach „LEGO-Klausel“ genannt wird, wurde durch den Wettbewerber interessanterweise zuletzt nicht mehr bestritten. Dieser vertrat aber die Auffassung, dass das Erzeugnis nicht neu und nicht eigenartig sei. Dieses Argument wies der EuG deutlich zurück und stellte ausführlich die Anforderungen an die Beweislastverteilung dar. Die durch den Wettbewerber vorgelegten Nachweise hätten letztlich nicht ausgereicht, die Neuheit oder Eigenart der konkret in Rede stehenden Gestaltung infrage zu stellen.

Fazit

Die Entscheidung betrifft letztlich die Anwendbarkeit und Auslegung einer relativ speziellen Ausnahmeklausel und auch lediglich einen einzelnen Stein aus dem umfangreichen Sortiment des Herstellers. Inwieweit die entsprechenden Ausführungen für andere Schutzrechtsinhaber nutzbar zu machen sind, bleibt daher abzuwarten.

Dennoch bietet das Urteil insbesondere aus prozessualer Sicht viele interessante Aspekte, da sich das Gericht im Detail mit den Anforderungen an die zugrunde liegende Beweislastverteilung und den Einzelheiten der Beweisführung befasst. Es verdeutlicht daher, wie wichtig eine sorgfältige Recherche zum vorbekannten Formenschatz und eine gründliche Aufbereitung der vorzulegenden Beweismittel ist. So stellte der EuG beispielsweise klar, dass die reine Angabe von Webseiten als Nachweis einer relevanten Vorveröffentlichung nicht ausreicht, vielmehr müssten Screenshots mit Datumsvermerk vorgelegt werden. Trotz der Bekanntheit der LEGO-Steine an sich könne eine neuheitsschädliche Offenbarung zudem nicht einfach als bekannte Tatsache unterstellt werden.

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Britta Iris Lissner, LL.M.

Britta Iris Lissner, LL.M.

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