Bundespatentgericht zu nachgereichten Schutzansprüchen und diesbezüglichen Löschungsanträgen

Das Bundespatentgericht hat in der Entscheidung „Grill und Holzkohlekammer“ vom 12.10.2020 (35 W (pat) 434/18) zu nachgereichten Schutzansprüchen und den Auswirkungen von Löschungsanträgen bezüglich dieser Schutzansprüche Stellung genommen.

In dieser Entscheidung hat das Bundespatentgericht betont, dass zur Akte nachgereichte Schutzansprüche keine unmittelbare inhaltliche Änderung eines eingetragenen Gebrauchsmusters bewirken. Die Eintragung eines Gebrauchsmusters sei ein vom DPMA, einer Behörde der öffentlichen Verwaltung, bewirkter Hoheitsakt, die nur durch einen (gegenteiligen) Hoheitsakt substantiell verändert werden kann (vgl. BGH, GRUR 1998, 910 – Scherbeneis). Mithin sei Prüfungsgegenstand im Löschungsverfahren das Gebrauchsmuster in der eingetragenen Fassung auch dann, wenn der Gebrauchsmusterinhaber nachträglich neu formulierte Schutzansprüche mit der Erklärung zur Gebrauchsmusterakte eingereicht hat, er wolle für Vergangenheit und Zukunft keine über diese Schutzansprüche hinausgehenden Rechte aus dem Gebrauchsmuster geltend machen (BGH, a. a. O.).

Daher seien – so das Bundespatentgericht weiter – Löschungsanträge auch in diesem Fall gegen die eingetragenen Schutzansprüche zu richten. Ein (zusätzlich) an die nachgereichten Schutzansprüche angepasster Löschungsantrag lasse den weiterhin aufrechterhaltenen, ursprünglich gegen die eingetragenen Schutzansprüche gerichteten Löschungsantrag inhaltlich unberührt. In einem an die nachgereichten Schutzansprüche angepassten Löschungsantrag liege keine automatische Erweiterung des streitgegenständlichen Teil-Löschungsantrags auf den eingetragenen Schutzanspruch. Bleibt die eingetragene Fassung eines Gebrauchsmusters Gegenstand des Löschungsverfahrens, müsse eine Erweiterung eines gegen eingetragene Schutzansprüche gerichteten Teil-Löschungsantrags in klarer und eindeutiger Weise erklärt werden.

Weiter führt das Bundespatentgericht aus, dass es unzulässig sei, wenn ein Gebrauchsmusterinhaber ein mit einem gegen einzelne Schutzansprüche gerichteten Teil-Löschungsantrag angegriffenes Gebrauchsmuster mit einem nicht angegriffenen Unteranspruch verteidigt. Im patentrechtlichen Nichtigkeitsverfahren diene die Möglichkeit, ein Patent beschränkt zu verteidigen, allein der Verteidigung des Nichtigkeitsbeklagten gegenüber dem vom Nichtigkeitskläger geführten Angriff auf die Wirksamkeit des Patents und nicht zur gerichtlichen Überprüfung des Patents im Übrigen (vgl. BGH, GRUR 2017, 604 –Ankopplungssystem). Diese Grundsätze zur beschränkten Verteidigung eines mit einer Nichtigkeitsklage nur teilweise angegriffenen Patents seien insoweit auf das Gebrauchsmuster-Löschungsverfahren zu übertragen, da die Rechts- und Interessenlage im gebrauchsmusterrechtlichen Löschungsverfahren dieselbe sei. Dies gelte insbesondere auch dann, wenn die angegriffenen Schutzansprüche nur noch im Umfang nachgereichter und im Übrigen zulässig geänderter Schutzansprüche verteidigt werden.

In Bezug auf die Kostenentscheidung stellt das Bundespatentgericht klar, dass bei einer Beschränkung des Widerspruchs des Gebrauchsmusterinhabers gegen einen Löschungsantrag auf vorher zur Akte nachgereichte Schutzansprüche eine Anwendung von § 93 ZPO regelmäßig zu unbilligen Ergebnissen führen würde. Vielmehr sei es nach Ansicht des Bundespatentgerichts angezeigt, die Kostenentscheidung in derartigen Fällen danach zu treffen, in welchem Umfang der Gebrauchsmusterinhaber das angegriffene Gebrauchsmuster mit den nachgereichten Schutzansprüchen erfolgreich verteidigen könnte.

Quelle: Bundespatentgericht v. 12.10.2020, 35 W (pat) 434/18

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Dr. Anja Bartenbach, LL.M.

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