BGH – Dentalkamera

Mit Urteil 16.05.2023 (X ZR 49/21) hat der BGH seine Rechtsprechung zur Veranlassung des Fachmanns, neuere technische Entwicklungen bei Ausarbeitung einer neuen Lösung in Betracht zu ziehen, konkretisiert.

Sachverhalt

Gegenstand des Patentnichtigkeitsverfahrens war der nationale Teil des europäischen Streitpatents betreffend eine Dentalkamera.

Die Klägerin hatte geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig.

Das BPatG hatte das Streitpatent erstinstanzlich für nichtig erklärt. Nach Auffassung des BPatG wurde Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung von der Entgegenhaltung NK12 vorweggenommen. Die mit den Hilfsanträgen verteidigten Fassungen seien jedenfalls nahegelegt.

Dagegen richtete sich die Berufung der Beklagten.

Entscheidung des BGH

Der BGH weist die Berufung zurück.

Der BGH lässt dahinstehen, ob mit dem Patentgericht davon auszugehen sei, der Gegenstand des Patentanspruchs 1 werde durch NK12 vorweggenommen. Jedenfalls sei der genannte Gegenstand ausgehend von NK12 durch NK4 und NK16 nahegelegt.

Nach Auffassung des BGH hatte der Fachmann Anlass, die in NK 4 und NK 16 beschriebenen Linsen als Ersatz für das in NK 12 beschriebene Objektiv in Betracht zu ziehen. Neuere technische Entwicklungen könnten Anlass geben, eine neu in den Blickpunkt getretene Komponente als Alternative für eine im Wesentlichen funktionsgleiche Komponente einer im Stand der Technik bekannten Vorrichtung in Betracht zu ziehen. Nach der Rechtsprechung des Senats bestehe bei der Konzeption einer Vorrichtung grundsätzlich Anlass dazu, neueren technischen Entwicklungen Beachtung zu schenken, die erkennbar von Bedeutung seien. Dies führe zwar nicht ohne weiteres dazu, dass verbesserte Komponenten als Alternative für Komponenten einer bereits bekannten Vorrichtung in Betracht zu ziehen seien (vgl. BGH, GRUR 2012, 475 Rn. 45 – Elektronenstrahltherapiesystem). Eine als neuartig vorgestellte Komponente sei aber jedenfalls dann grundsätzlich als Alternative nahegelegt, wenn sie erkennbar alle wesentlichen Funktionen erfülle, die einer vergleichbaren Komponente in einer bereits bekannten Vorrichtung zukommen, und keine grundlegenden Schwierigkeiten oder Wechselwirkungen erkennbar seien, die einem entsprechenden Austausch entgegenstehen.

Der BGH bildet hierzu folgende amtlichen Leitsätze:

  1. Neuere technische Entwicklungen können Anlass geben, eine neu in den Blickpunkt getretene Komponente als Alternative für eine im Wesentlichen funktionsgleiche Komponente einer im Stand der Technik bekannten Vorrichtung in Betracht zu ziehen (Ergänzung zu BGH, Urteil vom 24. Januar 2012 – X ZR 88/09, GRUR 2012, 475 Rn. 45 – Elektronenstrahltherapiesystem)
  2. Eine als neuartig vorgestellte Komponente ist jedenfalls dann grundsätzlich als Alternative nahegelegt, wenn sie erkennbar alle wesentlichen Funktionen erfüllt, die einer vergleichbaren Komponente in einer bereits bekannten Vorrichtung zukommen, und keine grundlegenden Schwierigkeiten oder Wechselwirkungen erkennbar sind, die einem entsprechenden Austausch entgegenstehen.

Quelle: BGH, Urt. v. 16.05.2023 – Az. X ZR 49/21 – Dentalkamera

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Niklas Kinting

Niklas Kinting

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