EPG zur Überprüfung einer stattgebenden Einspruchsentscheidung nach Regel 333 VerfO

Das EPG (Lokalkammer Hamburg) äußert sich zur Zulässigkeit eines Antrags auf Überprüfung einer stattgebenden Einspruchsentscheidung der Berichterstatterin durch den Spruchkörper nach Regel 333 VerfO (EPG vom 25.01.2024, UPC_CFI_559935/2023).

Hintergrund war die bei der Lokalkammer Hamburg eingegangene Klage auf Festsetzung von Schadensersatz. Vorausgegangen ist ein Patentverletzungsverfahren zwischen den hiesigen Parteien vor dem LG Düsseldorf, in welchem die Beklagte zum Ersatz aller der Klägerin aufgrund einer Patentverletzung entstandenen Schäden verpflichtet wurde. Das Urteil ist rechtskräftig, keine der Parteien hat Berufung eingelegt. Die Beklagte erhob Einspruch gegen dieses Urteil analog Regel 19 VerfO und machte geltend, dass das angerufene Gericht für die Entscheidung über die Festsetzung von Schadensersatz nicht zuständig sei. Die Berichterstatterin gab dem Einspruch statt, woraufhin die Klägerin eine Überprüfung der Entscheidung durch den gesamten Spruchkörper analog Regel 331.1, 333.4 VerfO begehrte.

Die Lokalkammer Hamburg kommt zu dem Ergebnis, dass der Antrag auf Überprüfung durch den gesamten Spruchkörper unzulässig sei. Für eine Anwendbarkeit – direkt oder analog – von Regel 333.1 VerfO bestehe kein Raum. Im Hinblick auf die direkte Anwendbarkeit gelte Regel 333.1 VerfO nur für „verfahrensleitende Entscheidungen oder Anordnungen“. Die Entscheidung, deren Überprüfung die Klägerin beantragt, sei nicht verfahrensleitend. Aus dem Begriff „verfahrensleitend“ ergebe sich, dass die Entscheidung keine Endentscheidung und damit nicht „verfahrensbeendend“ sein darf. Dies bestätigen die in Regel 332 VerfO aufgezählten Beispiele für die Verfahrensleitung. Keine der dort genannten verfahrensleitenden Maßnahmen sei verfahrensbeendet oder eine Entscheidung zur Zulässigkeit oder Begründetheit der Klage bzw. des Antrags. Verfahrensleitend seien vielmehr Entscheidungen und Maßnahmen, die das Verfahren auf dem Weg zur Entscheidung betreffen, nicht die Entscheidung über die Zulässigkeit oder Begründetheit der Klage bzw. des Antrags selbst. Die vorliegende Endentscheidung, mit der das Verfahren durch die Zurückweisung des Antrags beendet wurde, unterfalle folglich nicht dem Anwendungsbereich von Regel 333 VerfO.

Auch eine analoge Anwendung von Regel 333.1 VerfO komme nicht zum Tragen. Die hierfür erforderliche planwidrige Regelungslücke sei nicht zu erkennen. Der Verordnungsgeber habe dem Berichterstatter eine eingeschränkte Entscheidungskompetenz für die in Regel 19 Abs. 1 VerfO vorgesehenen Fälle zugewiesen, welche gerade nicht durch den Spruchkörper entschieden werden müssen.

Es fehle auch an der zweiten Voraussetzung für eine Analogie, einer vergleichbaren Interessenlage. Die in Regel 21.1 VerfO geregelte Interessenlage einer einspruchsstattgebenden Entscheidung des Berichterstatters sei mit der in Regel 333.1 VerfO angesprochenen Interessenlage bei verfahrensleitenden Entscheidungen oder Anordnungen nicht vergleichbar. Regel 333.1 VerfO sehe eine (sofortige) Überprüfungsmöglichkeit gerade deshalb vor, weil die isolierte Berufung gegen die überwiegende Zahl verfahrensleitender Entscheidungen und Anordnungen als Rechtsmittel nicht zur Verfügung stehe. Da sie nicht im Katalog der Regel 220.1 VerfO aufgeführt sind, könne gegen sie nur zusammen mit der Endentscheidung Berufung eingelegt werden (Regel 220.1 Alt. 1 VerfO). Ohne die Überprüfungsmöglichkeit nach Regel 333.1 VerfO bestünde folglich die Gefahr, dass der Prozess auf Grundlage einer verfahrensleitenden Entscheidung oder Anordnung durchgeführt wird, die sich nachträglich – im Rahmen der Berufung gegen die Endentscheidung – als rechtswidrig herausstelle. Das gesamte erstinstanzliche Verfahren müsste daher erneut durchgeführt werden. Dieses Problem stelle sich nicht, indem dem Einspruch stattgegeben und der Antrag zurückgewiesen wurde. Der Klägerin stehe gemäß Regel 21.1, Regel 220.1 lit. (a) VerfO die Berufung unmittelbar zur Verfügung.

Insgesamt könne daher festgestellt werden, dass der Antrag der Klägerin auf Überprüfung der Entscheidung der Berichterstatterin durch den gesamten Spruchkörper nicht statthaft sei. Daher wies die Lokalkammer Hamburg den Antrag als unzulässig zurück.

Quelle: EPG (Lokalkammer Hamburg), Entscheidung vom 25.01.2024, UPC_CFI_559935/2023)

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Dr. Anja Bartenbach, LL.M.

Dr. Anja Bartenbach, LL.M.

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