Auch im Lauterkeitsrecht ist der Gegner in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes stets zu hören

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss der 2. Kammer vom 27.07.2020 – 1 BvR 1379/20 festgestellt, dass die zum Presse- und Äußerungsrecht entwickelten Grundsätze der prozessualen Waffengleichheit und des rechtlichen Gehörs aus den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 30.09.2018 – 1 BvR 1783/17 und 1 BvR 2421/17 – auch für einstweilige Verfügungsverfahren im Bereich des Lauterkeitsrechts gelten.

Auch wenn die Verfassungsbeschwerde im Ergebnis keinen Erfolg hatte, stellt es einen Verstoß gegen den Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit dar, wenn das Unterlassungsbegehren aus der vorprozessualen Abmahnung und der nachfolgend gestellte Verfügungsantrag nicht identisch sind. Nur bei wortlautgleicher Identität sei sichergestellt, so die Kammer, dass der Antragsgegner auch hinreichend Gelegenheit hatte, sich zu dem vor Gericht geltend gemachten Vorbringen des Antragstellers in gebotenem Umfang zu äußern. Im Zweifel müsse der Antragsgegnerseite auch bei kleinsten Abweichungen rechtliches Gehör gewährt werden.

Zum anderen liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit bei Erteilung gerichtlicher Hinweise an die Antragstellerseite – hier zur Präzisierung des Antrags – vor, wenn der Gegner davon nicht in Kenntnis gesetzt wird. Es sei verfassungsrechtlich geboten, so der Kammerbeschluss, den jeweiligen Gegner vor Erlass einer Entscheidung in den gleichen Kenntnisstand zu versetzen wie den Antragsteller, indem auch ihm die richterlichen Hinweise zeitnah mitgeteilt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn es bei Rechtsauskünften in Hinweisform darum geht, einen Antrag gleichsam nachzubessern oder eine Einschätzung zu den Erfolgsaussichten abzugeben.

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Prof. Dr. Markus Ruttig

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