Das neue Lobbyregistergesetz kommt: Für Interessenvertreter gelten künftig verschärfte Eintragungspflichten

Am 01. März 2024 treten umfangreiche Änderungen im Lobbyregistergesetz des Bundes (LobbyRG) in Kraft. Mit diesem Gesetz wurde Anfang 2022 ein Lobbyregister beim Deutschen Bundestag eingeführt, um größere Transparenz der Interessenvertretung gegenüber den politischen Entscheidungsträgern herzustellen. Nachfolgend werden die wesentlichen Inhalte des Gesetzes und die wichtigsten Neuerungen vorgestellt.

Was ist Interessenvertretung?

Nach dem LobbyRG ist Interessenvertretung jede Kontaktaufnahme zum Zweck der unmittelbaren oder mittelbaren Einfussnahme auf den Willensbildungs- oder Entscheidungsbildungsprozess des Bundestages oder der Bundesregierung. Eine Interessenvertretung gegenüber dem Bundestag liegt vor, wenn die Einflussnahme auf einzelne Organe, Gremien, Mitglieder, Fraktionen oder Gruppen erfolgt. Gegenüber der Bundesregierung lag bislang eine Interessenvertretung vor, wenn Kontakt zu Parlamentarischen Staatssekretären, Staatssekretären, Abteilungsleitern und Unterabteilungsleitern aufgenommen wurde. Ab sofort ist auch die Kontaktierung von Referatsleitern erfasst, da die Referate als Arbeitsebene häufig direkt von Interessenvertretern angesprochen werden.

Wer muss sich in das Lobbyregister eintragen?

Interessenvertreter sind alle natürlichen und juristischen Personen, Personengesellschaften und sonstigen Organisationen, die Interessenvertretung betreiben. Nicht jeder Interessenvertreter ist jedoch zur Eintragung verpflichtet. Eintragungspflichtig ist die Interessenvertretung nur, wenn sie regelmäßig erfolgt, auf Dauer angelegt ist oder geschäftsmäßig betrieben wird. Ab dem 01. März ist auch eine Interessenvertretung einzutragen, bei der innerhalb der letzten drei Monate mehr als 30 unterschiedliche Kontakte aufgenommen wurden (bislang waren 50 erforderlich); dabei gilt zum Beispiel bei einer massenhaft versendeten E-Mail bereits jeder einzelne Empfänger als Kontakt. Neu ist auch die Eintragungspflicht, sofern die Interessenvertretung bei Gewährung einer Gegenleistung in Auftrag gegeben wird.

Das Gesetz kennt allerdings zahlreiche Ausnahmen von der Eintragungspflicht: Ausgenommen sind beispielsweise natürliche Personen bei der Verfolgung ausschließlich persönlicher Interessen, Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände bei der Einflussnahme auf die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen, politische Parteien (und neuerdings auch deren Jugendorganisationen), Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie Medien und Journalisten bei ihrer vom Grundgesetz geschützten Betätigung. Für alle von der Eintragungspflicht Befreiten besteht die Möglichkeit einer freiwilligen Eintragung.

Was ist einzutragen?

Während natürliche Personen nur wenige grundlegende Eintragungen vornehmen müssen (unter anderem sind künftig Mitgliedschaften im Zusammenhang mit der Interessenvertretung einzutragen), bestehen für juristische Personen umfangreiche Eintragungspflichten, die durch die Gesetzesänderung noch erheblich ausgedehnt werden. Drei Beispiele sollen ihre neuen Eintragungspflichten illustrieren:

  • Künftig ist anzugeben, ob ein Vertretungsberechtigter oder Beauftragter aktuell oder in den zurückliegenden Jahren ein Amt oder eine Funktion in Bundespolitik oder -verwaltung innehat oder hatte. Einzutragen sind unter anderem Mitgliedschaften in der Bundesregierung oder im Bundestag, aber auch Funktionen für einzelne Abgeordnete oder Fraktionen. Mit dieser Neuerung sollen „Drehtüreffekte“ – sprich nahezu nahtlose Übergänge von Politik und Verwaltung in den Lobbyismus – offengelegt werden.
  • Eine weitere wesentliche Neuerung betrifft die Eintragung, auf welche konkreten Gesetzesvorhaben sich die Interessenvertretung bezieht. Dazu müssen die juristischen Personen nunmehr eigene Stellungnahmen oder Gutachten bereitstellen, die aus ihrer Sicht von grundlegender Bedeutung für ihre Interessenvertretung in Bezug auf konkrete Gesetzesvorhaben sind.
  • Deutlich ausgeweitet werden auch die erforderlichen Finanzangaben: Beispielsweise sind die Hauptfinanzierungsquellen zu benennen sowie Angaben zu öffentlichen Zuwendungen, Schenkungen oder Mitgliedsbeiträgen ab bestimmten Größenordnungen zu machen. Auch sind die Jahresabschlüsse oder Rechenschaftsberichte unverzüglich nach ihrer Aufstellung bereitzustellen.

Daneben gelten auch überarbeitete Eintragungspflichten für Interessenvertreter, die Interessenvertretung im Auftrag betreiben. Sie müssen unter anderem den erhaltenen Auftrag beschreiben, Angaben zum Auftraggeber machen und die für den Auftrag erhaltenen Finanzmittel angeben.

Wie und wann sind die Eintragungen vorzunehmen?

Jeder Eintragungspflichtige hat seine Eintragungen selbst auf der Webseite des Lobbyregisters vorzunehmen und trägt hierfür die alleinige Verantwortung. Am Ende jeder Eintragung ist die Richtigkeit sämtlicher Angaben zu bestätigen. Genügte es bislang, die Eintragungen einmal jährlich zu aktualisieren, müssen nunmehr Änderungen grundsätzlich unverzüglich eingetragen werden. Für die bereits in das Register Eingetragenen gilt allerdings eine Schonfrist: Ihre Eintragungen sind bis zum 30. Juni 2024 an die neue Rechtslage anzupassen.

Was droht bei Verstößen?

Die Bundestagsverwaltung als registerführende Stelle überwacht die Eintragungen. Sie kann künftig auch zu möglicherweise unrichtigen Angaben Nachweise anfordern und offensichtlich missbräuchliche Eintragungen selbst entfernen. Unrichtige, unvollständige oder nicht rechtzeitige Eintragungen stellen eine Ordnungswidrigkeit dar und können mit einer Geldbuße von bis zu 50.000,00 € geahndet werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, bei nicht aktualisierten Eintragungen die Zugangsberechtigung zum Bundestag zu entziehen. 

Fazit

Das neue LobbyRG trägt dazu bei, die Willensbildung von Bundestag und Bundesregierung noch transparenter zu gestalten. Allerdings stellt es die Interessenvertreter vor enorme Herausforderungen: Sie müssen künftig noch sensibler mit politischen Entscheidungsträgern umgehen, ihr „Innenleben“ sehr detailliert preisgeben und einen enormen Mehraufwand für eine rechtskonforme Eintragung in das Lobbyregister betreiben. Nicht zuletzt könnten die weitreichenden Offenlegungspflichten auch Einzelpersonen von Spenden abhalten und so schlimmstenfalls die Finanzierung einzelner Organisationen gefährden. Es gilt daher, sämtliche Auswirkungen des neuen Gesetzes auf die Interessenvertretung genau zu im Blick zu behalten.

Zu beobachten bleibt auch, ob sich die Bundesländer durch die Änderung des LobbyRG zu eigenen legislativen Schritten inspirieren lassen: Bislang hat nur etwa die Hälfte der Länder ein eigenes Lobbyregister eingeführt. Und die Eintragungspflichten bleiben zumeist weit hinter den bundesrechtlichen Vorschriften zurück.

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Dr. Jörg Frederik Ferreau

Dr. Jörg Frederik Ferreau

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